Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331
07.04.2021 - Nr. 1943

ACHTUNG:

Die nächste Tagesausgabe erfolgt am Dienstag, 13. April 2021.


Guten Tag!

Nr. 1943 - 07. April 2021



"Ereignisse aus zwei Parallelwelten hielten die Israelis am Montag in Bann. Und in beiden ging es letztlich darum, ob Benjamin Netanjahu, derzeit lediglich amtierender Premier, noch eine politische Zukunft hat. Dass die zwei Termine auf den gleichen Tag fielen, war Zufall. Aber ein dramatischeres Drehbuch hätte man sich nicht mal für eine Seifenoper ausdenken können, hieß es in israelischen Kommentaren." So heißt es in dem Bericht von Inge Günther für die FRANKFURTER RUNDSCHAU, in dem sie über die beginnende heiße Phase des Prozesses gegen Benjamin Netanyahu und zugleich dessen Beauftragung mit einer Regierungsbildung berichtet. Die Entscheidung, Netanjahu das Mandat zur Regierungsbildung zu geben, sei Präsident Rivlin „auf einer moralischen und ethischen Grundlage“ nicht leichtgefallen, schreibt Jochen Stahnke in der FAZ: "Er fürchte um sein Land, so Rivlin, der – anders als in früheren Fällen – seinen Likud-Parteifreund Netanjahu nicht zur Verkündung der Mandatserteilung in seine Residenz geladen hatte." Nun, statt einer Einladung in die Präsidentenresidenz musste Netanyahu am Morgen einer Ladung vor Gericht folgen, wo er wegen Korruption und Machtmissbrauch auf Basis von mehr als 300 Zeugenaussagen angeklagt ist. Kommentar des Premiers: »Gegen mich läuft eine Hexenjagd«.
Links zu alledem in der Rubrik ISRAEL INTERN.

In einer längeren Reportage für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG erläutert Inga Rogg u.a. anhand eines exemplarischen Beispiels Ursachen und Folgen der grassierenden Gewalt in Israels arabischen Gemeinden:
"Die Gewalt in ihren Kommunen brennt den arabischen Israeli schon lange unter den Nägeln. Nach Angaben der Abraham-Initiativen, einer Organisation, die sich für gleiche Rechte und ein friedliches Zusammenleben zwischen Arabern und Juden einsetzt, wurden im vergangenen Jahr 113 Araber Opfer von Morden – ein Anstieg um fast 60 Prozent in drei Jahren. Seit Jahresbeginn hat die Gewalt bereits mehr als zwanzig Tote gefordert. Laut einer Studie der Abraham-Initiativen fürchten mehr als 60 Prozent der Araber um ihre persönliche Sicherheit – fast fünfmal so viele wie unter den Juden. Der Polizei vertrauen gerade einmal 17 Prozent."
Der Link zur Reportage in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Der Erfolg Israels in der Bekämpfung der Corona-Pandemie spiegelt sich auch in einer drastischen Abnahme von Berichten zum Thema in den Medien. Und die wenigen Berichte, die man noch findet, handeln von Themen, die hierzulande noch in weiter Ferne zu sein scheinen: Mike Lingenfelser etwa berichtet für TAGESSCHAU.de vom diesjährigen Boom des Inlandstourismus durch Geimpfte während des kürzlichen Pessach-Festes: "Urlauber-Staus dank grünem Impfpass". Und Steffi Hentschke gibt in einer Reportage für DIE ZEIT eine Antwort auf die Frage, wie sich das Leben nach der Pandemie wohl anfühlen mag. Bis zum Morgengrauen ist sie kürzlich durch volle Clubs und Bars in Tel Aviv gezogen:
"Und nun sitzen wir hier, als wäre nichts gewesen. Es ist tiefe Nacht, ich bin in einer Bar und rühre mit dem Strohhalm in meinem Drink. Körper drücken sich an mir vorbei, Stimmen schreien mir ins Ohr. Zwei Gin Tonic, bitte. Drei Bier, habt ihr Heineken? Kreditkarten werden über den Tresen geschoben, Gläser klirren. Menschen lachen, stoßen an, drücken sich, ehe sie im Nikotinnebel verschwinden. [...] Israel ... ist das Land, von dem nun alle wissen wollen, wie es sich anfühlt, wenn die Normalität zurückkommt. Wenn sich die Theater wieder füllen, die Menschen wieder vor den Clubs dicht gedrängt in der Schlange stehen, um dann drinnen aus derselben Flasche Wasser zu trinken? In dieser Nacht werde ich es herausfinden."
Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Die Shtisels sind zurück, die Fernsehfamilie aus Jerusalem um Rabbi Shulem Shtisel, seine Kinder und seine Enkel. Sie sind ultraorthodoxe Juden, die sich selbst lieber Haredim nennen: Gottesfürchtige. Als die israelische TV-Serie „Shtisel“ vor vier Jahren bei Netflix auftauchte, wurde sie schnell weltweit beliebt. Das Rezept für den Überraschungserfolg: Strenge Religiosität trifft Alltagssorgen. Jetzt ist die dritte Staffel erschienen – mit noch mehr Drama als zuvor. Christian Röther hat sich für DEUTSCHLANDRADIO die neue Staffel schon mal angesehen und spürt dem Geheimnis dieses ungewöhnlichen TV-Erfolgs nach: "Drama mit Thora".
Mehr dazu in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

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Associated Press (AP) ist die größte Nachrichtenagentur der Welt - und ist dies voller Stolz. Bereits 1906 schwärmte niemand Geringerer als Mark Twain:  «Es gibt nur zwei Kräfte, die das Licht in alle Winkel der Welt tragen können: die Sonne am Himmel und die Associated Press hier auf Erden.» Als «vierte Gewalt», als «journalistische Internationale», als von staatlichen Akteuren und politischen Machthabern unabhängige Kraft versteht sie sich als Ausdruck des Besten, was amerikanischer Journalismus zu bieten hat. Gleichwohl weist die Geschichte von AP aber auch dunkle Flecken auf, wie Norman Domeier in einem Beitrag für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG anhand der Geschichte von Carl Flick-Steger deutlich macht: Flick-Steger war Journalist, Antisemit und Propagandist in Diensten von Joseph Goebbels - und machte nach dem Zweiten Weltkrieg Karriere bei Associated Press: "Ein Journalist im Dienst der Nazis – Carl Flick-Steger und die dunkle Vergangenheit der Nachrichtenagentur AP".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Das immer mehr in Mode gekommene sprachliche Gendern mag begrüßt oder auch kritisiert werden. Der damit verbundene moralische Impetus treibt freilich bisweilen Blüten, die einen unangenehmen Duft verbreiten. Einen solchen Fall schildert der Historiker Julien Reitzenstein in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG. Er hat einen Blick auf die Homepage des "Projekts Ihnestr. 22" geworfen, das sich mit den Opfern des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik (KWI-A) an die Ihnestrasse 22 in Berlin-Dahlem beschäftigt. Dort "ist zu lesen: 'In der Ihnestr. 22 forschten Wissenschaftler_innen schließlich auch an den Körpern von Personen, die in nationalsozialistischen Vernichtungslagern und Heilanstalten ermordet wurden. Insbesondere Sinti_zze und Rom_nja, J_üdinnen, schwarze Personen und Menschen mit Behinderung fielen den Arbeiten des KWI-A zum Opfer.' Solches darf man da mehrfach lesen. Und ja, dort steht tatsächlich: J_üdinnen. In dieser Ausprägung findet man geschlechtergerechte Sprache selbst an der progressiven FU nicht allzu oft. Menschen aus unserer Mitte geschah unermessliches Unrecht. Man nahm ihren Besitz, ihre Familien, ihre Würde, ihr Leben, schändete ihre Leichen - und versucht nun den Ermordeten mit geschlechtergerechter Sprache wozu genau zu verhelfen? Gerechtigkeit? Das wirkt geschmacklos, das ist übergriffig und vor allem - wem ist damit geholfen?"
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Buczacz war jahrhundertelang eine vielsprachige Kleinstadt in einer osteuropäischen Grenzregion. Als die polnischen und ukrainischen Nationalbewegungen sich gegen die imperiale Macht auflehnten, geriet eine Gruppe zwischen alle Fronten: die Juden. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden sie zu den Leidtragenden einer gescheiterten Minderheitenpolitik. 1942/1943 richteten sich die Angehörigen der deutschen Besatzungsmacht mit ihren Familien in der Stadt ein. Ungerührt genießen sie die idyllische Provinz, während zugleich etwa 10 000 Juden damals in Buczacz umgebracht wurden – vor aller Augen. Ausgehend von einem Gespräch mit der Mutter in Tel Aviv kurz vor ihrem Tod, beginnt Omer Bartov seine Recherchen, die ihn durch unzählige Archive führen. Seine glänzend geschriebene Mikrogeschichte der ostgalizischen Stadt, die nun unter dem Titel "Anatomie eines Genozids: Vom Leben und Sterben einer Stadt namens Buczacz" im Jüdischen Verlag erschien, ist ein Meilenstein der Holocaust-Forschung. René SchlottHistoriker und Publizist, stellt den bewegenden Band in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vor - und widmet seine Rezension dem kürzlich verstorbenen, langjährigen Verlagslektor im S.Fischer Verlag Walter Pehle, der mit seiner "schwarzen Reihe" im Fischer Verlag für eine wissenschaftlich fundierete Erinnerung und Aufarbeitung des Holocaust Maßstäbe gesetzt hat: ""Eine Stadt der Toten"
Der Link dazu in der Rubrik VERGANGENHEIT...

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Gut 200 Wissenschaftler haben in der letzten Märzwoche in einer "Jerusalem Declaration" eine neue Definition des Antisemitismus vorgelegt, darunter Aleida Assmann oder Wolfgang Benz, aber auch viele jüdische und israelische Autoren. Vor allem im Blick auf den israelbezogenen Antisemitismus unterscheidet sie sich deutlich von der Definition, die 2016 von der International Holocaust Remembrance Alliance verfasst und von zahlreichen Regierungen als Grundlage für ihre Politik übernommen wurde. Die Stoßrichtung der neuen Antisemitismusdefiniton zielt vor allem darauf ab, israelkritische Stimmen und Boykott-Aufrufe nicht "per se" als antisemitisch gelten zu lassen. Die Reaktionen fallen erwartungsgemäß sehr unterschiedlich aus: ein "wichtiger Schritt" (DIE ZEIT), die Erklärung "könnte wieder Raum für Diskussionen eröffen" (TELEPOLIS), aber auch "eine Mogelpackung" (CICERO) oder "Freibrief für israelbezogenen Antisemitismus" (JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG). In der TAZ verteidigt Hanno Loewy, selbst Unterzeichner, das Papier: "Nein, es geht beim Streit um BDS in Wirklichkeit überhaupt nicht um BDS, es geht darum, ob man eine andere Verfasstheit Israels fordern darf und ob Juden über ihr Leben in der Diaspora selbstbestimmt entscheiden dürfen oder nicht." Kritischer urteilt Jürgen Kaube in der FAZ (leider nicht freigeschaltet), die Dekleration trete "wissenschaftlich auf, ist aber ein politischer Akt. Der liegt weniger in der Definition von Antisemitismus als in der Bezeichnung dessen, was nicht 'per se' antisemitisch ist. Unterstützung des palästinensischen Anspruchs auf nationale und Bürgerrechte beispielsweise. Ablehnung des Zionismus. Kritik an Israel, die auf Tatsachen beruht. Boykott Israels. Dabei seien auch unvernünftige Äußerungen nicht per se antisemitisch. Per se nicht. Aber die Skala des Unvernünftigen umfasst eben auch die Bereiche der Feindseligkeit und des Vernichtungswillens. Oder nur der aufgeblasenen Gesten. Wie steht es mit einem Wissenschaftler, der seine Teilnahme an einer Konferenz abzusagen droht, wenn eine israelische Kollegin dort sprechen würde? Ist auch das per se nicht antisemitisch?"
Und süffisant bemerkt der PERLENTAUCHER: "Hurra, nun haben wir eine dritte Option. Wir können antisemitisch, nicht antisemitisch, und - neu! - nicht "per se" antisemitisch sein". Auch Alan Posener stößt sich in der WELT an dem "per se" und bemerkt, was nicht "per se" antisemitisch sei, sei es eben menstens doch:
"Die Unterzeichnenden finden Bezeichnungen Israels als 'Siedlerkolonialismus' oder 'Apartheid' nicht 'per se' antisemitisch. Dabei dienen solche Bezeichnungen der Delegitimierung und Dämonisierung des jüdischen Staates. Die Welt begrüßte die Beseitigung der Apartheid-Siedlerregimes in Südafrika und Rhodesien, heute Simbabwe. Indem Israel völlig unhistorisch mit diesen Überresten des europäischen Kolonialismus gleichgesetzt wird, soll seine gewaltsame Beseitigung moralisch gerechtfertigt werden. Was ist das, wenn nicht antisemitisch?"
Links zum Thema sowie natürlich auch zum Wortlaut der "Jerusalemer Decleration" in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

In den Anti-Corona-Protesten wurde deutlich, wie tief inzwischen die Skepsis gegenüber parlamentarischer Demokratie und wissenschaftlichen Erkenntnissen in ganz unterschiedlichen Teilen der Bevölkerung verankert ist: Impfgegner, Klimawandelleugner, Verschwörungstheoretiker, Reichsbürger und Neonazis marschieren nebeneinander – ohne Abstand. Dieses Buch analysiert das Phänomen einer erschreckend breiten Allianz: von neuen und alten Feinden einer aufgeklärten Gesellschaft und des demokratischen Rechtsstaats. Dabei werden auch Entwicklungen in Frankreich, den USA oder Österreich in den Blick genommen. Matthias Meisner und Heike Kleffner haben in ihrem Band "Fehlender Mindestabstand" zahlreiche Expertinnen und Experten versammelt, die sich fundiert den einzelnen Gruppierungen und Milieus widmen, deren Vernetzung aufzeigen und vor den Auswirkungen einer antidemokratischen „dritten Welle“ warnen. Der Präsident des Zentalrats der Juden in Deutschland Josef Schuster hat dem Band ein Geleitwort voran gestellt, das der TAGESSPIEGEL als Vorabdruck veröffentlicht hat: "Die Querdenker-Gruppen sind sich einig – in antisemitischen Stereotypen".
Der Link dazu in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

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Vielleicht sehnen wir uns nach übermenschlichen Wesen, die uns helfen, die Krise zu überwinden. Jedenfalls lachen sie uns entgegen, von Mauern, Hausfassaden und Gartenzäunen: Engel mit Schutzmasken und Stethoskopen, bereit zum Kampf gegen die Krankheit. Die Rede ist von Graffiti in Zeiten der Pandemie, die Anna-Katharina Höpflinger und Daria Pezzoli-Olgiati für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG entdeckt haben und mit eindrucksvollen Beispielen präsentieren. Anhand ihrer Fundstücke beschreiben sie, wie religiöse Symbole in der Corona-Pandemie eine neue Bedeutung bekommen:
"Die Superwoman und der Schutzengel intervenieren und versuchen, den Menschen in ihrer unzugänglichen Haltung gegenüber der Wirklichkeit zu helfen. Dabei bedienen sich diese öffentlich sichtbaren Werke eines Mix von Motiven aus religiösen Traditionen und der populären Kultur: Comic-Figuren, Heilige und Engel werden aus ihren Milieus gerissen und in neuen Verbindungen inszeniert. Sie fügen sich in eine zeitgenössische visuelle Sprache ein, die über nationale, kulturelle und politische Grenzen funktioniert und wirksam ist. Religiöse Verweise überhöhen die Figuren und entreissen sie dem Gewohnten und Selbstverständlichen."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Über die Osterfeiertage im vergangenen Jahr galt in Israel ein strenger Lockdown, sogar die Grabeskirche blieb für Besucher geschlossen. Zwar durften begrenzte Gruppen von Geistlichen dort heilige Messen abhalten, und auch kleine Prozessionen über die Via Dolorosa fanden statt. Doch die Zahl der Geistlichen, die daran teilnahmen, war streng begrenzt, und es galten strenge Abstandsregeln. Nach einem Jahr der Einschränkungen und des Verzichts konnten in diesem Jahr die Chrsiten in der Altstadt Jerusalems fast wieder ein normales Osterfest feiern, berichtet Mareike Enghusen im TAGESSPIEGEL. Dennoch, so Win Schumacher in der LUZERNER ZEITUNG, herrschte immer noch vergleichsweise gähnende Leere, was freilich keineswegs alle so schlimm fanden: "Im Land des Impfweltmeisters – Tausende feiern in Israel Ostern".
Die Links zu den Berichten über die Ostertage im Heiligen Land in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

In der WIENER ZEITUNG befasst sich Alexia Weiss mit einem Ostergruß, den der Wiener Kardinal Christoph Schönborn in der KRONENZEITUNG veröffentlicht hatte. Die Überschrift lautete "Ostern bei Juden und Christen", der erste Satz: "Gestern Abend hat Pessach, das jüdische Osterfest, begonnen." Bissig antwortet ihm Alexia Weiss:
"Nein, nein und nochmals nein. Juden und Christen feiern nicht Ostern – Juden begehen Pessach und Christen Ostern. Und nein, Pessach ist nicht das jüdische Osterfest. So wie es keine jüdischen Kirchen gibt, die heißen Synagogen, so wie es kein jüdisches Weihnachten gibt, denn zu Chanukka wird eine ganz andere Begebenheit gefeiert als zu Weihnachten, so gibt es auch keine jüdisches Ostern. Und wenn man die eigenen Kategorien über alles andere drüberstülpt, dann ist das, trotz aller Freundlichkeit und aller Auseinandersetzung mit dem Anderen, dennoch kein Austausch auf Augenhöhe."
Gleichwohl mag dieser Vorfall die Frage provozieren: "Wie nahe sind sich Pessach und Ostern wirklich?". Genau darauf versucht Alfred Bodenheimer, der Literatur- und Religionsgeschichte an der Universität Basel lehrt, in einem Beitrag für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG eine Antwort zu geben. Er schildert die fast obsessive Abgrenzung zwischen Judentum und Christentum in den Anfängen des Christentums, eine Tendenz, die seit der Jahrtausendwende unter anderem durch das Werk des israelischen Judaisten Israel Yuval ins öffentliche Bewusstsein gelangt ist - und doch zugleich eine überraschende Erkenntnis mit sich brachte, die Bodenheimer dann in seinem Beitrag weiter ausführt: .
"Yuvals zentrale Forschungsthese lautet, dass grosse Teile der Pessach-Haggada, also der Befreiungserzählung, die das Zentrum des Sederabends bildet, als unmittelbare Reaktion auf christliche Diskurse zu lesen sei, die das Judentum disqualifizieren wollten."
Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT

Warum fasst der Islamismus in den westlichen Gesellschaften immer stärker Fuß? Wir müssen uns eingestehen: Auch die Liberalen tragen ihren Teil dazu bei. Die einen trauen sich nicht, Kritik zu äußern, aus Angst als islamophob zu gelten. Bei anderen führt ein falsches Verständnis von Toleranz dazu, dass islamistische Botschaften nicht konsequent bekämpft werden. Davon profitiert vor allem der nicht-gewalttätige Islamismus, der zwar nicht mit Waffen kämpft, dessen Anhänger aber mit anderen Mitteln versuchen, unsere Gesellschaften schleichend zu verändern. Wenn wir unsere demokratischen Werte verteidigen wollen, müssen wir dieser Entwicklung entschieden entgegentreten. So in etwa lassen sich die Thesen des Buches "Der alltägliche Islamismus" der jemenitisch-schweizerischen Politikwissenschafterin Elham Manea kurz zusammenfassen. Von ihnen ausgehend warnt Kacem El Ghazzali in einem Essay für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG vor dem Irrglauben, der islamische Extremismus lasse sich mit noch mehr Religion bewältigen statt mit entschiedenem Laizismus. Denn in ihren Zielen sie sich Jihadisten und «moderate Islamisten» einig: Die Religion soll das politische und soziale Leben bestimmen. Wer glaubt, diese Leute mit einem grösseren Verständnis für religiöse Anliegen zähmen zu können, irrt, so Ghazzali:
"Als die Welt wegen der schockierenden Enthauptungsvideos, welche die Barbaren des IS veröffentlichten, endlich aufwachte, fragten sich viele muslimische Denker: Wozu die Verwunderung? Was der IS tut, findet seine theoretische und religiöse Rechtfertigung im Wesentlichen in denselben religiösen Büchern, die in unseren Bibliotheken ausgeliehen werden, auf den Lehrplänen in den Schulen unserer Kinder stehen oder in unseren Moscheen gepredigt werden."
Der Link zum Essay in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

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Die Haggada ist ein spezielles Gebetbuch mit Liedern und Geschichten, das durch den kleinteilig strukturierten Pessach-Abend mit seinen rituellen Speisen führt. Oft ist sie reich verziert – und manchmal ist es sogar ein Politikum, welche Haggada benutzt wird. Derzeit ist anlässlich Pessachs in Wien die Haggada von Arik Brauer zu sehen. Der österreichische Künstler starb im Januar, kurz nach seinem 92. Geburtstag. Er prägte die „Wiener Schule des Phantastischen Realismus“. DEUTSCHLANDRADIO sprach mit Danielle Spera, der Direktorin des Jüdischen Museums Wien, die Arik Brauer selbst kennengelernt hat. Sie kuratierte eine Ausstellung über ihn und zeigt seine Haggada im Artrium des Museums in der Dorotheengasse: „Man kann sich nicht sattsehen an den Bildern“
Der Link zum Gespräch in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Auf ihrem Instagram-Kanal unterhält sich die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Katarina Barley regelmäßig mit Politikern, Experten und Bürgern. Am Dienstagabend schaltete sich nun Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, zu einem »Insta-Live« mit Katarina Barley zusammen. Dem etwa einstündigen, konzentrierten Gespräch hat Eugen El für die JÜDISCHE ALLGEMEIN WOCHENZEITUNG aufmerksam zugehört: "Judentum ist nicht nur Schoa".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Ihre Eltern waren beide Schoah-Überlebende waren. Trotzdem sei sei in einem sehr positiv gestimmten Elternhaus aufgewachsen, in dem viel Jiddischkeit voller Wärme und Zuversicht vorherrschte, erzählt die amerikanische Opernsängerin Helene Schneiderman. Bis ins hohe Alter hätten ihre Eltern Paul und Judith Schneiderman jiddische Lieder gesungen und nahmen CDs auf. Die 1954 in New Jersey (USA) geborene Tochter Helene erbte das musikalische Talent und machte ihre akademischen Abschlüsse in Musik an den Universitäten in Princeton und Cincinnati. Jetzt ist sie als Mezzosopranistin auf internationalen Opernbühnen zuhause - und derzeit in Wien zu Gast. Marta Halpert porträtiert sie für das jüdische Stadtmagazin WINA - und bescheibt, wie Helen Schneiderman das musikalische Erbe ihrer Eltern weiter pflegt: "Eine Stimme für die Opernkunst und das jiddische Lied".
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Man hört oft vom «jüdischen Humor». Besonders als Jude. Und zwar von Nicht­juden, die einem gern erklären, was das ist, und auch sehr gern jüdische Witze erzählen. Warum eigentlich?, fragt sich der schweizer Bestesellerautor Thomas Meyer in seinem Essay für die SCHWEIZER ILLUSTRIERTE. Thomas Meyer, 47, wurde 2012 mit «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse» zu einem der erfolgreichsten Schriftsteller der Schweiz. Seinen Essay überschreibt er: "Über den jüdischen Humor (und wieso es ihn nicht gibt)". Und wer Meyer noch näher kennenlernen will, kann dies mit einem Beitrag in der ZEIT tun. Jean-Martin Büttner ist mit Meyer durch das jüdische Zürich spaziert und hat mit ihm über vor allem über sein jüngstes Buch gesprochen: "Was soll an meiner Nase bitte jüdisch sein?"
Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

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Ein Querdenker, der sich im Gegensatz zu den militanten Denkverweigerern auf unseren Straßen diesen Namen wirklich verdient hat, ist in seinem Haus in Tübingen im Alter von 93 Jahren verstorben: der katholische Theologe Hans Küng. Der gebürtige Schweizer galt nicht nur im deutschsprachigen Raum als einer der bekanntesten Kirchenkritiker unter den katholischen Theologen. Bekanntheit über Kirchenkreise hinaus erlangte Küng, als ihm Rom die Lehrerlaubnis entzog, unter anderem wegen Kritik an der Lehre der Unfehlbarkeit des Papstes. Die kirchenkritische Organisation „Wir sind Kirche“ verwies auf Küngs „lebenslange Beharrlichkeit in der Erneuerung der römisch-katholischen Kirche sowie seinen Einsatz für die Ökumene und den Dialog der Weltreligionen“. Das von Küng ins Leben gerufene „Projekt Weltethos“, das sich dem interreligiösen Dialog verschrieben hat, würdigte den Theologen als Visionär. Und Bundespräsident Steinmeier bezeichnete Küng als „brillanten Denker mit scharfem Verstand“. Zahlreiche Nachrufe erinnern an sein Leben und Werk - und die LUZERNER ZEITUNG druckt noch einmal sein letztes großes Interview aus dem Jahre 2013: «Ich bin in der Endphase».
Die Links zum Thema in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

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In 31 kurzen Polemiken, die auf jeweils aktuellen Geschehnissen aufbauen, beschreibt Sandra Kreisler in ihrem Buch „Jude Sein. Ansichten über das Leben in der Diaspora“ das Gefühl, als Jüdin in Deutschland, Österreich, Europa zu leben. Dünnhäutig und verletzlich, zugleich bissig und immer wieder auch mit dem berühmten Kreisler'schen schwarzen Humor ausgestattet, offenbaren ihre Essays, wie tief der Antisemitismus immer noch unbemerkt – und vor allem weitgehend unbekämpft – unserer Gesellschaft innewohnt. Patrick Helber hat ihr Buch für HAGALIL gelesen: "Bissig gegen den Antisemitismus 2.0".
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.

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Heute Abend einige interessante Dokumentationen und Filme: neben Dokumentationen über den israelischen Geheimdienst Mossad, den Eichmann-Prozess 1961 in Jerusalem und Josef Ratzinger/Papst Benedikt, zwei filmische Biographien zu Jan Hus und Hannah Arendt.
Mehr zu alledem in den FERNSEH-TIPPS.

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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