Deutsche Bibliothek
ISSN 1612-7331
28.09.2022 - Nr. 2004
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Die nächste Tagesausgabe erscheint am Mittwoch, 05. Oktober 2022.


Guten Tag!

Nr. 2004 - 28. September 2022



Vor der Uno-Generalversammlung hat sich Ministerpräsident Yair Lapid deutlich für eine Zweistaatenlösung ausgesprochen. Eine grosse Mehrheit der Israeli unterstütze die Zweistaatenlösung, sagte er - und: «Ich bin einer von ihnen.» Bereits vor seiner Rede vergangenen Donnerstag in New York wurde Lapids Position in Israel bekannt und stieß auf heftige Kritik. "Die Billigung eines terroristischen Staates im Westjordanland wird die Sicherheit Israels gefährden", erklärte etwa Justizminister Gideon Saar. Auch Naftali Bennett, Lapids Vorgänger im Amt, bezeichnete dessen Haltung als falsch: "Es gibt keinen Platz für ein anderes Land zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan und es besteht keine Notwendigkeit, für die palästinensische Eigenstaatlichkeit zu arbeiten." Palästinenserpräsident Abbas begrüßte hingegen die Aussagen Lapids. Maria Sterkl kommentiert im STANDARD die Motieve Lapids. Er wisse als "Sohn eines Holocaustüberlebenden und Enkel eines im Konzentrationslager Mauthausen ermordeten ungarischen Juden ..., dass es in Zeiten eines weltweit ansteigenden Antisemitismus wichtiger denn je ist, dass Israel ein sicherer Zufluchtsort bleibt. Möglich ist das nur, wenn Israel klare Grenzen erhält, die auch von den Nachbarn respektiert werden." Ebenso weist Sterkl aber auch auf ein mögliches Kalkül Lapids im Blick auf die bevorstehenden Wahlen in Israel hin:
"Punkten will er ohnehin bei einer anderen Wählergruppe: den israelischen Arabern. Viele von ihnen wollen nicht wählen. Wenn Lapids Aussagen sie an die Urnen lockt, dann nützt das vor allem seinem eigenen Lager. Und während sich Netanjahu schon siegessicher gibt, könnte Lapid im Winter für Überraschungen sorgen. Es wäre nicht das erste Mal."
Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

Am 1. November werden die Israelis einmal mehr an die Wahlurnen gebeten. Es ist die 25. Wahl in der Geschichte des Staates. Parteien, die antreten wollen, mussten sich bis zum 15. September beim zentralen Wahlausschuss registrieren. 40 Listen, die zum Teil aus zwei oder mehr Parteien bestehen, haben dieser Frist entsprochen. Unter ihnen sind alte Bekannte, aber auch – wie in Israel üblich – neue Konstellationen. Ihr Charakter reicht von rechts- bis linksaußen, von religiös bis säkular, von jüdisch bis arabisch. Sandro Serafin stellt für ISRAELNETZ die Listen vor, die gute Chancen haben, die 3,25-Prozent-Hürde zu überspringen. Für JUNGLE WORLD berichtet unterdessen Antje C. Naujoks vom neuerlichen Zerwürfnis der arabischen Parteien, die für die Knesset kandidieren:
"Die sich binnen kürzester Zeit überschlagenden Ereignisse wurden als großes Drama interpretiert, von dem es einhellig hieß, keine Entwicklung des Wahlkampfs 2022 könne es auch nur annähernd überbieten; und dies, obwohl noch gute sechs Wochen Wahlkampf zu schlagen sind. Die der Spaltung zugeschriebene Wichtigkeit steht natürlich vor allem in Zusammenhang mit dem Einfluss, die sie auf die Zukunft arabischen Vertretung in Israels Parlament haben wird. Aber auch über hinaus wird sie ihre Wirkung entfalten; einige behaupteten gar, das Drama sei bereits der wahlentscheidende Moment für den rechtskonservativen Block gewesen."
Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Die meisten Israelis sind mit ihrem Leben im Heiligen Land sehr zufrieden, trotz extrem hoher Preise und der ständigen Bedrohung durch Terror. Die glücklichste Bevölkerungsgruppe sind freilich die ultraorthodoxen Juden! So hat es zumindest eine Umfrage ermittelt, die von der Tageszeitung "Maariv" zum jüdischen Neujahrsfest Rosch Haschana veröffentlicht wurde. FOKUS JERUSALEM fasst die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage zusammen: "Ultraorthodoxe sind die glücklichsten Menschen in Israel".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Die neue britische Premierministerin Truss erwägt, die britische Botschaft in Israel nach Jerusalem zu verlegen. Andrea Nüsse kommentiert das für den TAGESSPIEGEL u.a. mit den Worten:
"Für eine mögliche Lösung des Nahostkonfliktes ist das Vorhaben ein Desaster. Entweder hat Truss an der kein Interesse, oder sie sieht das Problem dank der Macht des Faktischen als gelöst an. So erwähnte sie den Konflikt und die Palästinenser in ihrem Schreiben an die Parteifreunde nicht einmal. Eigennützige Motive und der Druck, nach dem EU-Austritt stärkere bilaterale Beziehungen aufzubauen zu müssen, können eine fatale Mischung sein."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

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In der TAZ erzählt Ruth Lang Fuentes die Geschichte von Hans Heinrich Festersen, der homosexuell und wegen einer Kinderlähmung gehbehindert war, und den die Nazis als "Asozialen" in Plötzensee hinrichteten. Das Schwule Museum in Berlin widmet ihm und anderen die Ausstellung "Queering the Crip, Cripping the Queer":
"Alles, was am Ende von Hans Heinrich Festersen übrig bleibt, sind sein Ausweis, Fotos und die handgeschriebenen Briefe. Ein paar Kleidungsstücke, 33,25 Reichsmark und eine Taschenuhr. Das war der Nachlass, den seine Schwester bis zum 30. 11. 43 abholen konnte. 'Eine Sterbeurkunde erhalten Sie auf Antrag bei dem Standesamt in Berlin-Charlottenburg', heißt es weiter auf dem Nachlassformular. Das war's. Ein wenig Erinnerung, ein kurz zusammengefasstes Leben, das heute in einer kleinen Vitrine steht. Das ist mehr, als man über die rund 70.000 weiteren ermordeten 'Wiederholungskriminellen und Asozialen' weiß. Oder über die etwa 15.000 ins KZ deportierten Schwulen, von denen mehr als die Hälfte dort starben."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Um in Zukunft über die sogenannten „Euthanasie“-Morde in der Zeit des Nationalsozialismus verstärkt aufzuklären und diese Gräueltaten nicht zu verdrängen, sollten Krankenhäuser, die damals selbst Orte des Verbrechens gewesen sind, verstärkt entsprechende historische Archive aufbauen. Das mahnte der Arzt und Psychiater Michael von Cranach bei einer vor kurzem stattgefundenen Sachverständigenanhörung des Kulturausschusses im Bundestag an. Zustande kam die öffentliche Anhörung aufgrund eines Antrags der Fraktion die Linke. Ein Beitrag im ÄRZTEBLATT schildert eingehend von der Sachverständigenanhörung und klärt über die Hintergründe des Problems auf: "Mehr Archive zu NS-Krankenakten an Krankenhäusern gefordert".
Der Link dazu in der Rubrik VERGANGENHEIT...

«Sie nahmen den Namen mir an der Tür, / Das Wünschen an der Schwelle. / Die Träume einzig blieben mir / In meiner kahlen Zelle». So heißt es in einem Gedicht von Libertas Schulze-Boysen, das die Widerstandsaktivistin Mitte September 1942 im Berliner Frauengefängnis in der Kantstrasse 79 geschrieben hat. Keine drei Monate später wurde sie kaum 30 Jahre alt gemeinsam mit ihrem Mann, Harro Schulze-Boysen, am 19. Dezember 1942 wegen Hochverrats und Spionage vor dem deutschen Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt und drei Tage später in Plötzensee ermordet. Das Gefängnis in der Kantstraße, in dem sie und andere Frauen aus dem Widerstandskreis der "Roten Kapelle" inhaftiert war, ist heute ein Hotel! Das Hotel Wilmina im ehemaligen Frauengefängnis ist nicht das einzige und auch nicht das erste Hotel, das aus einer Haftanstalt hervorging. Ein besonderes ist es jedoch, historisch ebenso wie in seiner heutigen Gestalt, wie Katharina Matzig begleitet von einigen Fotos für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG berichtet: "Schlafen, wo einst Häftlinge untergebracht waren?".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Klaus Hillenbrand stellt in der TAZ eine Initiative deutscher Gedenkstätten vor, die sich der Unterstützung der letzten noch lebenden Nazi-Verfolgten in der vom Krieg heimgesuchten Ukraine widmet. Das „Hilfsnetzwerk für Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine“, so der etwas sperrige Name, sammelt Geld für sie und hat ein Patenschaftsprogramm aufgelegt. Geschätzt 42.000 NS-Überlebende, fast ausschließlich sehr alte Menschen, leben noch in der Ukraine. Darunter Juden, Roma, ehemalige Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter: "Vom Elend des Krieges eingeholt".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Dan Diner wurde 1946 als Kind polnisch-litauischer Eltern in einem Displaced-Person-Lager in München geboren. 1949 wanderte die Familie nach Israel aus und emigrierte 1954 nach Deutschland, wo Diner studierte und sich habilitierte. Nach diversen Lehrstühlen in Europa und in Israel leitete er an der Universität von Tel Aviv das Institut für deutsche Geschichte, war von 1999 bis 2014 Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für jüdische Geschichte an der Universität Leipzig und lehrt seit 2014 an der Hebräischen Universität Jerusalem moderne Geschichte. Er lebt in Israel und Berlin. Vor dem Hintergrund seines im letzten Jahr erschienen opus magnum "Der andere Krieg", in dem Diner den Zweiten Weltkrieg aus der Perspektive des jüdischen Palästinas in den Jahren 1935 bis 1942 analysiert, sprach das österreichisch-jüdische Stadtmagazin WINA mit ihm über die Haltung der damaligen Zionisten gegenüber der jüdischen Diaspora, ihrer Angst vor der Expansion der Nazis im Nahen Osten, die globale Präsens des Antisemitismus jenseits von Hitler-Deutschland und seine Sicht auf den Ukraine-Krieg: „Es hätte auch ganz anders kommen können“.
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

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Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Erinnerung an den Holocaust und Antisemitismus? Mit dieser Frage hat sich die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS) beschäftigt und hat am heutigen Mittwoch ihre Erkenntnisse in einer Broschüre vorgestellt. Die RIAS-Experten haben sich mit antiisraelischen Kundgebungen und Corona-Protesten beschäftigt, antisemitische Übergriffe analysiert und nachgeforscht, wie Jüdinnen und Juden in Bayern derartige Vorfälle wahrnehmen. Martin Bernstein berichet darüber für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG und die Studie selbst steht als pdf-Datei zum Download bereit: "Judenhass mit System".
Die Links dazu in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

"Die antisemitischen Lügen der Fachidioten – es reicht!", überschreibt Michael Wolfssohn seinen zornigen Essay in der BERLINER ZEITUNG, in dem er erläutert, was er eingangs seines Essays mit diesen Worten konstatitert:
"Genug des Antisemitismus, ob ausdrücklich gegen 'die' Juden oder 'nur' verkleidet als Antiisraelismus beziehungsweise Antizionismus. ... Anschauungsunterricht über den Antisemitismus der Fachidioten lieferten dieses Jahr die Kasseler Documenta sowie die Beiträge auf und im Vorfeld der Karlsruher Tagung des Ökumenischen Kirchenrates. Es waren nicht die ersten und gewiss nicht die letzten Belege für den im vornehmlich linken und links'liberalen' deutschen sowie internationalen 'Wissens-' und Kulturmilieu hegemonialen Antisemitismus, der sich als Israelkritik maskiert."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Nun ist sie vorbei, die skandalträchtige documenta des Jahres 2022. Im österreichischen STANDARD fragen sich Amira Ben Saoud und Katharina Rustler: was ist schiefgelaufen?. Einerseits anerkennen sie die alternative Grundkonzeption der diesjährigen Weltkunstausstellung:
"So bemühte sich Ruangrupa deutlich mehr als andere Kuratorinnen der Documenta darum, Kassel nicht nur als große Bühne, die zu bespielen ist, zu verstehen, sondern die Stadt zu entdecken und sich für ihre Bewohnerinnen zu interessieren, mit ihnen zu leben und Verbindungen zu schaffen, die eine Ausstellung überdauern. Dass Ruangrupa das gelang, war vor Ort spürbar. Die Documenta fühlte sich nicht wie ein elitäres Alien an, das für 100 Tage sein Unwesen in einer Stadt treibt – sie gab sich einladend, verhältnismäßig niederschwellig und um Nachhaltigkeit bemüht."
Andererseits habe der Konflikt um antisemitische Objekte dieses Anliegen völlig verdrängt und wenig Erfreuliches offenbart:
"Anstatt gemeinsam einen Ausweg zu finden, schob man sich gegenseitig die Verantwortung zu, die niemand tragen wollte. Die Veranstalter sahen die Kontrolle bei Ruangrupa, diese wollten diese nicht ausüben. Warum von Anfang an Kontextualisierungen der kritisierten Werke ausgeschlossen wurden, bleibt weiterhin ein Rätsel. Man hätte damit vieles retten können. Stichwort: Kompromiss. Doch die gesamte Documenta verfiel in Schockstarre. ... Unfairerweise wurde so die ganze Documenta unter Generalverdacht gestellt, und es ging komplett unter, dass die problematischen Beiträge nur einen Bruchteil ausmachten. Da war es aber längst zu spät. Die Bezeichnung "Skandal-Documenta" wurde zum geflügelten Wort. Man fand weitere antisemitische Beiträge. Und zu spät berief man eine Expertenkommission ein."
An gleicher Stelle ebenfalls im STANDARD beurteilt Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, die Vorgänge deutlich anders. Er beklagt vor allem den "Kampagnencharakter", dem die documenta ausgeliefert worden sei und beschreibt die dahinterliegenden Interessen wie folgt:
"Ich glaube, die Kampagne speiste sich aus unterschiedlichen Motiven. Eines davon besteht darin, dass die Springer-Presse seit vielen Jahren versucht, Antisemitismus als ein linkes Problem darzustellen. Und dies gegen alle Fakten: Das Gros antisemitischer Gewalt kommt immer noch von rechts. Das zweite Motiv besteht darin, dass man das tiefsitzende Misstrauen in Europa gegen Migranten zu einem hehren Abwehrkampf gegen Antisemitismus erklären kann. Der eigene Antisemitismus wird dadurch heruntergespielt. Und mit der eigenen kolonialen und postkolonialen Geschichte, zum Beispiel der westlichen Beteiligung am Genozid in Indonesien, der das eigentliche Thema von Taring Padi ist, damit will man sich schon gar nicht beschäftigen."
Ganz anders Thomas Schmid auf seinem BLOG in der WELT. Er wirft den Verantwortlichen vor, nach dem alten Motto "nichts sehen, nichts hören, nichts sagen" gehandelt zu haben: "Eine derart hartleibige und selbstherrliche Diskursverweigerung gab es in Deutschland schon lange nicht mehr. Selten ist in so kurzer Zeit so viel kulturelles Kapital verbrannt worden". Im Blick auf den gleichwohl hohen Besucherstrom, den die documenta erlebte, zieht er folgendes Fazit:
"Das ist die eigentlich niederschmetternde Botschaft, die von dieser Documenta ausgeht: Die meisten Besucherinnen und Besucher genossen ihre angebliche Unschuld der späten Geburt, haben sich von dem intellektuellen Gezeter über die Schau nicht beeindrucken lassen und die Kita-Atmosphäre der Ausstellung in vollen Zügen genossen. Vermutlich repräsentieren sie die Mehrheit der Bevölkerung. Es siegte das gesunde antiwestliche Volksempfinden vieler saturierter Westler über ein paar Bedenkenträger, die meinen, sich noch immer über ein paar Hakennasen, Schläfchenlocken und SS-Runen aufregen zu müssen."
Und in der BERLINER ZEITUNG stellt Harry Nutt in seinem Resüme abschließend fest:
"Die Fragen, in welchem Verhältnis Antisemitismus und Rassismus zueinander stehen und ob das Gedenken an den Zivilisationsbruch des Holocaust sich in Konkurrenz zu kolonialistischen Gewalterfahrungen befindet, sind nicht mehr nur Gegenstand von Historikertreffen, sondern werden mit aktivistischer Verve auch innerhalb staatlich geförderter Institutionen ausgetragen. Nicht wenige scheinen dabei bereit, die Gefahr des Antisemitismus, über die lange gesellschaftlicher Konsens im Sinne eines Nie-wieder herrschte, als Spielmarke mit geringem Wert über den Tresen des Debatten-Kasinos zu schieben. Verschärft werden die Auseinandersetzungen durch eine auffällige Fixierung auf Israel als zu bekämpfenden Dämon. Hinsichtlich der Artikulation eines Bedürfnisses nach kultureller Empfindsamkeit war die Documenta Fifteen ein paradoxes Lehrstück, das leider keine Anleitung mitgeliefert hat, wie ideologische Ketten abzustreifen seien."
Die Links zum Thema in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

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Der seit über 50 Jahren als Professor an der Harvard University lehrende Ökonom Benjamin M. Friedman ist in erster Linie ein weltweit anerkannter Experte für Geldpolitik. Zeitlebens jedoch zielen seine Interessen auch auf unterschiedliche Disziplinen wie die Philosophie, die Geschichte und die Religion. In seinem 2005 veröffentlichten Buch «The Moral Consequences of Economic Growth» vertritt Friedman etwa die These, dass wirtschaftliches Wachstum nicht nur materielle Vorteile bringe, sondern auch die Toleranz einer Gesellschaft stärke. Und in seinem 2021 erschienenen Werk «Religion and the Rise of Capitalism» zeigt er, wie religiöses Denken die klassische Ökonomie seit ihren Anfängen geprägt hat. In einem Interview mit der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG spricht er u.a. über den Einfluss von Religion und Glauben auf die wirtschaftliche Prosperität eines Landes. Im Blick auf die USA, wo eine Mehrheit bekennt, dass Religion eine grosse Rolle in ihrem Leben spiele, wird er gefragt, ob dies zum Vor- oder Nachteil der USA sei. In seiner Antwort kritisiert Friedman, dass die "zunehmende Zersplitterung der amerikanischen Politik entlang religiöser Linien" ungesund sei und beschreibt die Folgen daraus so:
"Die Leute sind nicht länger zu Kompromissen bereit. Sie weigern sich, Fakten und Beweise zu akzeptieren. Wer über politische Programme streitet, sollte dies evidenzbasiert tun. Man sollte schauen, was in der Vergangenheit funktioniert hat und was nicht. Doch wenn jemand aus religiösen Gründen gegen etwas ist, dann spielt für ihn oder für sie die Evidenz schlicht keine Rolle mehr. Das ist destruktiv in einem politischen Kontext. Und genau das findet derzeit in den USA statt."
Der Link dazu in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Der pietistische Gnadauer Gemeinschaftsverband ist ein freies Werk innerhalb der evangelischen Kirche. Mit fast 100 Verbänden, Mitgliedswerken, Diakonissen-Mutterhäusern und theologischen Ausbildungsstätten ist er nach eigenen Angaben die größte eigenständige Bewegung innerhalb der EKD. Seine Ursprünge reichen bis in das Jahr 1888 zurück. Nun hat er, wie ein Beitrag auf dem Portal JESUS.de berichtet, in seiner ersten Erklärung zum Verhältnis von Christen und Juden die Judenmission abgelehnt. „Alle Bemühungen, Juden zum Religionswechsel zu bewegen“ würden unterlassen, heißt es in der Erklärung des Gemeinschaftsverbandes, die in der vergangenen Woche von der Mitgliederversammlung verabschiedet wurde. In diesem Punkt folgt der Verband der Linie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Gleichzeitig betont der evangelikale Verband seine Solidarität mit „messianischen Juden“, also Juden, die an Jesus Christus als den Messias glauben: "Gnadauer Verband: „Nein“ zur Judenmission"
Der Link zum Beitrag in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Nach 21 Jahren intensiver Forschungs- und Lehrtätigkeit am Lehrstuhl für Judaistik der Theologischen und kulturwissenschaftlichen Fakultäten der Universität Luzern und am Institut für Jüdisch-Christliche Forschung hat sich Professorin Dr. habil. Verena Lenzen am 22. September 2022 mit einer klassischen Vorlesung zum ostjüdischen Chassidismus verabschiedet, wie einem Beitrag auf dem schweizer Portal KATH.ch zu entnehmen ist. Geboren 1957 in Eschweiler bei Aachen studierte Frau Lenzen Literatur und Philosophie, Katholische Theologie und Judaistik an den Universitäten Köln und Bonn. Sie promovierte mit einer Arbeit über «Selbsttötung. Ein philosophisch-theologischer Diskurs mit einer Fallstudie» (1987) und wurde habilitiert aufgrund einer Arbeit zum Thema «Jüdisches Leben und Sterben im Namen Gottes» (1995). Minutenlange standing ovations bei ihrer Verabschieden waren Zeichen der anerkennenden Wertschätzung und des Dankes für ihren unermüdlichen Einsatz im christlich-jüdischen Dialog: "Stephan Leimgruber würdigt Verena Lenzen".
Der Link zum Bericht in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Paradiesjungfrauen und Höllenfeuer: Vorstellungen vom Jenseits haben islamische Mystiker zu Gedichten inspiriert und werden als Motivation für Selbstmordattentäter missbraucht. Doch was sagen die islamischen Quellen zu Himmel und Hölle? Nabila Abdel Aziz gibt in einem Beitrag für DEUTSCHLANDRADIO einen Überblick zum Jenseitsglauben im Islam, bei dem auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Judentum und Christentum deutlich werden: "Himmel und Hölle im Wandel der Zeiten".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

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Zur Aufarbeitung der Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam hat die beauftragte Rechtsanwaltskanzlei bislang 75 Interviews geführt. Das teilte der Zentralrat der Juden in Deutschland am Mittwoch in Berlin mit als Zwischenstand der von ihm in Auftrag gegebenen Untersuchung.
Mehr dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Die Liberale Jüdische Gemeinde Hamburgs kritisiert, dass ihre Belange beim Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge nicht genügend berücksichtigt würden. Sie befürchten eine einseitige Förderung der orthodoxen Jüdischen Gemeinde. Bei einer Pressekonferenz am Freitag erklärte der Vorstand der Liberalen Jüdischen Gemeinde, dass sie im Vorwege der Machbarkeitsstudie zum Wiederaufbau der Synagoge ihre Raumbedürfnisse mitgeteilt hätten, diese jedoch nicht wahrgenommen worden seien. Sie fordern unter anderem eine Gleichstellung mit der Jüdischen Gemeinde und ein eigenes Gemeindezentrum, wie Alexander Diehl für die TAZ berichtet: "Innerjüdische Debatte in Hamburg: Liberale fordern mehr Respekt".
Der Link zum Bericht in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

An der Peripherie des österreichisch-ungarischen Grossreiches entstand um die Jahrhundertwende Weltliteratur. Die Träger der deutschsprachigen Kultur waren hauptsächlich Juden. Und obwohl viele Autoren auch des Ukrainischen, des Polnischen oder des Jiddischen mächtig waren, entschieden sich einige, auf Deutsch zu schreiben. So auch die 1901 als Tochter einer jüdischen Familie in Czernowitz geborene Rose Ausländer. Sie überlebte den Zweiten Weltkrieg im Czernowitzer Ghetto, wo sie Paul Celan kennenlernte. Sie hatte ihr Leben lang Gedichte geschrieben, berühmt aber wurde sie erst, nachdem sie in Düsseldorf ins Altersheim umgezogen war. Andreas Kilcher widmet ihr in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG ein ebenso informatives wie berührendes Porträt: "Die Czernowitzer Dichterin Rose Ausländer überlebte den Holocaust und schuf ein grosses lyrisches Werk".
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Shelly Kupferberg, geboren 1974 in Tel Aviv, ist in Westberlin aufgewachsen und hat Publizistik, Theater- und Musikwissenschaften studiert. Sie ist Journalistin und moderiert für ›Deutschlandfunk Kultur‹ und ›RBB Kultur‹ diverse Sendungen zu Kultur und Gesellschaft. Nun hat sie mit "Isidor. Ein jüdisches Leben" ihr erstes längeres Prosawerk publiziert und damit die Ergebnisse einer intensiven Suche nach Spuren ihres Wiener Urgroßonkels und seiner jüdischen Familie vorgelegt. Sie schildert den Aufstieg von Dr. Isidor Geller zum Kommerzialrat, Berater des österreichischen Staates, Multimillionär, Opernfreund und Kunstsammler. Ein weiter Weg, den er aus dem hintersten, ärmlichsten Winkel Galiziens zurückgelegt hat, vom Schtetl in die obersten Kreise Wiens. Ihm kann keiner etwas anhaben, denkt er, und schon gar nicht diese vulgären Nationalsozialisten...  Anne Amend-Söchting stellt die "romaneske Biographie" für LITERATURKRITIK näher vor: "Ästhetik vs. Bestialität".
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

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Die Radikalisierung der Republikanischen Partei in den Vereinigten Staaten von Amerika ist in den vergangenen Jahren mit atem­beraubender Geschwindigkeit vorangeschritten. Eine nicht unwesentliche Rolle spielten dabei christlich-fundamentalistische Kreise, die einen "christlichen Faschismus" verbreiten. So die Historikerin und Konfliktforscherin Annika Brockschmidt («Amerikas Gottes­krieger. Wie die Religiöse Rechte die Demokratie gefährdet», Hamburg 2021) und der an der Grand View University in Iowa lehrenden Historiker Thomas Lcaque in einem ebenso verstörenden wie erschreckenden Beitrag für das schweizer Magazin DIE REPUBLIK: "Sie kämpfen für einen Gottesstaat USA". Ausführlich schildern sie den Aufstieg dieses "christlichen Faschismus" und er hinter ihm stehenden Kräfte u.a. am Beispiel des republikanischen Kandidaten für den Gouverneursposten in Pennsylvania Doug Mastriano:
"Mastrianos Welt ist geprägt von der Idee einer christlichen Vorherrschaft, von Gewalt, offenem Faschismus und weissem christlichem Nationalismus. Hinter Letzterem verbirgt sich die Vorstellung, dass das Land von weissen Christen für weisse Christen gegründet worden sei und diese Bevölkerungsgruppe deshalb auch über die politischen und kulturellen Geschicke der Nation zu entscheiden habe."
Der Link zu dem unbedingt lesenswerten Beitrag in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

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Der in Deutschland lebende und arbeitende arabische Israeli Ahmed Mansour ist durch seine kritischen Deutungen des „politischen Islam“ und der Integrationsprobleme medial breiter bekannt geworden. In seinem jüngsten Buch „Operation Allah – Wie der politische Islam unsere Demokratie unterwandern will“ finden sich seine neuesten Reflexionen zum Thema. Er enthält zwar keine systematischen Abhandlungen, aber interessante Betrachtungen, welche größere Aufmerksamkeit und Diskussion verdienen, meint Armin Pfahl-Traughber, der das Buch für HAGALIL gelesen hat: "Ahmad Mansours Reflexionen über den 'politischen Islam'“.
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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EDITORIAL HIGHLIGHTS

28. September 2022

 * Premier Lapid ist für Palästinenserstaat ... mehr

 * Diese Parteien wollen in die Knesset ...
mehr
 
 * Ultraorthodoxe sind die glücklichsten Menschen in Israel ... mehr
 
 * Großbritannien und der Nahostkonflikt ... mehr
 
 * Mehr Archive zu NS-Krankenakten an Krankenhäusern gefordert ...
mehr
 
 * Schlafen, wo eins Häftlinge untergebracht waren? ...
mehr
 
 * NS-Verfolgte in der Ukraine vom Elend des Krieges eingeholt ...
mehr
 
 * „Es hätte auch ganz anders kommen können“ ... mehr
 
 * Judenhass mit System - Post-Schoah-Antisemitismus in Bayern ...
mehr
 
 * "Die antisemitischen Lügen der Fachidioten – es reicht!" ...
mehr
 
 * Documenta-Bilanz: Verletzungen auf allen Seiten ... mehr
 
 * «Die Zersplitterung der amerikanischen Politik entlang religiöser Linien ist ungesund» ...
mehr
 
 * Gnadauer Verband: „Nein“ zur Judenmission ...
mehr
 
 * Stephan Leimgruber würdigt Verena Lenzen ...
mehr
 
 * Himmel und Hölle im Wandel der Zeiten ... mehr
 
 * Neues zur Aufarbeitung der Vorwürfe im Abraham-Geiger-Kolleg ...
mehr
 
 * Hamburgs jüdische Liberale fordern mehr Respekt ...
mehr
 
 * Die Czernowitzer Dichterin Rose Ausländer ...
mehr
 
 * Shelly Kupferbergs "Isidor" ... mehr
 
 * Sie kämpfen für einen Gottesstaat USA ... mehr
 
 * Buch-Tipp: Ahmed Mansour - Operation Allah ... mehr
 
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ACHTUNG: Die nächste Tagesausgabe erscheint am Mittwoch, 05. Oktober 2022.