ACHTUNG:
Die nächste tagesaktuelle Ausgabe erfolgt am Donnerstag, 04. Oktober 2012.

Guten Tag!
Mit gemischten Gefühlen wurde selbst in Israel der Auftritt von Benjamin Netanjahu vor der UN-Generalversammlung aufgenommen, wie Ulrich W. Sahm für ISRAELNETZ berichtet. Israels Premierminister hatte während seiner Ansprache die Abbildung einer Atombombe auf einem großen Karton hervorgeholt, um der Welt die Fortschritte des iranischen Atomprogramms bildhaft darzustellen. Mit einem dicken Filzstift malte er schließlich eine „rote Linie“ zwischen der Anreicherung von Uran und der Entwicklung eines Zünders. Weitere Einzelheiten und Hintergründe sind in in einigen Berichten zu lesen.
Die Links dazu in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.
Angesichts hoher Arbeitslosigkeit, einem riesigen Budgetloch, und ständig verspäteter Lohnzahlungen an Beamte sucht die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) in Ramallah vergeblich nach einem Rettungsseil. Selbst 1,1 Milliarden US-Dollar an Auslandshilfe werden dieses Jahr nicht ausreichen, schreibt Andreas Hackl im österreichischen STANDARD und macht deutlich, dass die Verantwortung für dieses Debakel nicht allein an der israelischen Besatzung festzumachen ist, sondern auch an der Autonomiebehörde selbst und fragt, wie korrupt die palästinensische Politik ist:
"Korruption äußert sich in vielen Ebenen der Autonomiebehörde. Da sind einmal die unzähligen sündteuren Geländefahrzeuge, die als Dienstwagen von Beamten der PA auch gerne privat gefahren werden. Der Preis eines Exemplars übersteigt das Jahreseinkommen eines Durchschnittspalästinensers um ein Vielfaches. Dann gibt es tausende sogenannte Geisterarbeiter, die weiterhin bezahlt werden, aber eigentlich nicht mehr für die PA arbeiten."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.
Der israelische Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, warnt im Interview mit DEUTSCHLANDRADIO vor einem nuklear bewaffneten Iran. Die USA, Israel - und auch Deutschland - seien sich einig, dass man diese Bedrohung vermeiden müsse. Allein über die Taktik gebe es "unterschiedliche Meinungen". Gleichwohl, so sagt er mit Nachdruck: "Dieses Problem ist eines der ganzen Welt".
Der Link zum Interview in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.
Reinhold Robbe, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, beklagt im Interview mit dem TAGESSPIEGEL, dass die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern zwar gut sind, aber die Zivilgesellschaften zu wenig voneinander wissen. Auf die Frage, wie dies zu ändern sei, sagt er u.a.:
"Indem man die Beziehungen zwischen beiden Staaten nicht auf die Diplomatie reduziert, auf Begegnungen von Angela Merkel und Benjamin Netanjahu oder Joachim Gauck und Schimon Peres. Wir müssen uns darum bemühen, die Zivilgesellschaften viel stärker miteinander zu verbinden, die Menschen müssen sich begegnen."
Der Link zum Interview in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.
Hubert Fritzenwallner aus St. Veit (Pongau) hatte als Hüttenwirt bis vor kurzem einen sehr sensiblen Job. Das Friesenberghaus im Tiroler Zillertal ist die einzige Hütte des Deutschen Alpenvereins, die von einer mehrheitlich jüdischen Sektion erbaut wurde. Viele der Pioniere starben im Holocaust. Fritzenwallner hat sich als Hüttenwirt in den letzten 17 Jahren bemüht, die Erinnerung an diese traurigen Geschichten wachzuhalten - nicht nur im Zillertal: Die meisten der deutschen Berg- und Tourismuspioniere jüdischen Glaubens (vorwiegend aus Berlin) starben bis 1945 in Gaskammern der Vernichtungslager Himmlers oder durch andere Methoden des nationalsozialistischen Massenmordes. Gerald Lehner porträtiert den geschichtsbewußten Hüttenwirt auf den Seiten des ORF und macht dabei mit einer Geschichte vertraut, von der nur wenige etwas wissen: "Holocaust & Bergsteigen: Hüter der Erinnerung".
Der Link dazu in der Rubrik VERGANGENHEIT...
Im TAGESSPIEGEL meldet sich Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, zu Wort und spricht vor dem Hintergrund jüngster antisemitischer Gewalttaten über ein "Klima der Angst" unter Juden, über muslimischen Antisemitismus und ihre Erwartungen an die deutschen Sicherheitsbehörden. Im Blick auf die Beschneidungsdebatte sagt sie:
"Im Rahmen der Beschneidungsdebatte kamen nun Argumentationsmuster zum Vorschein, anhand derer einige leidenschaftliche Protagonisten sich am Judentum unmittelbar reiben beziehungsweise abarbeiten konnten – ohne das Vehikel Israel. Was wir in diesem Zusammenhang in den letzten Wochen an Anfeindungen erleben mussten, hätte ich mir so vorher in meinen kühnsten Albträumen nicht vorgestellt."
Der Link zum Interview in der Rubrik ANTISEMITISMUS.
Knapp ein halbes Jahr nach seinem israelkritischen Gedicht "Was gesagt werden muss" liefert Günter Grass (84) erneut Zündstoff für politische Kontroversen mit Israel. In seinem neuen Gedichtband "Eintagsfliegen" lobt Grass in einem Gedicht den wegen Spionage zu 18 Jahren Haftstrafe verurteilten israelischen Nukleartechniker Mordechai Vanunu als "Held" und "Vorbild". Der Band kam am Wochenende in den Buchhandel. Aus Israel kam bereits Kritik an Grass: „Dieses kleine Werk ist sicherlich kein Schiller und kein Rilke, aber angesichts der früheren Ansichten von Grass ist es immerhin erfrischend, dass wohl zumindest ein Israeli (Vanunu) Gnade vor seinen Augen findet“, erklärte Jigal Palmor, Sprecher des israelischen Außenministeriums, mit offensichtlich ironischem Unterton im Hinblick auf das neue Gedicht von Günter Grass. Seine ganz eigene Sichtweise auf die neuesten lyrischen Eskapaden des Großdichters teilt Henryk M. Broder in der WELT mit, wo er u.a. schreibt:
"Günter Grass stichelt in einem Gedichtband erneut gegen Israel. Erste Zitate aus dem Buch legen den Verdacht nahe: Grass dichtet, weil er zu alt oder zu faul ist, ordentliche Texte zu schreiben. ... Anonym eingesandt würde so etwas nicht einmal die Dinkelsbühler Zeitung abdrucken, aber wenn es unter dem Markennamen "Grass" daherkommt, bekommen die Kritiker weiche Knie – und wenn es nur Eintagsfliegen sind, die tot zu Boden fallen."
Links zu Berichten und Kommentaren zum Thema in der Rubrik ANTISEMITISMUS.
Auch nach knapp einem halben Jahr oft lautstarker Dauerdebatte ist zur religiösen Beschneidung längst nicht alles gesagt – schon gar nicht alles Interessante. Diesen Eindruck konnte bekommen, wer sich durch den Termin am Freitag nicht abschrecken ließ und einem längeren „Fachgespräch“ lauschte, mit dem sich die Grünen-Bundestagsfraktion bei geladenen Juristen, Historikern, Medizinern und einer Psychotherapeutin schlauerfragte und über deren Verlauf der TAGESSPIEGEL und DOMRADIO berichten. Ebenfalls im DOMRADIO ist ein Interview mit dem evangelischen Präsidenten des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit Ricklef Münnich zu lesen. Münnich beklagt insgesamt eine zunehmende "Front gegen die Religionen" und stellt fest:
"Wie dieses Nebenthema der Beschneidung nun schon seit einem Viertel Jahr die öffentliche Debatte ausfüllt, ist nicht nachzuvollziehen. Wurde schon mal in ähnlicher Weise über körperbezogene Entscheidungen der Eltern für ihre Kinder gesprochen? Bei Schönheitsoperationen? Bei dem schweren Thema der Geschlechtszuweisung bei Intersexualität? Das sind viel tiefer greifende Themen, die aber niemanden stören. Es geht bei diesem vergleichsweise kleinen Eingriff um tiefe Dimensionen, bei denen inzwischen durchaus Judenfeindschaft und Antisemitismus eine große Rolle spielen. Schon deswegen haben die Kirchen hier an der Seite der Juden in Deutschland zu stehen. Hier geht es um jüdische Existenz in Deutschland. Nicht mehr und nicht weniger."
Von einer interessanten Podiumsdiskussion zum Thema in Köln berichtet schließlich Harald Stücker im HUMANISTISCHEN PRESSEDIENST. Neben dem gastgebenden Pfarrer Johannes Mann waren u.a. auf dem Podium die Muslima Grit Nickel, der ehemaliger Oberarzt am Jüdischen Krankenhaus in Berlin Dr. Fellmann und der Strafrechtler Holm Putzke vertreten, der als Gutachter eine maßgebliche Rolle im Kölner Beschneidungsurteil spielte. Putzke, der mit seiner Haltung auf dem Podium recht alleine da stand, wußte sich offenbar schlagfertig zu verteidigen. Auf die empörte Frage von Parrer Mann „Wo kommen wir denn hin, wenn Gerichte entscheiden, was Religionen dürfen?!“ antwortete Putzke: „Wo wir hinkommen? Ich sage: Wir kommen direkt in den Rechtsstaat, da landen wir.“ Ein weiterer interessanter Aspekt, den der Berichterstatter Stücker mitteilt, ist vielleicht dies noch:
"Interessanterweise entdecken auch die Gläubigen in dieser Debatte die Vorzüge der säkularen Prinzipien. Denn auch der monotheistische Schulterschluss ist nur um den Preis zu haben, dass die religiösen Inhalte zurückgehalten werden. Der Streit um das Beschneidungsritual war einmal ein erbitterter religiöser Streit, inzwischen müssen die alten Streithähne koalieren, um gegen einen mächtigeren Feind zu kämpfen. Christen, Juden und Muslime müssen von ihren Inhalten abstrahieren, um diese gemeinsame Front überhaupt bilden zu können, die jetzt offenbar so erfolgreich war."
Die Links zum Thema in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
Eigentlich wollte Hikmet Gökdemir weiter als Fußball-Jugendtrainer bei Hannover 96 arbeiten. Jetzt ist er aber einer der ersten Muslime, die in Niedersachsen Islam an einer weiterführenden Schule unterrichten: Gökdemir, 47, hat Islamische Religionspädagogik an der Universität Osnabrück studiert und wird ab Oktober das neue Schulfach Islam an der evangelischen Integrierten Gesamtschule Wunstorf unterrichten. Die TAZ hat ihn zu seinen Ansichten über Sport und Religion befragt: "Das Schicksal wollte es so".
Der Link zum Interview in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
Noch einmal das Thema Beschneidung, aber doch ganz anders: Am 12. September 2012 erschien in der Tageszeitung "The New York Sun" ein Editorial, das sich mit „der größten Bedrohung für tiefreligiöse Juden“ beschäftigt, ausgerechnet in New York, der größten jüdischen Stadt der Welt, ausgerechnet durch deren Oberbürgermeister Michael Bloomberg, einen Juden, und ausgerechnet beim Thema Beschneidung. Freilich geht es nicht um das Ritual als solches, sondern nur um einen bestimmten Teil davon, der in einigen ultraorthodoxen Gemeinden praktiziert wird. Malte Lehming schildert die Hintergründe der amerikanischen Beschneidungsdebatte in CICERO: "Glaube, Kinder, Eltern, Vorhaut"
Der Link zur Reportage in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
In einem klugen, sehr persönlichen und sehr bewegenden Beitrag in der JÜDISCHEN ALLGEMEINEN WOCHENZEITUNG reflektiert der kürzlich mit seiner Tochter in Berlin tätlich angegriffene Rabbiner Daniel Alter über die Frage von Reue und Vergebung, jüdische Ideale und jüdische Existenz in Deutschland. Im Blick auf den derzeit immer stärker grassierenden Antisemitismus schreibt er u.a.:
"Im Moment sage ich: Wir leben hier, und wir kämpfen darum, dass sich unsere Situation hier nicht weiter verschlechtert. Wenn aber der Antisemitismus noch unerträglicher und womöglich auch die Beschneidung verboten wird, dann wäre die jüdische Gemeinschaft in einer extrem schwierigen Situation. Und für mich wäre dies der Zeitpunkt, mir die Frage zu stellen, ob ich tatsächlich noch in Deutschland bleiben könnte."
Gleichwohl ermutigt er in ebenso entschiedenen wie bewegenden Worten zu Toleranz und Dialog vor allem zwischen den Religionen:
"Aber ich wiederhole, was ich bereits unmittelbar nach dem Angriff gesagt habe: Mir wurde zwar das Jochbein gebrochen, aber nicht der Wille, mich weiter für den interreligiösen Dialog einzusetzen, für unsere gemeinsamen Ideale von Frieden, Toleranz und Achtung der Menschenwürde."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Vor rund zwei Jahren kam in Ungarn die rechtsnationale Fidesz-Partei von Viktor Orban an die Regierung. Seitdem stehen die Juden des Landes unter Druck. Dennoch bringt eine neue Generation Leben in das alte jüdische Viertel von Budapest, wie Pierre-Christian Fink eindrucksvoll in seiner Reportage für DEUTSCHLANDRADIO schildert: "Jung, jüdisch, ungarisch".
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Der junge Journalist Markus Flohr, der erst jüngst mit seinem erfrischend klugen und humorvolen Buch über seinen einjährigen Aufenthalt in Israel ("Wo samstags immer Sonntag ist") für positive Schlagzeilen sorgte, hat den jüdischen Komiker Oliver Polak, der Gags über Hitler macht und seinem Schäferhund eine SS-Mütze aufsetzt, auf seiner Tour durch Ostdeutschland begleitet. Der Reisebericht im SPIEGEL liefert nicht nur ein Porträt des jüdischen Komikers, sondern gibt zugleich einen Einblick in deutsche und jüdische Befindlichkeiten in diesem Land: "Sie sind Jude? Kann man davon leben?".
Der Link zur Reportage in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Und zu guter Letzt noch einmal Beschneidung, "christliche Variante": In einem italienischen Dorf wurde jahrhundertelang ein "kleiner Hautring" verehrt - es soll die Vorhaut von Jesus sein. Sogar die Faschisten huldigten der Reliquie und tasteten sie nicht an, wie Paul Badde in der WELT schildert: "Das Geheimnis der heiligen Vorhaut Jesu Christi".
Der Link dazu in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.
Fischl Schneersohn (1887-1958) galt als Wunderkind. In Kamenets Podolskij, einer kleinen Stadt in der heutigen Ukraine geboren, kommentierte er bereits mit zehn Jahren den Talmud in der Synagoge. Aber so schnell wie er lernte, so schnell begann er auch an der orthodoxen Lehre zu zweifeln. Schneersohn legte das russische Abitur ab, verließ Starodub, begann 1905 in Berlin Medizin zu studieren - und schrieb. Sein in Jiddisch verfasster, jetzt erstmals auf Deutsch vorliegender Roman »Grenadierstraße«, ist tief geprägt von den eigenen Auseinandersetzungen mit Religion und Tradition, wie Fokke Joel in der Rezension für DEUTSCHLANDRADIO erläutert: "Panorama jüdischen Lebens".
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.
Einen angenehmen Tag und eine gute Woche wünscht
Dr. Christoph Münz
redaktion@compass-infodienst.de
(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)

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