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ISSN 1612-7331
06.05.2016 - Nr. 1640
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Der «jüdische Mark Twain»



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Original-Beitrag



Nachfolgend lesen Sie einen Original-Beitrag des evangelischen Theologen Hans Maaß. Als Schuldekan und Kirchenrat war er über zwei Jahrzehnte im Evang. Oberkirchenrat Karlsruhe für alle Fragen zuständig, die den Religionsunterricht an Grund-, Haupt-, Sonder- und Realschulen betreffen. 1992 - 2003/2004 Lehrauftrag an der PH Karlsruhe für Neues Testament und Judentum. Maaß ist u.a. Vorstandsmitglied im Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit.

COMPASS dankt dem Autor für die Genehmigung zur Wiedergabe
seiner Rezension an dieser Stelle.


Herodes. König von Judäa



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„Herodes war in mehrfacher Hinsicht Zeuge tiefgreifender Umbrüche in der Mittelmeerwelt, des römischen Imperiums und des zeitgenössischen Judentums“, schreibt der Herausgeber im Vorwort dieses Sammelwerks, in dem mehrere Autoren verschiedene Aspekte des Wirkens dieses judäischen Königs ursprünglich z.T. bei einer Akademietagung in Bad Boll beleuchten.

Er stellt fest: „In ihm spiegeln sich die komplexen kulturellen, regionalen und religiösen Spannungen gegen Ende des 1.Jhs. v. Chr. in faszinierender Weise wieder.“ Diese Feststellung ist wichtig, um die unterschiedlichen Aussagen des Flavius Josephus wie des Neuen Testamentes richtig einordnen zu können.   

Seinen einführenden eigenen Beitrag beginnt Zangenberg mit einem Josephus-Zitat, das die körperliche Tüchtigkeit und Geschicklichkeit des Herodes deutlich macht – in Analogie zu Alexander d. Gr., dem „ersten und einzigen echten Mega-Superstar unter den Herrschern der Antike“. Beängstigend wahr klingt Zangenbergs Urteil, seine Herrschaft gründe darauf, „dass er sie ausübt“. Die Zwiespältigkeit der Persönlichkeit des Herodes führt er mindestens teilweise auf die Zwiespältigkeit der Quellen zurück und mahnt zu besonderer Vorsicht bei ihrer Interpretation. Dennoch wagt er, seine Politik und Bautätigkeit in sein Verhältnis zu Kaiser Augustus einzuordnen. Dies wird in dem anschließenden Beitrag von W. Eck weiter ausgeführt. Dabei verweisen beide Beiträge darauf, dass „Judäa“ als Herrschaftsgebiet zunächst einmal hergestellt werden musste. Dass sein Territorium an Kleopatras Ägypten angrenzte, erschwerte seine Lage und zwang ihn zu manchem Kompromiss. Seine Opportunitätspolitik wird an seinem Sympathiewechsel von Antonius, nach dem er seine Festung in Jerusalem benannte, zu Octavian, dem späteren Kaiser Augustus deutlich. Zweifel an der historischen Verlässlichkeit der einzigen Quelle, Josephus nach Nikolaus von Damaskus, werden dabei nicht unterdrückt. Die Freundschaft mit Augustus führte zur Erweiterung seines Machtbereichs, seine eigenen Interessen gegen die Parther kamen ihm dabei zustatten. Interessant ist auch Erbs Hinweis, dass die Übersetzung „Kaiser“ Augustus in der Weihnachtsgeschichte nicht korrekt sei, da der Begriff dort noch nicht Titel, sondern Beiname sei! Wichtig ist auch der Hinweis, dass vieles, was heute „Herrscherkult“ genannt werde, nur Devotion gegenüber dem Machthaber als Politiker, nicht als „Gott“ war. Der Beitrag schließt mit der Feststellung, mangels unbezweifelbarer Inschriften sei Josephus der einzige Zeuge für die Bedeutung des Herodes.

Byron R. McCane beleuchtet die Rolle des Herodes bei der Fortentwicklung der Alltagskultur unter dem Gesichtspunkt, dass die Römer jeweils eine Persönlichkeit der lokalen Oberschicht als Vertreter und Vermittler zwischen Einheimischen und Rom einsetzten.“ Insofern war Herodes in römischen Augen ein „kultivierter und einflussreicher Spieler im komplexen System römischer Politik“. Dies wird sowohl an Keramik als auch an der Ausstattung von Bädern mit zahlreichen Abbildungen belegt. Ausführlich werden unterschiedliche Arten und keramische Formen beschrieben, u.a. „frührömischer Zeit“ zugewiesen, was etwa in Avdat als nabatäische Keramik bekannt ist. Gewünscht hätte man sich daher auch die Nennung von Fundorten. Sehr ausführlich werden auch die Phasen und Techniken der Herstellung von Öllampen beschrieben. Dabei konnte durch moderne Methoden sogar festgestellt werden, dass fast alle in Galiläa gefundenen herodianischen Lampen aus Jerusalem stammten. Dort wurde auch eine Glasbläserei ausgegraben. Glasgeschirr entsprach dem Trend „der urbanen Elite“ in herodianischer Zeit. Bei diesen sind auch Fresken und Secco-Wand-Malereien, Stuckarbeiten und Mosaikböden nachweisbar. Herodianische Münzen sind dagegen plump und unscheinbar; dies hängt allerdings mit seiner Stellung eines römischen Vasallen-Königs zusammen. Wichtig ist, dass sie weder Hoheitsmerkmale zeigen, die bei den Römern, noch Menschen oder Tierbilder, die bei der jüdischen Bevölkerung Anstoß erregt hätten. Interessant sind auch Gabbeigaben sowie Ossuarien, dabei ist sowohl deren plötzliches Aufkommen und Verschwinden als auch ihre Herkunft und spezifische Form noch ungeklärt. Ähnliches gilt für sonstige Steingefäße, die teilweise auf Drehbänken gefertigt wurden. Sie entsprachen mehr als Tongefäße jüdischen Reinheitsvorschriften. Entgegen allgemeinem Brauch besitzen zahlreiche Mikwen (miqwaot) in Privathäusern weniger als sieben Stufen. Insgesamt zeigen diese Artefakte, dass die jüdische Alltagskultur jener Zeit sowohl in Anpassung als auch in Widerspruch gegenüber der römischen Kultur bestand.

Auch auf das benachbarte Nabatäerreich geht dieser Band in einem Beitrag von Robert Wenning ein; denn Herodes hatte phasenweise recht unterschiedliche, sogar verwandtschaftliche Beziehungen zu diesem einstigen Großreich. Wer schon mehrmals in Petra war, kann sich die besprochenen Bauwerke vorstellen, für andere dürfte es schwieriger sein. Der Autor geht, abgesehen von einer kurzen Erwähnung der Khazne, nicht auf die touristischen Besonderheiten der vielfarbigen Gesteinsmaserung ein; da diese nichts mit der herodianischen Zeit zu tun haben.

Katharina Galor geht es in ihrem Beitrag um den „urbanen und architektonischen Kontext des herodianischen Tempels“, aber auch um „die religiöse Funktion und Bedeutung des Tempels innerhalb des zeitgenössischen Judentums wie auch die politischen und wirtschaftlichen Implikationen“. Darauf wird auch in exegetischer Literatur oft verwiesen, umso wichtiger wäre ein solcher Beitrag, der diese Erwartung allerdings nicht erfüllt. Der archäologische Teil bietet nur einen sehr knappen Überblick; man wird für genauere Informationen noch archäologische Fachliteratur heranziehen müssen. Hauptsächliche Quelle für die Beschreibung des Tempelgebäudes und -areals sind Josephusschriften, einmal wird auch auf Traktat Middot Bezug genommen; inwieweit dies auch für die Rekonstruktionen gilt, geht daraus nicht hervor. Abschließend geht noch der Artikel auf die Nachgeschichte des herodianischen Tempels ein.

Informativer ist Joseph Patrichs Beitrag über Caesarea am Meer, einer multikulturellen Stadt. Man erfährt etwas über die sehr heterogene Bevölkerungsstruktur wie über den wirtschaftlichen Betrieb dieser Hafenstadt mit einem „atemberaubenden Palast“ (inklusive eines Schwimmbeckens), der unter den römischen Präfekten zum Prätorium wurde.  Auch hier geht die Darstellung zeitlich über Herodes hinaus, ehe sie, unterstützt durch hervorragende Farbaufnahmen auf die baulichen Reste und das kulturelle und gesellschaftliche Leben zu sprechen kommt.

Eindrucksvoll sind auch die Farbbilder zur Festung Machärus, insbesondere der Blick vom Toten Meer über die kahlen Wüstenhänge zur Bergspitze. Bevor Gyözö Vörös von der Ungarischen Akademie der Künste auf seine eigenen Grabungen zu sprechen kommt, rekapituliert er die oft recht nachlässige Forschungsgeschichte vor 2013. Durch neuere Methoden wurde die einstige Einbindung in ein Festungsnetz u.a. mit Herodion und Masada deutlich. Herodes ließ seine „Palastfestung“ auf den Ruinen einer Festung Alexander Jannais errichten. Man merkt dem Verfasser die Begeisterung sowohl für seine Entdeckungen als auch für die Kunst der herodianischen Architekten an, vor allem für die Gestaltung des Innenhofs als einzigem Raum, in dem ein Festmahl des in Mk 6 geschilderten Ausmaßes stattfinden konnte. Rekonstruktionszeichnungen bilden ein anschauliches Gegenstück zu der Fotografie der heutigen Oberfläche.

Dieter Vieweger gibt einen kurzen Überblick zu Ausgrabungen im „herodianischen und nachherodianischen Jerusalem“. Dabei ist ein Unterkapitel überschrieben: „Liegt Golgata unter der Grabeskirche?“ Er erörtert darin sowohl archäologische wie literarische Zeugnisse u.a. des „Pilgers von Bordeaux“.

Im abschließenden Kapitel geht Thomas Schumacher verschiedenen Herodes-Charakterisierungen von Matthäus über Josephus sowie die Kirchenväter bis hin zur Kunstgeschichte nach und verweist auch auf die unterschiedlichen Personen, die im Neuen Testament unter dem Namen Herodes genannt werden.

Ein ausführliches Literaturverzeichnis samt Anmerkungsteil und Bildnachweis schließt das Buch; ein Stichwortverzeichnis würde die Arbeit mit den reichhaltigen Informationen erleichtern.

[Hrsg.] Jürgen K. Zangenberg:
HERODES König von Judäa.

Verlag Philipp von Zabern – Wissenschaftliche Buchgesellschaft
Darmstadt 2016
112 S. Großformat, zahlr. mehrf. Karten und Abb., Hardcover
Euro 24,95
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Dr. Hans Maaß




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