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ISSN 1612-7331
31.03.2016 - Nr. 1630
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Margot Käßmann und der Terror



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Das Kreuz und der Terror

Ein Augenzeuge in Brüssel berichtete unmittelbar nach dem Entkommen aus der Metro von einer Frau, der ein Bein abgerissen wurde. Derart schwerverletzt suchte sie in der zerstörten U-Bahn nach ihrer kleinen Tochter. Auf allen Fernsehkanälen der Welt sprach der unter Schock stehende weinende Mann von der Liebe dieser Mutter und erreichte die Herzen der ganzen Welt.

Ob auch das Herz Margot Käßmanns darunter war? Die frühere EKD-Ratspräsidentin hat in „Bild“ dazu aufgerufen, Terror mit Liebe zu begegnen. Offensichtlich meint sie eine andere Liebe als die der sterbenden Mutter, dessen letzte Sorge ihrem Kind galt.

Den Terroristen ist also schon Liebe vorgezeigt worden – sofort und an Ort und Stelle sowie der ganzen Welt. Es wird sie wohl kaum beeindrucken. Und davon wird auch diese liebevollste Mutter nicht mehr lebendig. Sie ist ihren Verletzungen erlegen. Wenigstens in diesen Zeilen soll ihre Erinnerung zum Segen sein. Sie bleibt ein Vorbild an Liebe.

Frau Käßmann redet wohl von einer anderen Liebe. Oder von sich. „Als Christin bin ich fest davon überzeugt“, so Käßmann, „dass, wer den Kreislauf der Gewalt durchbricht, am Ende der Mächtigere ist“. Das ist nichts anderes als christlicher Triumphalismus: mein Glaube ist mächtiger als dein Glaube! Wie zur Bestätigung setzt sie eins drauf: „Jesus wurde unvergesslich, weil er am Kreuz starb und nicht zum Schwert griff“.  Im Umkehrschluss sagt sie damit: es sind die anderen, die zum Schwert greifen. Im Klartext: hier der Islam im Besonderen; alles Nicht-Christliche im Allgemeinen.

Das ist ein pauschaler Angriff auf alles, was nicht christlich ist. Nicht gerade lieb. Das ist weder Nächsten- noch Feindesliebe – das ist ihre Pervertierung. Mittelalterliche Theologie der Verachtung. Von einer prominenten deutschen Theologin. Dieser Angriff stellt im Kern eine Gewalttat dar - im Namen der Gewaltlosigkeit.

Käßmann beruft sich nicht nur auf die christliche Feindesliebe in ihrem Kreuzzug.  Aus dem Arsenal des Gutmenschentums heraus bemüht sie auch den Pazifismus eines Gandhi - Anlass genug, hier daran zu erinnern, dass Gandhi an seinen „Dear Friend“ Adolf Hitler geschrieben hat mit der Bitte, den Krieg doch netterweise zu unterlassen. Was diese Bitte nutzte, sei Frau Käßmann ins Stammbuch geschrieben, genauso wie die Aufforderung Gandhis an die Briten, sich den Nazis gewaltlos zu ergeben. Gandhi hat auch uns Juden dazu aufgefordert, für Hitler zu beten und sich töten zu lassen als Zeichen gegen die Gewalt.

Käßmann greift nicht zum Schwert - dennoch führt sie einen Kreuzzug. Genau diese Haltung ist Öl im Feuer der Islamisten, die überall einen Kreuzzug sehen, der immer „am Ende der Mächtigere ist“. Die populistische Theologin und ihr Kreuzzug einerseits und die Islamisten mit ihrem Dschihad andererseits stehen auf dem gleichen unmoralischen Boden eines  Glaubenskriegs. Leider sind die Betrachter dieser Obszönität im Namen des Glaubens keine unbeteiligten Dritte – beim nächsten Anschlag kann es wieder jeden treffen.

Wäre Margot Käßmann in der Brüsseler Metro gewesen, und hätte sie überlebt, vielleicht wäre ihr die Frau aufgefallen, die uns allen echte Liebe zeigte. Vielleicht.

Rabbiner Andrew Aryeh Steiman

(Mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Eine gekürzte Fassung dieses Kommentars ist in der jüngsten Ausgabe
der "Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung" erschienen, siehe:
http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/25074
)


Margot Käßmann und der Terror



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