Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331
11.06.2015 - Nr. 1582

ACHTUNG

Die nächste Tagesausgabe erfolgt am Montag, 15. Juni 2015.



Guten Tag!

Nr. 1582 - 11. Juni 2015



Seit Tagen fliegen wieder einmal Raketen von Gaza auf Israel - aber diesmal scheint die Hamas dafür nicht verantwortlich zu sein. Verantwortlich sind extremistische Salafistengruppen, die sich dem "Islamischen Staat" (IS) zugehörig fühlen und im Gazastreifen ein Kalifat errichten wollen. Und so kommt es, dass Israel und die Hamas hinter den Kulissen miteinander kooperieren, um dem gemeinsamen Feind zu begegnen, wie die WELT und die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG berichten: "Israel gehört zu den letzten Verbündeten der Hamas".
Die Links zu den Berichten in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

Tuvia Tenenbom, der mit seinen beiden Büchern "Allein unter Deutschen" und jüngst "Allein unter Juden" zwei Bestseller vorlegt, war jüngst zu Gast im Deutschen Haus in New York, wo er insbesondere gegen Nichtregierungs-Organisationen in Israel/Palästina und die europäische Politik gegenüber Israel wetterte. Interessant, zu welchem Gedankenexperiment Hannes Stein, der den Abend für DIE WELT beobachtete, sich angeregt fühlte:
"Immerhin verführt Tenenboms Buch zu einem Gedankenexperiment: Was wäre, wenn wir alle uns darauf verständigen würden, Israelis und Palästinenser mit Nichtachtung zu strafen? Was, wenn – sagen wir, für zwei Jahre – die roten Lichter in den Fernsehkameras verlöschen würden, also der israelisch-palästinensische Konflikt ebenso im Orkus verschwände wie der Konflikt um die armenische Enklave Bergkarabach? Wer weiß, vielleicht würde sich dann im Nahen Osten das eine oder andere zum Besseren wenden."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

Um feindliche Raketenbasen und Waffenlager zu entdecken, wertet der israelische Geheimdienst schon seit Längerem Satellitenbilder aus. Neu ist allerdings, dass diese Aufgabe nun Autisten übernehmen! Ihre Krankheit prädestiniert sie dafür, berichtet Jan Ludwig für die FAZ: "Die Augen des Landes".
Der Link dazu in der Rubrik ISRAEL INTERN.

In einem etwas längeren Beitrag berichtet und reflektiert Ulrich Schmid in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG das schwierige Verhältnis der Israelis zu Flüchtlingen, die vor allem aus Afrika in das Land strömen:
"Hautfarbe, Religion, Kriminalität und die wirtschaftliche Konkurrenz: Um diese vier Stichworte drehen sich alle Versuche, die Unbeliebtheit der Afrikaner zu erklären. Es gibt viel offenen Rassismus in Israel, virulent ist er vor allem bei russischen Einwanderern und bei Palästinensern. Viele Israeli sehen in den Immigranten generell Muslime; dass die meisten Eritreer Christen sind, weiss man oft nicht. Im Volk und bei Teilen der Polizei dominiert die Meinung, dort, wo viele Immigranten lebten – vor allem im Süden Tel Avivs und in Eilat –, sei die Zahl der Verbrechen gestiegen. Hilfsorganisationen melden dagegen einen Anstieg von Hassverbrechen gegen Schwarzafrikaner und machen darauf aufmerksam, dass es viele von ihnen vorziehen, einen Raub oder eine Vergewaltigung gar nicht erst zu melden."
Hierzu passend eine Reportage von Joëlle Weil, die für die BASLER ZEITUNG über die problematische Integration der äthiopischen Juden und deren Proteste gegen Polizeigewalt und rassistische Anfeindungen beschreibt: "Aufstand der Juden zweiter Klasse".
Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Auch die deutsche Israel-Forschung profitiert vom 50-jährigen Jubiläum der diplomatischen Beziehungen – aber warum sollte man sich mit einem winzigen Staat in Nahost beschäftigen? Und wie stand und steht es eigentlich um die akademische Israel-Forschung in Deutschland? Johannes Becke, Juniorprofessor am Ben-Gurion-Lehrstuhl für Israel- und Nahoststudien an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, versucht für die Zeitschrift ZENITH eine Standortbestimmung der Israel-Forschung in Deutschland:  "Lernt Arabisch!"
Der Link zu seinem Essay in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

"Breaking the Silence" ist eine Organisation israelischer Reservisten, die als Soldaten die Besatzungsrealitäten - von struktureller Repression, über die stille Kooperation mit extremistischen jüdischen Siedlern bis hin zu alltäglichen Schikanen - erlebt haben und das Schweigen in der israelischen Gesellschaft und darüber hinaus brechen möchten. In der Schweiz ist nun eine Ausstellung mit Fotografien über die Arbeit der Gruppierung zu sehen, die mächtig für Wirbel sorgt. Nun haben Abgeordnete der parlamentarischen Gruppe "Schweiz-Israel" in einer Stellungnahme die Ausstellung heftig kritisiert. Die Schau verbreite „Desinformation“ und „Hass gegen den jüdischen Staat“. Eine Kritik der sich auch der israelische Botschafter in der Schweiz angeschlossen hat. Heiner Hug kommentiert dies für JOURNAL 21 jedoch mit vorbehalt, da er meint, der Protest des israelischen Botschafters habe der "israelkritischen Ausstellung unverhofft zu Publizität verholfen".
Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

Der Historiker Jan Grabowski von der Universität Ottawa hat jüngst in seinem neuen, noch nicht in Deutsch vorliegendem Buch "Hunt for the Jews. Betrayal and Murder in German-Occupied Poland" ("Judenjagd. Verrat und Mord im deutsch besetzten Polen") neue Forschungsergebnisse über einen bislang meist übersehenen Aspekt des Holocaust vorgelegt, berichtet Jessica Caus für DIE WELT. Der kanadischer Historiker hat erforscht, wie katholische Polen die deutschen Besatzer bei der Jagd auf untergetauchte Juden unterstützten: "So halfen polnische Bauern beim Judenmord".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Seine Bildgeschichten erschienen in den USA, in Italien, Frankreich und Deutschland - und nun hat sich der serbische Comic-Künstler Aleksandar Zograf mit einem Comic dem Holocaust gewidmet. Grundlage bilden Briefe von Hilda Dajc, die vor zehn Jahren entdeckt wurden. Sie gehören zu den seltenen Zeugnissen aus dem Leben im sogenannten Judenlager Semlin. Katrin Lechler stellt die Briefe und den Comic-Zeichner in der JÜDISCHEN ALLGMEINEN WOCHENZEITUNG näher vor: "Das Grauen zeichnen".
Der Link dazu in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Er empfahl, Synagogen niederzubrennen und Häuser von Juden zu zerstören: Der Antisemitismus Martin Luthers belastet das Verhältnis zwischen Juden und Protestanten bis heute. Dem schwierigen Thema widmete sich nun eine gemeinsame Tagung des Zentralrats der Juden in Deutschland und der Evangelischen Akademie Berlin. Zum Auftakt am gestrigen Mittwoch betonte Zentralratspräsident Josef Schuster: "Ich gehe davon aus, dass sich der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) dazu erklären wird". Ayala Goldmann war für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG beim Tagungsauftakt dabei. Und an gleicher Stelle kommt auch Margot Käßmann in einem Interview über Luthers judenfeindliche Schriften und das Reformationsjubiläum zu Wort. Deutlich erklärt sie zu Beginn des Interviews: "Ich kann mir kein Reformationsjubiläum 2017 vorstellen ohne eine Auseinandersetzung mit diesen Schriften. Ich finde sie jedes Mal aufs Neue erschreckend."
Links zum Thema in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

In der SCHWERINER VOLKSZEITUNG beschäftigt sich Jan-Philipp Hein mit antisemitischen Ressentiments, die er an einer Stelle verortet, an der man nicht damit rechnen würde: dem deutschen Fernsehkabarett. Hein nimmt dabei insbesondere den Kabarettisten Uwe Steimle aufs Korn, der in der angesehenen ARD-Sendung "Mitternachtsspitzen" eine als Kabarett getarnte "Kampfrede" hielt. Höhepunkt: „Wieso zetteln die Amerikaner und Israelis Kriege an und wir Deutsche dürfen den Scheiß bezahlen?“.
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU unterhielt sich mit der Antisemitismusforscherin Monika Schwarz-Friesel, die soeben einen Sammelband unter dem Titel veröffentlichte: „Gebildeter Antisemitismus. Eine Herausforderung für Politik und Zivilgesellschaft". Im Interview macht Schwarz-Friesel u.a. deutlich, wie sehr der Antisemitismus schon immer ein Phänomen gerade der gebildeten Schicht war:
"Historisch gesehen, ist der Satz vom Antisemitismus, der in der Mitte der Gesellschaft „angekommen“ sei, falsch. Antisemitismus war immer zunächst ein Phänomen der Gebildeten. Er ging von den Schreibtischen der Gelehrten aus, von den Theologen und Hofpredigern, von Philosophen, Juristen und Journalisten. Das wissen viele nur nicht, weil 1900 Jahre Judenfeindschaft gegenüber den zwölf Jahren der NS-Herrschaft in den Hintergrund treten. Oder anders gesagt: 60, 70 Jahre Aufklärungsarbeit in der Nachkriegszeit stehen gegen zwei Jahrtausende kulturell tradierte Judenfeindschaft. Auch deshalb ist die Annahme gefährlich, verbale Gewalt sei ja nicht so schlimm."
Der Link zum Interview in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Bei den gegenwärtigen Debatten über die Wirkungsgeschichte der Haltung Martins Luthers gegenüber Juden und Judentum wird häufig ausgeblendet, dass sich seit der Aufklärung auch jüdische Intellektuelle zu dieser Frage und zur Bedeutung der Reformation für die Moderne zu Wort gemeldet haben. Der Frage, wie jüdische Intellektuelle im 19. und 20. Jahrhundert versuchten, sich Martin Luther kritisch anzueignen, geht Christian Wiese, Professor für Jüdische Religionsphilosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, in einem Beitrag für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG nach: "Eine tragische Liebesgeschichte".
Der Link dazu in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Am 13. Juni 2015 wird der Tod des österreichisch-israelischen Religionsphilosophen Martin Buber (1878-1965) bereits ein halbes Jahrhundert zurückliegen. Seine philosophisch-ethische Botschaft besitzt heute jedoch mehr denn je ihre Aktualität, meint der marrokanisch-muslimische Politikwissenschaftler Mohammed Khaollouk. Er erläutert in einem Essay für ISLAM.de, worin er den bleibenden Wert von Bubers Denken für alle drei Weltreligionen sieht: "Der Hebräische Humanismus Bubers – Grundlage einer pluralistischen Wertegemeinschaft in moderner Gesellschaft".
Der Link zum Essay in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Ein unerwarteter Todesfall, eine Krankheitsdiagnose, ein Unfall – in den ersten Stunden nach einem Unglück brauchen Menschen jemandem, der ihnen zur Seite steht, sie tröstet, ermutigt und vor allem, der ihnen zuhört. Das ist wohl eine der vornehmsten Aufgagben von Seelsorgern, nicht nur christlichen, sondern auch muslimischen. Wie das in unserer Gesellschaft ausschaut und wie es um den Bedarf professionell ausgebildeter muslimischer Seelsorger bestellt ist, berichtet Birk Grüling in einer Reportage für DIE ZEIT: "Zuhören und dolmetschen".
Der Link dazu in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Einen großen Zuspruch erfuhr kürzlich ein Seminar über "Jüdische Perspektiven auf das Ende des Lebens", das die palliativmedizinische Stationen am Klinikum Bielefeld, zusammen mit der Allgemeinen Rabbinerkonferenz, der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland und der Jüdischen Gemeinde Bielefeld durchführte und über das Heinz-Peter Katlewski in der JÜDISCHEN ALLGEMEINEN WOCHENZEITUNG berichtet. HAGALIL hat inzwischne zwei Beiträge der Tagung online gestellt: Zum einen ein Beitrag des stellvertretenden Vorsitzenden der Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld und leitenden Oberarztes am Klinikum Bielefeld Stephan Probst, der über "Palliativmedizin aus jüdischer Sicht" referierte, und zum anderen ein Beitrag von Rabbiner Dr. Tom Kucera: "Erlaubt das Judentum die Sterbehilfe?".
Die Links dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Die Frage nach den theologischen Kriterien eines gerechten Krieges hat vor allem in der katholischen Theologie eine gewisse Tradition. Das Problem, ob und wann ein Krieg geboten und erlaub ist, stellt sich freilich auch im jüdischen Denken, wie Militärrabbiner Henry Soussan in einem Beitrag für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG erläutert. Soussans Beitrag ist dem soeben erschienenen Buch "Ethik im Judentum" entnommen, das gemeinsam vom Zentralrat der Juden in Deutschland und dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund herausgegeben wurde. Ergänzend zu dem Beitrag Soussans ist dann auch ein Interview zum Erscheinen des Buches mit der Kultus- und Bildungsreferentin des Zentralrats der Juden in Deutschland Shila Erlbaum zu lesen: "Ein Standardwerk".
Die Links zu den beiden Beiträgen in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Kaum zu glauben, aber wahr, meint Eva Baumann-Lerch in PUBLIK FORUM: Der Kirchentag in Stuttgart, so berichtet sie, diskutierte die Grundlagen wissenschaftlicher Bibelauslegung neu. Die Menschen seien in Massen zu entsprechenden Podien und Workshops geströmt, die sich mit dem Verhältnis von Glaube und moderner Naturwissenschaft auseinandersetzten und u.a. mit diesen Fragen gerungen haben: Konnte Jesus tatsächlich Tote auferwecken? Und war Maria Jungfrau, als sie ihn gebar? Und konnte Jesus tatsächlich auf dem Wasser gehen?
Der Link zum Beitrag in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

Das hohe Mittelalter war die Blütezeit der Hostienverehrung. Der geweihten Hostie, nach katholischer Lehre wahrer Leib Jesu Christi, wurden Wunderkräfte zugeschrieben, seien sie schützender oder heilender Wirkung. Umso verheerender allein der Verdacht, Juden hätten Hostien geschändet, ein Anlass zu mancherlei mörderischen Pogromen. Der Berliner Historiker Olaf Rader hat nun diesem Phänomen im Geflecht von Theologie, Kulturgeschichte, Philosophie und Chemie in einem jüngst vorgelegten Buch nachgespürt, das Alexander Brüggemann für DIE WELT gelesen hat: "Bluthostien trieben Tausende Juden in den Tod"
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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