Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331
28.04.2021 - Nr. 1947

„Der ,normale Unterricht‘ bei der Flak war natürlich seltsam“



Diese Rekordmaschine wurde zum „Superjäger“ der Nazis



Von Florian Stark | Bereits in jungen Jahren stieg Friedrich Wendel zum Chefpiloten der Messerschmitt-Werke auf. 1939 stellte er mit der Me 209 einen Weltrekord auf, der 30 Jahre lang halten sollte. Die NS-Propaganda benannte die Maschine jedoch um... 

„Der ,normale Unterricht‘ bei der Flak war natürlich seltsam“



Von Sven Felix Kellerhoff | In der Debatte über Prüfungen unter Corona-Bedingungen fällt schnell das Wort vom „Notabitur“. Das hat es im Zweiten Weltkrieg gegeben, allerdings unter gänzlich anderen Bedingungen, wie sich Hans-Dietrich Genscher erinnerte...

"Eine Familie unterm Hakenkreuz": Doku auf Arte über eine ganz besondere Ehe

[DER STANDARD (Österreich)]
Der Film auf Arte am Donnerstag Einblicke in eine ungewöhnliche Familiengeschichte. Bis Ende Juli ist er online verfügbar...

Gedenkakt in Flossenbürg: Steinbruch wird Teil der KZ-Gedenkstätte



Zum 76. Jahrestag der Befreiung des KZ ist der Schoa-Opfer gedacht worden...

Kleines Institut mit großer Wirkung

[HAGALIL]
Von Alexander Schmidt | Das „Nürnberger Institut für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts“, kurz NURINST, kann dieses Jahr zwanzigsten Geburtstag feiern...

Vor 100 Jahren wurde NS-Widerstandskämpferin Sophie Scholl geboren



Am 9. Mai jährt sich der Geburtstag von Sophie Scholl zum 100. Mal. Die Studentin und Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus wurde am 22. Februar 1943 gemeinsam mit ihrem Bruder Hans und Christoph Probst wegen ihres Einsatzes in der Widerstandsgruppe "Weiße Rose" zum Tode verurteilt und hingerichtet...




Die Kunstschätze der Nazi-Elite



Von Stefan Koldehoff | Die NS-Elite sammelte zwischen 1933 und 1945 massenweise Kunst, die sie bei ihren Enteignungen zusammentrug. Was mit diesen Kunstwerken nach 1945 geschah – darüber wurde bislang wenig geforscht. Die neue Studie des Historikers Johannes Gramlich leistet für diese Frage Pionierarbeit...




Graphic-Novel über junge Französin im Widerstand 1944 und ihre Deportation in deutsche Konzentrationslager

Das Buch mit dem Titel "Die Geschichte von Francine R." von Boris Golzio ist jetzt im Berliner Avant-Verlag erschienen.

Von Andreas Rehnolt



Berlin - 18 Jahre nach dem Tod der Französin Francine R. im Jahr 2003 ist jetzt im Berliner Avant-Verlag eine Graphic-Novel erschienen. Das 132seitige Buch erzählt in Zeichnungen und Texten vom Engagement der jungen Frau in der Résistance gegen die deutschen Besatzer in der Region le Roannais 1944, von ihrer Deportation in verschiedene deutsche Arbeits- und Konzentrationslager durch die Nationalsozialisten und schließlich von ihrer Befreiung aus dem KZ Ravensbrück im April 1945 und ihrer Rückkehr in die Heimat. Geschrieben und gezeichnet hat die Graphic-Novel Boris Golzio nach langen und intensiven Gesprächen mit Francine R., mit der er entfernt verwandt war.

Francine und ihre Schwester Marie-Louise waren Verbindungsleute, die die Mitglieder der Widerstandsbewegung unter anderem über Kollaborateure und Aktionen der Deutschen zu bevorstehenden Hausdurchsuchungen und Verhaftungen informierten. Eines Tages fuhren LKWs vor und die deutschen verhafteten die beiden jungen Frauen. Zuächst kamen sie in französische Gefängnisse oder Kasernen, wo sie von der Gestapo verhört, geschlagen und gefoltert wurden. Die Graphic-Novelle informiert neben den Erinnerungen von Francine auch über die einzelnen Aufenthaltsorte, die Art der Unterbringung und die Behandlung der Verhafteten. Schließlich kommen die beiden Schwestern als Gefangene auch nach Paris.

In Viehwaggons gepfercht geht es mit hunderten anderer gefangener Frauen vom Gare de l'Est der französischen Metropole schließlich ins KZ Ravensbrück. Auf dem Bahnsteig dort Schäferhunde, Gewehre und Gewalt. Hier werden sie eingeteilt in die Kategorien Politische Häftlinge wie Francine, Kriminelle, Juden, Zeugen Jehovas, Zigeuner und vermeintlich "Asoziale". Ihre Sträflingsjacken trugen die entsprechende Markierung. Francine musste tote Mithäftlinge entkleiden, die Leichen auch zu den Verbrennungsöfen bringen. Es gab ohne Grund Schläge von den meist weiblichen Aufseherinnen oder dem Wachpersonal. In Ravensbrück trennen die Deutschen die beiden Schwestern.

Francine stand bereits in der Reihe der Frauen, die zur Vergasung ausgesucht worden waren. Und wurde doch wieder herausgewunken. Jetzt war sie über viele Wochen wie viele andere Frauen und Mädchen "Versuchskaninchen" für medizinische Versuche im KZ. Unter anderem gab es "Spritzen in den Rücken, in die Schulter, wir haben nie werfahren, was sie uns spritzten. Ich bin davon unfruchtbar geworden," so Francine. Dann wurde sie ins KZ Watenstedt/Leinde gebracht, wo sie Zeugin unglaublicher Foltermethoden wurde. Dazu kam das knappe Essen oder auch Essensentzug. In den Reichswerken Hermann Göring in Braunschweig arbeitete die junge Französin 12 Stunden pro Tag und sieben Tage in der Woche an einer Maschine für die Waffenproduktion.

Hier sorgte sie durch Sabotage dafür, dass "ihre" Maschine häufig Fehlteile herstellte, die nicht brauchbar waren. Francine berichtet von Solidarität der anderen weiblichen Häftlinge, aber auch von Provokationen etwa von polnischen oder russischen Frauen, die ebenfalls bei der Waffenproduktion eingesetzt waren und "überfleissig" gewesen sein sollen. Francine erzählt lobend von einem deutschen Vorarbeiter, der ihre Bestrafung verhinderte und erklärte, die Maschine sei sicherlich schon viel früher von jemand beschädigt worden. "Er war wirklich ein Deutscher, aber wohl keiner von der SS. Auf jeden Fall war er ein deutscher Arbeiter", so Francine.

Golzio erzählt in der überwiegend grau, schwarz und braun bebilderten Leidensgeschichte auch von der Evakuierung des KZ durch das dänische oder schwedische Rote Kreuz. Drei Monate nach ihrer Befreiung kommt Francine in Paris und dann am 15. Juli 1945 in ihrem Wohnort Pouilly-sous-Charlieu an. Da ist sie 22 Jahre alt und auf 33 Kilogramm abgemagert. "Ich weiß nicht, ob ich noch drei Monate durchgehalten hätte, ich glaube nicht," sagt sie am Ende ihrer Erinnerungen, die sie Boris Golzio wenige Jahre vor ihrem Tod erzählt hat. Francine hat übringens hat viele Jahre im Museum der Résistance in Lyon Schülergruppen auf ihrem Weg durch das Museum begleitet und von ihren Erlebnissen in der Zeit der deutschen Besatzung erzählt. Sie starb am 25. März 2003. Ihr Grab befindet sich auf dem Friedhof von Vougy.

(COPYRIGHT: Andreas Rehnolt,
Microtext Journalistenbüro)



Boris Golzio:
"Die Geschichte von Francine R."

Avant-Verlag Berlin 2021

132 Seiten, Hardcovereinband, 24 Euro

Übersetzungen aus dem Französischen von Barbara Hahn,
Katja Fröhlich und Carsten Hinz



informieren/bestellen





Abo-Hinweis

 Die Information, in welchem externen Medium Sie den vollständigen Text kostenfrei lesen können sowie einen Link dorthin ist angemeldeten Abonnenten vorbehalten!
Sie möchten die Information über die Fundstelle inkl. Quellenangabe und Link zum Artikel sehen und nutzen, um den angegebenen Artikel zu lesen?
Dann abonnieren Sie unsere Seiten oder testen Sie uns vorab mit einem kostenfreien Schnupper-Abonnement!
Abo bestellen

Sie sind bereits Abonnent?
Dann melden Sie sich bitte erst mit Ihrem Benutzernamen und Passwort an, um die Fundstelle inkl. Quellenangabe und Link sehen und nutzen zu können!

Anmeldung