Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331
16.07.2012 - Nr. 1354

ACHTUNG:

Am Mittwoch, 18. Juli 2012, erscheint ONLINE-EXTRA Nr. 165, ein Gespräch des katholischen Theologen Norbert Reck mit dem Kirchenhistoriker Hubert Wolf über Pius XI.

Die nächste tagesaktuelle Ausgabe erfolgt am Freitag, 19. Juli 2012.


Guten Tag!

Nr. 1354 - 16. Juli 2012


Viele Palästinenser im Westjordanland sind frustriert über die Repression und die Korruption der regierenden Autonomiebehörde (PA), berichtet Monika Bolliger in ihrer Reportage. Beispielhaft zitiert sie einen palästinensischen Journalisten, der vielen aus den Herzen spräche: "Wir wollen keine Spenden, sondern ein Leben in Freiheit und Würde. ... Die Autonomiebehörde ist nichts weiter als eine zweite Besetzungsmacht», sagt er.
Der Link zur Reportage in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

Israelis dürfen in gewisse Zonen des Westjordanlands nicht reisen. Ofir aus Tel Aviv tut es trotzdem: Er fährt per Autostopp und Bus nach Hebron. Dort vor Ort beispielsweise will Ofir allerdings seine wahre Identität nicht preisgeben: "Unter diesen vielen wunderbaren Menschen sind mindestens 20 Prozent, die mich sofort angreifen würden." Erst wenige Tage zuvor sei eine Soldatin im Bus von einem Palästinenser mit einem Messer attackiert worden: "So etwas passiert in Israel fast täglich." Janina Trebing hat Ofir bei seiner Reise begleitet und seine seine Gedanken und Erlebnisse aufgezeichnet: "Per Anhalter durch die Westbank".
Der Link dazu in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

Vor einem Jahr begannen in Israel die Proteste gegen soziale Ungerechtigkeit. Zum Jahrestag protestierten nun weniger als 10.000 Menschen. Überschattet wurde die Demonstration von einem Mann, der sich selbst in Flammen setzte. Die Ärzte kämpften am Sonntag immer noch um das Leben des Schwerverletzten. „Der Staat hat mich ausgeraubt und mir nichts gelassen“, hatte Mosche Silman zuvor in einem Brief geschrieben. Er könne sich seine Medikamente nicht mehr leisten und wolle nicht obdachlos werden. Trotz des erschütternden Vorfalls werden die Proteste wohl wenig Wirkung zeitigen, meint etwa Susanne Knaul, weil sich der Mittelstand an den Protesten diesmal kaum beteiligt habe. Gleichwohl ist die Debatte um das Wirtschafts- udn Sozialsystem in Israel erneut entbrannt. Wissenschaftler fordern mehr Sozialleistungen. Andernfalls würde es "Dschungelkämpfe" zwischen den Menschen geben, meint auch Bettina Marx in ihrem Bericht: "Israel und die Angst vor 'Dschungelkämpfen'".
Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL INTERN.

In die allgemeine Debatte um den Zustand der israelischen Gesellschaft hat sich nun auch der in Israel sehr populäre Schriftsteller Etgar Keret mit einem eindrucksvollen Essay zu Wort gemeldet. Insbesondere klagt Keret über das Ungleichgewicht in der staatlichen Behandlung etwa der Siedler und Orthodoxen auf der einen Seite und der sozial schwachen Israelis und ihren Protesten auf der anderen Seite. Keret schreibt u.a.:
"Wirklich, dies ist kein Land der Gleichheit: Wenn man einen Blick darauf wirft, wie das Gesetz sich zum illegalen Bauen hier in Israel und in den besetzten Gebieten stellt, dann ist klar: Du bist besser dran, wenn du in den besetzten Gebieten illegal baust. Wenn du ultraorthodox bist, wirst du es sehr viel einfacher als andere haben, die Voraussetzungen für eine Unterkunft zu erfüllen, die vom Minister für Wohnung und Bau festgelegt worden sind – der Mann ist Mitglied der ultraorthodoxen religiösen Schas-Partei. Und wenn du ein Großindustrieller bist, wirst du sehr bald herausfinden, dass umfassendes Steuerzahlen nur Gegenstand einer Empfehlung ist. Und wenn du dich dafür entscheiden solltest, das Gesetz zu brechen und fremdes Eigentum zu beschädigen, Autos etwa, dann wärst du besser dran, wenn du an die Fahrzeuge, die du zerstörst, siedlerfreundliche Parolen kritzeltest statt, sagen wir: »Das Volk fordert soziale Gerechtigkeit«. Denn irgendwie scheint es, dass die Polizei bei politisch motiviertem Vandalismus nur widerwillig Personen festnimmt – außer es geht um »linke« Themen."
Der Link zu Kerets Essay in der Rubrik ISRAEL INTERN.

In Israel werden jährlich 60.000 ultraorthodoxe Juden nicht zum Wehrdienst eingezogen. Das könnte sich nun ändern, nachdem der Oberste Gerichtshof diese Praxis für verfassungswidrig erklärt. Über die Folgen des Urteils und die eventuelle Einbeziehung der Orthodoxen in das israelische Militär sprach Ayala Goldmann mit Uri Regev, Rabbiner der Reformbewegung in Jerusalem und Präsident der Nichtregierungsorganisation "Hiddush", "Erneuerung für Religionsfreiheit und -gleichheit in Israel". Regev sagt: "Ultraorthodoxe müssten ein Pflichtgefühl spüren, ihr Land zu beschützen".
Der Link zum Interview in der Rubrik ISRAEL INTERN.

In einem Waldgebiet auf dem Ettersberg, nur wenige Kilometer von Weimar entfernt, wurde am 15. Juli 1937 das Konzentrationslager Buchenwald eröffnet. Zehntausende kamen bis zur Befreiung am 11. April 1945 in Buchenwald ums Leben. Otto Langels erinnert an die Gründung des Lagers vor 75 Jahren: "Symbol für Barbarei in Deutschland".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

War Hitler ein Diktator? Die Hälfte der deutschen Jugendlichen zweifelt! – so und ähnlich lauteten die Schlagzeilen zu einer Studie des Forschungsverbunds SED-Staat. Zwar gibt die Schlagzeile nicht exakt die Ergebnisse des Projekts wieder, denn es wurde nicht nach Hitler, sondern nach einer Einschätzung des Nationalsozialismus als Diktatur gefragt. Doch befremdlich sind die Befunde allemal. Dagmar Schulze Heuling ist Mitautorin besagter Studie des Forschungsverbunds SED-Staat der Freien Universität Berlin „Später Sieg der Diktaturen?“, die kürzlich veröffentlicht wurde. In einem längeren Essay geht sie den Ursachen und Folgen des wachsenden Wissensdefizits über unsere Geschichte bei Schülern und Studenten näher nach: "Hitler war doch Demokrat, oder?".
Der Link zu ihrem Essay in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Wo bleibt eigentlich der Antisemitismus? Europa, die Welt, wird von der schwersten Wirtschaftskrise seit den 30er-Jahren geschüttelt, und die üblichen Begleiterscheinungen, vor allem Judenhass, paranoide Verschwörungstheorien und politische Radikalisierung, scheinen – derzeit noch – auszubleiben. So der Anfangsbefund eines Beitrags von Micha Brumlik. Sodann wirft er einen Blick auf die politische und religiöse Geschichte des Antisemitismus, um schließlich zu der These zu gelangen, dass sich "das bisher meist mit ökonomischen Krisen in Verbindung stehende antisemitische Ressentiment von seinem Anlass abgekoppelt hat" und sich projektiv nunmehr auf Israel bezieht.
Der Link zu seinem Beitrag in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Sie sprechen im Auftrag Gottes, verkünden seinen Willen, prangern Missstände der jeweiligen Zeit an: Propheten sind ein verbindendes Element der drei abrahamitischen Religionen. Bei den Muslimen etwa gilt auch Jesus als Prophet. Doch wie weit gehen die Gemeinsamkeiten zwischen den drei Religionen im Blick auf das Verständnis des Propheten und Prophetischen wirklich? Dieser Frage geht Kirsten Westhuis in einem Feature näher nach: "Mahner und Gotteskünder. Propheten im Christentum, Judentum und Islam".
Der Link dazu in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Kein Ende der Debatte um das Beschneidungsverbot in Sicht: Irmingard Schewe-Gerigk, Vorstandsvorsitzende von TERRE DES FEMMES, begrüßt in ihrer Stellungnahme ausdrücklich das Kölner Urteil, "da es zeigt, dass die körperliche Unversehrtheit von Kindern auch nicht mit religiösen Argumenten verletzt werden darf." Ähnlich auch eine Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH), die das Urteil ebenfalls begrüßend zur Kenntnis nehmen. Ulrike Winkelmann wiederum zeigt sich erleichtert, dass bald mit einer gesetzlichen Regelung für die Beschneidung zu rechnen sei und begrüßt insbesondere die jüdischen Proteste, denn: "Es ist Unsinn, wenn jüdische Glaubens- und Verbandsvertreter einen zweiten Holocaust kommen sehen, nur weil drei Kölner Richter die Praxis der Beschneidung unter areligiösen Aspekten bewertet haben. Wirksam waren die entsprechenden Einlassungen allemal - wer weiß, wie schnell die Bundesregierung sich bewegt hätte, wenn nur Muslime protestiert hätten." Thomas von der Osten-Sacken kann sich eine vorläufige Lösung vorstellen, "die sich etwa am Abtreibungsrecht orientiert, d. h. der Eingriff gilt zwar als illegal wird aber zugelassen. Dies hieße vor allem auch einzugestehen, dass man das Recht auf körperliche Unversehrtheit im Kern voll anerkennt und nicht im Namen irgendwelcher religiöser Rechte aushebeln will." Ansonsten aber warnt er vor einem allzu willfährigen juristischen Entgegenkommen in dieser Sache, denn dann "öffnet man Pandoras Büchse und stärkt ein vermeintliches Recht auf religiöse Selbstbestimmung das - sollte es gesetzlich in solchen Fällen positiv verankert werden - zu einem völlig neuen Rechtsverständnis führen wird, in dem fortan Mullahs, Ayatollahs, eben auch Rabbis und Priester am Gesetzgebungsprozess mitwirken werden oder können."
Auch in Israel sorgt das Urteil des Landgerichts Köln immer noch für große Aufregung. So beschäftigte sich Anfang dieser Woche sogar der Integrationsausschuss des israelischen Parlaments in einer Sondersitzung mit dem Urteil. Der Ausschuss forderte vom Bundestag, die Beschneidung rasch per Gesetz zu erlauben. Gleichwohl gibt es auch in Israel Gegner der Beschneidung. Der Journalist Igal Avidan hat in Israel einen Befürworter und eine Gegnerin der Beschneidung getroffen. Er sprach mit der Computer-Ingenieurin Ronit Tamir, Gründerin der Organisation "Eltern unbeschnittener Kinder" (Kahal), und dem Pädagogen und Religionsforscher Moshe Meir, einem Befürworter der Beschneidung: "Pro & Contra: Beschneidung aus israelischer Sicht".
Alle Links zum Thema in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Rund vier Millionen Muslime leben in Deutschland. Darunter Menschen, die Lebenskrisen durchmachen, die krank und einsam sind oder sich Fragen zu ihrem Glauben stellen. Ein seelsorgerisches Angebot gibt es für sie bislang kaum - doch der Bedarf wächst. Ita Niehaus berichtet über die Bemühungen, mehr islamische Seelsorger in Deutschland auszubilden: "Wenn Muslime geistlichen Rat brauchen."
Der Link zu ihrem Beitrag in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Über die Jüdischen Volksschulen des 19. und 20. Jahrhunderts in Deutschland gab es bisher nur Einzelstudien - eine Gesamtbetrachtung ihrer Geschichte bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs fehlte. Die Düsseldorfer Bildungshistorikerin Prof. Dr. Gisela Miller-Kipp hat nun ein Buch über die Jüdische Volksschule im Regierungsbezirk Düsseldorf (1815-1945) geschrieben und geht davon aus, dass der Regierungsbezirk Düsseldorf als Schullandschaft aufgrund seiner territorialen Komplexität repräsentativ für alle Schulfälle ist. Das Wissenschaftsportal L.I.S.A. hat mit der Professorin ein Gespräch über die Geschichte der jüdischen Volksschulen geführt: "Ein bisschen Lesen, Schreiben, Rechnen, Religion".
Der Link zum Interview in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Nach der Wende kamen viele Tausende russischer Juden nach Deutschland. Nachdem sie anfangs skeptisch beäugt wurden, gelang den meisten von ihnen unterdessen die Integration. gelingt den meisten die Integration. In ihrer russischen Heimat definierten sie sich freilich weniger über ihre Religion als durch ihren kulturellen Beitrag. In Deutschland entwickeln sie daher nun individuelle Formen von Religiosität, wie Barbara Kerneck in ihrem Beitrag erläutert: "Unerwartet gut gelandet".
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Bis zur Revolution war es Frauen in Preußen untersagt, das juristische Staatsexamen abzulegen. Die Jüdin Margarete Berent wurde 1919 eine der ersten preußischen Anwältinnen - und legte in ihrer Doktorarbeit den Grundstein für die Neuordnung des Ehegüterrechts, womit sie zur Vorkämpferin für die Frauenrechte wurde, woran Peter Kaiser in seinem Porträt der jüdischen Anwältin Margarete Berent erinnert.
Der Link zum Porträt in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Die Verlagsgruppe Weltbild sorgt für Kopfschütteln in der Branche. Der zweitgrößte deutsche Buchhändler nimmt das Aufklärungsbuch "Make Love" nicht in sein Programm auf. Mit dem katholischen Hintergrund des Konzerns scheint das aber wenig zu tun zu haben, denn die umstrittene sadomasochistische Trilogie "Shades of Grey" ist gleichwohl auch bei Weltbild erhältlich, wie N-TV berichtet: "Aufklärung nein, SM-Porno ja".
Der Link zum Bericht in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

Vor wenigen Tagen erst ist ihr der Hannah-Arendt-Preis zuerkannt worden: Die israelische Historikerin Yfaat Weiss. In ihrem jüngsten Buch erzählt sie von den sozialen Spannungen und den "verdrängten Nachbarn" in Israels wichtigster Hafenstadt, der multikulturellen Metropole von Haifa. Der jüdische Historiker Michael Brenner hat das Buch gelesen:
"Dieses Buch hat viele verschiedene Ebenen. Oberflächlich geht es um das Stadtviertel Wadi Salib und die tragischen Ereignisse, die es zu einem Brennpunkt zwischen Juden und Arabern, zwischen orientalischen und europäischen Israelis machten. In zweiter Linie geht es um die Stadt Haifa als brüchiges Symbol der Einheit in einem von vielen ethnischen und religiösen Gruppierungen gekennzeichneten Gemeinwesen. Eigentlich aber geht es in seiner ganzen Komplexität über Israel und den Nahen Osten. In dem Mikrokosmos Wadi Salib spiegeln sich nahezu alle Konflikte und Tragödien, die die Region zu bieten hat, wider."
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag und eine gute Woche wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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