Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331
19.07.2018 - Nr. 1783

ACHTUNG

Am Montag, 23. Juli 2018, erscheint ONLINE-EXTRA Nr. 272 mit einem Beitrag zur Entwicklung der Religiosität in Deutschland und ihren politischen Implikationen.


Guten Tag!

Nr. 1783 - 19. Juli 2018



Im Mai diesen Jahres eröffneten Präsidententochter Ivanka Trump und US-Finanzminister Steve Mnuchin die US-Botschaft in Jerusalem - und sorgten bei den Palästinensern für Protest und weltweit für Sorgen um eine weitere Belastung des Nahost-Konflikts. Seitdem wird das ehemalige US-Konsulat zum Botschaftsgebäude umgebaut. Allerdings,so berichtet nun Alexandra Föderl-Schmid für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, sind die Kosten dafür fast hundertmal teuerer als angekündigt. Und dabei ist gar nicht mal klar, wie lange der Komplex als Botschaft genutzt werden wird: "Sehr viel teurer als versprochen".
Der Link zur Reportage in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

In der Nacht zum heutigen Donnerstag verabschiedete das israelische Parlament das umstrittene "Nationalitätengesetz" (siehe Compass 16.07.2018) mit 62 zu 55 Stimmen. Das Gesetzt will den „Charakter Israels als nationales Heim des jüdischen Volkes“ festigen.  Arabisch soll nicht mehr Amtssprache sein, nur noch Hebräisch. Der Status Jerusalems als Israels Hauptstadt wird bekräftigt. Am umstrittensten: »Der Staat sieht die Entwicklung jüdischer Gemeinden als nationalen Wert an und wird diese ermutigen und fördern.« In einer früheren Verfassung hatte es geheißen, Gemeinden könnten Menschen etwa wegen ihrer Religion oder Nationalität ausschließen. Kritiker - zu denen immerhin auch Israels Staatspräsident Rivlin gehört - fürchten: "Israel auf dem Weg zu weniger Demokratie".
Links zu Berichten zum Thema in der Rubrik ISRAEL INTERN

Und noch ein weiteres Gesetz, das die Knesset bereits am Montag verabschiedet, betrachten Kritiker als weiteren Schritt zum Demokratieabbau in Israel. Das neue Gesetz verbietet es, armeekritischen Organisationen an Schulen aufzutreten. Anlass war das Engagement der besatzungskritischen Gruppe "Das Schweigen brechen", die mit Informationsveranstaltungen an den Schulen aktiv war, wie NEUE ZÜRCHER ZEITUNG und die TAZ berichten: "Maulkorb an den Schulen".
Die Links zu den Berichten in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Der ungarische Premier Orban ist zu Gast in Israel - trotz dessen mal verdeckt, mal offenen antisemitischen Propaganda in seinem Heimatland Ungarn und der entsprechenden Forderung meherer linker Parteien an Netanjahu, den Besuch abzusagen. In der WELT versucht Gil Yaron zu erklären, warum Netanjahu dennoch Orban empfängt:
"Wie wird so ein Premier Ehrengast im Judenstaat? Zumal Netanjahu WELT in einem exklusiven Interview sagte: „Ich definiere Partner anhand gemeinsamer Werte. Wer unsere Werte teilt, ist ein potenzieller Partner.“ Die Antwort: Israel und die Visegrád-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei verfolgen gemeinsame Interessen."
Und Ulrich Schmid, der sich in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG mit der gleichen Frage befasst, schreibt, der wichtigste Grund seien:
"... die Gemeinsamkeiten im Ideologischen. Netanyahus Regierung hat gerade ein Nationalstaatsgesetz durch die Knesset gebracht, das Israel noch mehr als bisher als jüdischen Staat definieren und die Beförderung jüdischer Gemeinden als «nationalen Wert» betrachten wird. Identitäre Politik dieses Zuschnitts könnte Orbans Feder entstammen, der auch schon Loblieder auf die «kulturelle und ethnische Homogenität» gesungen hat. Doch auch, was den Kampf gegen liberale und linke Kritiker, die NGOs und vor allem die nicht willfährigen Medien angeht, blickt Netanyahu wohl bewundernd auf Orban."
Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

„Wir vergessen nicht, wir gehen tanzen. Deutsch-Israelischer Austausch schreibt Geschichten“: Unter diesem Titel veranstaltete ConAct – Koordinierungszentrum Deutsch-Israelischer Jugendaustausch am 25. Juni 2018 einen Festabend in der Kalkscheune in Berlin. Etwa 140 Freund*innen des deutsch-israelischen Jugendaustausches sowie Interessierte an der Vielfalt deutsch-israelischer Geschichte(n) waren gekommen, um beim Finale des gleichnamigen Geschichtenwettbewerbs dabei zu sein. Dr. Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und Jeremy Issacharoff, Botschafter des Staates Israel, eröffneten den Abend anlässlich des 70. Jahrestages der Staatsgründung Israels. Eine Pressemeldung von CONACT berichtet über den Abend und verlinkt zu den Gewinnertexten.
Mehr dazu in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

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Ludwig Baumann wurde 1921 in Hamburg geboren. 1940 wurde er in die Wehrmacht eingezogen. Am 3. Juni 1942 desertierte er, einen Tag später wurde er festgenommen und zum Tode verurteilt. Die Todesstrafe wurde in eine zwölfjährige Zuchthausstrafe umgewandelt. 1990 gründete er mit etwa 40 noch lebenden Wehrmachtdeserteuren und einigen Wissenschaftlern und Historikern die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz - und hat mit seinem Engagement maßgeblich zur Rehabilitation von Kriegsdienstverweigerern während des Nationalsozialismus beigetragen. Nun starb er im Alter von 96 Jahren. Der Militärhistoriker und Friedensforscher Wolfram Wette hat ihm eine bewegende Trauerrede gewidmet, die in der FRANKFURTER RUNDSCHAU nachzulesen ist. Seine Rede endet mit den Worten:
"Ludwig Baumann wird keinen Nachfolger haben. Er war der letzte noch lebende Wehrmacht-Deserteur. Er ist nicht zu ersetzen. Eine neue Generation hat nun die Chance, Ludwig Baumann als ein Vorbild anzunehmen und in seinem Sinne kämpferisch gegen Ungerechtigkeit und für den Frieden einzutreten."
Der Link zur Rede in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Österreich sieht sich bekanntermaßen gerne als erstes Opfer Hitlers, was immer wieder Anlass für heftige Debatten in unserem Nachbarland war und ist. Nun hat zu diesem Problem Katrin Hammerstein eine Dissertation vorgelegt, die sich mit der österreichischen Erinnerung an den Nationalsozialismus befasst. Den zahlreichen bereits vorliegenden Studien will sie Neues hinzufügen, indem sie die staatliche Geschichtspolitik in Österreich, der Bundesrepublik und der DDR zugleich in den Blick nimmt. Christoph Nübel stellt die Disseration in der FAZ näher vor: "Geboren aus dem Geist des Dagegen".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

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In welchen Manifestationen tritt Antisemitismus im 21. Jahrhundert in Erscheinung? Welche Stereotype werden kommuniziert? Und welche Rolle spielt die emotionale Dimension beim aktuellen Judenhass?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich im Rahmen der empirischen Antisemitismusforschung die von 2014 bis 2018 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Langzeitstudie zur Artikulation, Tradierung, Verbreitung und Manifestation von Judenhass im digitalen Zeitalter unter der Leitung der Kognitionswissenschaftlerin Prof. Dr. Dr. h.c. Monika Schwarz-Friesel. Sie leitet das Fachgebiet Allgemeine Linguistik an der TU Berlin. Die Ergebnisse der Studie, die gestern der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, sind besorgniserregend. Einer der besonders beunruhigenden Funde der Antisemitismus-Studie ist, dass sich die Sprachmuster der historischen und der zeitgenössischen Judenfeindschaft frappierend ähneln: Die Klischees sind lebendiger denn je. Paul Ingendaay betont dabei in der FAZ vor allem die empirisch eindrucksvollen Grundlagen der Studie:
"Die Datenbasis der Studie, ein internationales Pilotprojekt, ist von einschüchterndem Umfang. Eigens entworfene „Crawler“, also für Internetsuche geschriebene Computerprogramme, haben mehr als 66000 Websites durchmustert und mehr als eine Viertelmillion User-Kommentare durchsucht. Geprüft wurden nicht nur Onlinemedien und soziale Medien, sondern auch Ratgeberportale und Diskussionsforen zu Themen wie Judentum in Deutschland, Nahostkonflikt, Erinnerungskultur, Solidaritätsaktionen und anderen. Um die Unterschiede zwischen anonymen Äußerungen und mit Namen versehenen Kommentaren herauszuarbeiten, dienten 20000 E-Mails an die Israelische Botschaft in Berlin und den Zentralrat der Juden in Deutschland von 2012 bis 2018 als „Vergleichskorpus“. Eine derart umfangreiche Untersuchung in Raum und Zeit hat es noch nie gegeben."
Bei der Studie ging es u.a. auch um die Frage nach dem israelbezogenen Antisemitismus und die Debatte um die Frage, welche Rolle der durch Migranten und Flüchtlinge importierte Judenhass spielt. Der TAGESSPIEGEL gibt dazu die Einschätzung von Schwarz-Friesel wieder:
"'Es gibt einen importierten Antisemitismus', sagt Schwarz-Friesel. 'Der ist aber beileibe nicht das größte Problem, das wir in Deutschland mit Antisemitismus haben.' Viel gefährlicher sei der Judenhass aus der Mitte der Gesellschaft. Der finde im Netz rasende Verbreitung. Dabei stießen Antisemiten in Deutschland zu selten auf entschiedene Gegenrede, kritisiert Schwarz-Freisel. Im Web 2.0 habe sich in Sachen längst „Normalisierung“ eingestellt. Das „Feld des Sagbaren“ habe sich in den vergangenen Jahren 'exorbitant vergrößert'".
Links zu Berichten und Kommentaren zu der Studie sowie Links zu einer Kurz- wie auch Langfassung der Studie selbst in der Rubrik ANTISEMITISMUS.


Xavier Naidoo hat sich erfolgreich gegen Antisemitismus-Vorwürfe gewehrt. Das Landgericht Regensburg untersagte einer Referentin der Amadeu-Antonio-Stiftung, den Mannheimer Sänger als Antisemiten zu bezeichnen. Sie habe den Vorwurf nicht ausreichend belegen können, so die Richter. Das lässt viel Spielraum für alle, die mit Hass und Ressentiments zündeln wollen, kommentiert Andreas Borcholte kritisch im SPIEGEL:
"Xavier Naidoo darf nicht Antisemit genannt werden, obwohl seine Texte antisemitische Klischees enthalten. Zu den Risiken und Nebenwirkungen muss man keinen Arzt oder Apotheker befragen, um zu ahnen, dass mit dieser juristischen Dialektik viel Spielraum für all jene entsteht, die in ihren Songtexten oder sonstigen Kunstwerken mit Ressentiments, kruden Theorien und Hass zündeln wollen."
Ähnlich verheerende Wirkungen des Urteils befürchet der Medienwissenschaftler Marcus Kleiner, der Naidoo als Vorreiter des politischen Popzulismus sieht. Im Interview mit dem DEUTSCHLANDRADIO sagt er:
"Wenn man sich die Texte von Xavier Naidoo anschaut und das verbindet mit Interviewpassagen und auch anderen persönlichen Stellungnahmen, dann kann man sehr deutlich ein Bild herauszeichnen, dass hier jemand sehr - einerseits - deutschlandkritisch ist. Andererseits hat er antisemitische Züge, er hat populistische Züge an sich, also er könnte sehr stark von einem großen Popstar zu einem populistischen Brandstifter werden. Und darauf geht das Gericht überhaupt nicht ein. Es gibt genügend Beispiele, die man hier nennen könnte."
Links zu Berichten und Kommentaren zum Urteil in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

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In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich CDU, CSU und SPD im März darauf verständigt, in dieser Legislaturperiode erstmals das Amt eines Beauftragten für weltweite Religionsfreiheit zu schaffen. Nur knapp einen Monat später, am 11. April, hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Markus Grübel das Amt übernommen. Im Interview mit KATHOLISCH.de zieht der 58-Jährige nach 100 Tagen eine erste Bilanz seiner Tätigkeit. Außerdem spricht er über das Land, dem er sich in den kommenden Jahren besonders intensiv widmen möchte, religionsfeindliche Tendenzen in Deutschland und seinen persönlichen Glauben: "Den Glauben frei und ohne Angst leben".
Der Link zum Interview in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Die Diskussion um den von Josef Ratzinger verfassten Text zum Verhältnis Christentum-Judentum hält unvermindert an. In der FAZ erinnert und schildert Christian Geyer zunächst die Entstehung und Bedeutung jener bahnbrechenden Rede von Johannes Paul II. im Mainzer Dommuseum am 17. November 1980, in der der damalige Papst "seine prägnante Wendung vom nie gekündigten Alten Bund als hermeneutischen Schlüssel für den katholisch-jüdischen Dialog" vorstellte:
"Das war die Pointe der Rede vom nie gekündigten Alten Bund, wonach das Judentum nicht länger nur als eine heilsgeschichtliche Vorstufe zum Christentum anzusehen sei, sondern sich „eine gegenseitige Beleuchtung und Ausdeutung ergibt“, wie es in den von Wojtyla in Mainz eigens zitierten nachkonziliaren Richtlinien für die Durchführung der einschlägigen Konzilserklärung „Nostra aetate“ heißt. Hier geht es tatsächlich um mehr als bloß einen weiteren Toleranzappell gegenüber nichtchristlichen Religionen. Hier geht es um eine am „Takt“ gemessene Mahnung zu größtmöglicher theologischer Empathie."
Erst vor diesem Hintergrund lasse sich das "Erstaunen ermessen" über die Ausführungen Ratzingers in der theologischen Zeitschrift „Communio“, in der dieser Konsens aufgekündigt werde. Daher teilt Geyer die Befürchtung des Berliner Rabbiners Walter Homolka, "Ratzingers Text könne insoweit auch als Wegbereitung für christlichen Antisemitismus gelesen werden, ... zumal in Zeiten nassforscher digitaler Instrumentalisierung".
Das Fazit von Geyers Analyse kommt einem fassungslosen Kopfschütteln gleich:
"Man kann es kaum fassen: Warum mutwillig an einer Formel rütteln, welche zum Symbol der jüdischen-christlichen Verständigung wurde, an einer Formel, die, wie Ratzinger ja zu Recht anmerkt, „in gewissem Sinn zur heutigen Lehrgestalt der katholischen Kirche“ gehört? Karol Wojtyla dürfte sich wegen dieser groben Fahrlässigkeit, die auch auf das Konto mangelnder redaktioneller Umsicht der Zeitschrift geht, im Grabe herumdrehen."
Besonders interessant, dass es nun zwei rabbinische Stimmen zu dem Text gibt. In der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG fragt David Bollag, Rabbiner und Dozent für Judaistik an den Universitäten Zürich und Luzern, besorgt: Sind wir nun wieder «die treulosen Juden»? U.a. betont er:
"Der jüdisch-christliche Dialog kann nur funktionieren, wenn die Beteiligten bereit sind, die Existenz der anderen Religion ganz zu akzeptieren. Wenn der eine Partner befürchten muss, dass das Gespräch für den anderen nur eine Täuschung ist, wird es scheitern. Wenn wir als jüdische Seite überlegen müssen, ob die Vertreter des Christentums den Dialog vielleicht nur verwenden, um uns zu überzeugen, unser Judentum aufzugeben und zu Christen zu werden, sind wir am Dialog nicht interessiert. Wir lehnen ihn entschieden ab und bleiben ihm fern."
Er charakterisiert Ratzingers Text als eine "klare Regression.  Ein überraschender Rückschritt, mit dem wir auf jüdischer Seite nicht gerechnet haben und der dem jüdisch-christlichen Dialog wieder grosse Steine in den Weg legen wird."
Seine Analyse des Textes beschließt er mit einigen scharf formulierten Fragen:
"Warum ist der Präsident der Kommission für die Beziehungen zum Judentum, wie er im Vorwort zum Artikel von Benedikt schreibt, «überzeugt, dass der vorliegende Beitrag das jüdisch-katholische Gespräch bereichern wird»? Bereut er etwa die Aussagen seiner Kommission? Will er ihnen gar widersprechen (lassen)? Was ist nun wirklich die Position der Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum zur Substitutionstheologie? Zum «nie gekündigten Bund»? Und vor allem zur Judenmission? Will der Vatikan den jüdisch-christlichen Dialog wieder gefährden? Sind wir nun wieder die «Iudaei perfidi», die treulosen, perfiden Juden? Fragen gehören zum Dialog. Wir warten auf Antworten."
Demgegenüber erstaunlich gelassen und souverän äußert sich in der JÜDISCHEN ALLGEMEINEN WOCHENZEITUNG der Wiener Oberrabbiner Arie Folger zu der Debatte:
"Lese ich den umstrittenen Text, empfinde ich ihn ganz anders: Ich sehe einen Text, der von einem bedeutenden, konservativen katholischen Theologen für den internen Gebrauch des Vatikans geschrieben wurde und daher nicht an Maßstäben des öffentlichen und interreligiösen Diskurses gemessen werden sollte."
In seinem Beitrag analysiert und kritisiert er sodann u.a. das Bundesverständnis und die Landverheißung, wie sie Ratzinger darlegt. Den vielfach auch von anderen Kommentatoren kritisierten Zug des Ratzinger-Textes, dass auch Juden nur dank Jesu zum Seelenheil gelangen können, kommentiert Folger trocken:
"Was erwarten wir von einem Papst? Erwarten wir Juden tatsächlich, dass die Kirche das Judentum als legitimen Umweg um die kirchliche Lehre herum akzeptieren muss?"
Und hält dem missionarischen Impuls entgegen:
"Wir brauchen die Bestätigung der Kirche nicht, um an die Wahrheit des Judentums zu glauben. Dafür dürfen wir auf unsere Vorfahren vertrauen, die uns in einer ununterbrochenen Kette vom Sinai bis zum heutigen Tag die Tora und ihre gültige Interpretationsart vermittelt haben. Weder sind wir darauf angewiesen, dass uns die Kirche das Seelenheil zuspricht, noch hat die Kirche Anspruch darauf, zu verlangen, dass wir ihren Weg legitimieren und ihr das Seelenheil zusprechen. Wir sind zwei unterschiedliche, selbstständige Konfessionen. Und trotzdem bekennen wir uns zur Brüderlichkeit miteinander. Unsere interreligiöse Arbeit vertuscht unsere Differenzen nicht, sondern wir wollen trotz grundlegender Differenzen zusammenarbeiten."
Links zum Thema in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

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Wir kennen sie, diese alljährlich auftauchende Debatte um den Sinn und Unsinn der Sommerzeit. Dass freilich die Frage, ob man die Sommerzeit abschaffen soll, aus jüdischer Sicht eine ganz eigene Dimension annimmt, belegen eine Pro- und Contra-Stellungnahme zweier Rabbiner in der JÜDISCHEN ALLGEMEINEN WOCHENZEITUNG. Sommerzeitgegner Rabbiner Raphael Evers deutlich: "Ich bin definitiv dafür, die Sommerzeit abzuschaffen. Denn in vielerlei Hinsicht ist die jährliche Zeitumstellung von Frühjahr bis Herbst für Juden, die sich an die Gebote der Halacha halten, ein einziges Drama." Ganz anders sieht das Rabbiner Walter Rothschild: "Ich persönlich habe kein Problem mit der Sommerzeit. Als liberaler Rabbiner bin ich in der Lage, meine Gebetszeiten auch in den Sommermonaten einzuhalten, ohne mich von der Zeitumstellung der Europäischen Union stören zu lassen."
Die Links zu den Pro- und Contra-Stellungnahmen in der RubrikJÜDISCHE WELT.

Geboren wurde er 1937 in Budapest, spricht sieben Sprachen - Ungarisch, Deutsch, Russisch, Englisch, Schwedisch, Hebräisch und Jiddisch - und machte zunächst eine Feinmechaniker-Lehre, bevor er studierte und Rabbiner wurde: Joel Berger, ehemaliger Landesrabbiner für Württemberg. In einem längeren Gespräch mit DEUTSCHLANDRADIO äußert er sich zu seinem Werdegang, zum Christentum, zu antidemokratischen Gesinnungen und den Unterschieden zwischen orthodoxem und liberalen Judentum. Auf die Frage, wieviele der 612 Gebote er als orthodoxer Jude denn in den letzten vier Wochen gehalten habe, antwortet er:
"All diejenigen, ich werde mich zahlenmäßig nicht genau festlegen, aber diejenigen, die mit der Tempelgesetzgebung, mit priesterlicher, levitischer oder sonstigen Reinheitsgebote, mit Tempelopfer und auch was mit Israel, also mit dem jüdischen Land in Verbindung steht, die ist in der Gola nicht einzuhalten. Aber das, was ein Jude, ein gesetzestreuer Jude in der Diaspora zu befolgen hat, Sabbat, Kaschrut, also rituelle Speisengesetzgebung, Feiertage und was die Lebensführung betrifft, das ist bei uns selbstverständlich - nicht nur bei mir, auch bei meinen Kindern und Kindeskindern. Wenn wir bei uns zu Hause Sabbat feiern, da ist ein Geist drin. Da tun wir das, was Juden in aller Welt am Sabbat tun. Das ist der jüdische Geist."
Der Link zum Gespräch in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

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"Laut Kirchenstatistik gibt es derzeit noch rund 1200 katholische Priester in der Schweiz, das Durchschnittsalter beträgt 65 Jahre. Wie viele von ihnen in einer Beziehung leben oder gar Nachwuchs gezeugt haben, ist unklar, die Dunkelziffer ist hoch. Beim Verein der vom Zölibat betroffenen Frauen (ZöFra) sollen sich in den vergangenen 20 Jahren etwa 500 Frauen gemeldet haben, die mit einem katholischen Kleriker liiert waren oder sind. Es gibt Fälle, in denen ein Priester und seine Haushälterin oder eine Pastoralassistentin stets im «Doppelpack» in andere Gemeinden versetzt werden, ohne dass die Obrigkeit genau hinschaut, wie es ein Kirchenmann ausdrückt. Insider gehen aber davon aus, dass die klare Mehrheit die Zölibatspflicht einhält."
Simon Hehli beschäftigt sich in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG mit einem alten Thema, das immer wieder neue Schlagzeilen macht: dem Zölibat - und wie es mehr oder weniger stillschweigend umgangen wird: "Wenn Priester heimlich lieben".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

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Ende Juni verkündigten die Vereinigten Staaten von Amerika ihren Austritt aus dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen und sorgten damit für jede Menge Wirbel. Vertreter der US-Regierung begründeten ihren Schritt auch damit, dass Israel in dem UN-Gremium zum Sündenbock gemacht wird, um auf diese Art und Weise von den gravierenden Menschrechtsverletzungen anderer Länder abzulenken. In ihrem neuen Buch „Vereinte Nationen gegen Israel. Wie die UNO den jüdischen Staat delegitimiert“ zeigen Alex Feuerherdt und Florian Markl, dass ein anti-israelisches Ressentiment nicht nur das Geschehen im Menschenrechtsrat bestimmt, sondern die gesamte Organisation der Vereinten Nationen durchsetzt, samt ihrer unterschiedlichen Gremien, Abteilungen und Unterorganisationen. Marc Neugröschel hat das Buch für ISRAELNETZ gelesen: "Wie die UNO den jüdischen Staat delegitimiert".
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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