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ISSN 1612-7331
17.05.2023 - Nr. 2031
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Am Mittwoch den 24. Mai 2023 erscheint ONLINE-EXTRA Nr. 335 mit einem Essay des israelischen Soziologen Nathan Sznaider: "Willkommen im Nahen Osten. Israel im Frühjahr 2023".


Guten Tag!

Nr. 2031 - 17. Mai 2023



75 Jahre alt ist Israel in diesen Tagen geworden – und seine Existenz ist bedroht wie eh und je. Vor diesem Hintergrund ist im Newsportal von T-ONLINE ein längeres Interview mit dem ehemaligen Nahost-Korrespondenten der ARD Richard C. Schneider zu lesen, in dem es im wesentlichn um die Gefahr geht, die für Israel aus dem Iran und von dessen Verbündeten im Libanon droht. Im letzten Teil des Interviews geht es schließlich im Blick auf die fragile Sicherheitslage Israels auch um die nicht minder fragile innenpolitische Lage und deren Auswirkungen auf die militärische Sicherheit Israels. Schneider dazu:
"Das israelische Militär ist überhaupt nicht glücklich mit dieser Regierung. Nicht weil sie rechts oder links ist, sondern schlichtweg dysfunktional. Die Probleme sind eklatant. Nehmen wir das Sicherheitskabinett, in dem wichtige Fragen der Sicherheits- und Außenpolitik behandelt werden: Darin sitzt seitens der Regierung kaum jemand mit militärischer Erfahrung. Itamar Ben-Gvir, Minister für Nationale Sicherheit, hat überhaupt keine vorzuweisen. Er war schon als Jugendlicher derart extremistisch unterwegs, dass die Streitkräfte ihn nicht haben wollten."
Auf die Frage, für wie stabil Schneider die israelische Demokratie denn noch einschätze, antwortet er:
"In Israel sehen wir keine Krise des politischen Systems. Es ist Benjamin Netanjahu, an dem sich die Geister scheiden. Denken Sie mal an die Vorgängerkoalition: Unter den acht Regierungspartnern waren ausgemachte Mitte-rechts-Parteien [...]. Verschwände Netanjahu aus der Politik, hätten wir im Nu eine große Mitte-rechts-Koalition ohne Probleme. Das System selbst wäre stabil, nur Netanjahu als Person spaltet."
Der Link zum Interview in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTRGRUND.

Orly Noy ist israelische Aktivistin und Chefin des Executive Board der Nichtregierungsorganisation B’Tzelem in Jerusalem. In einem Essay für den STANDARD wirft sie einen kritischen Blick auf die beispiellosen Proteste gegen die Justizreform in Israel:
"Dieser dramatische Moment hätte die Gelegenheit für eine offene und ehrliche Diskussion über grundlegende, nie zuvor erörterte Fragen bieten können, die uns heute in Israel beschäftigen: die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger, unser kollektives Ethos und die Bedeutung der Definition Israels als jüdischer und demokratischer Staat."

Ihre Kritik, die sie näherihn erläutert, zielt letztlich darauf, dass die Demonstrierenden etwas Entscheidendes übersehen: "Israel ist eine Demokratie für alle – oder für niemanden", und das wiederum heiße wiederum: "Keine echte Demokratie ohne die Palästinenser". Ein Befund, den im Übrigen auch Eric Fey in seiner Reportage ebenfalls für den STANDARD teilt. Er schildert anschaulich die Aufbruchstimmung, die die Massenproteste gegen die Pläne der rechten Regierung unter Linken und Säkularen erzeugt haben: "Bloß über die Besatzung wird nicht gesprochen".
Der Link zu ihrem Essay in der Rubrik ISRAEL INTERN.

«Die jüdische Identität muss gestärkt werden» – so mag es der eine Teil Israels sehen, der zu den Wählern für die rechtskonservative bis rechtsextreme Regierung Israels zählt. «Israel wird kein liberaler Staat mehr sein» - so die Sicht der anderen Hälfte der Bevölkerung, die maßgeblich zu den Demonstrierenden gegen die Regierungspolitik der letzten Wochen gehören. Eine gespaltene Nation. Dies spiegelt sich anschaulich in der Reportage von Inga Rogg in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG, die mit sechs Menschen aus diesem einzigartigen Schmelztiegel darüber gesprochen hat, was Israel für sie bedeutet, was ihnen Sorge bereitet und wie sie sich die Zukunft vorstellen: "Sechs Menschen blicken auf eine gespaltene Nation".
Der Link dazu in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Und natürlich wieder eine Reihe von Artikeln, die sehr grundlegende Aspekte der 75-jährigen Geschichte Israels thematisieren, von denen einge hier noch hervorgehoben seien:
In einer lesens- und wirklich "sehenswerten" Reportage für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG schildern Andreas Ernst und Roman Sigrist, wie Robert Capa, weltberühmter jüdischer Pionier der Fotografie mit der Kamera in der Hand die Geburt Israels sah - natürlich begleitet von einer ganzen Reihe der eindrucksvollen und berühmten Fotografien aus des Meisters Hand.
In der WELT betont der Historiker Michael Wolffsohn, dass Israel trotz des innenpolitischen Streits und der Gewalt im Nahost-Konflikt heute viel weniger isoliert sei als früher. Und dies, weil das Land biel anzubieten hat, wofür die Gründe wiederum tief in seiner Geschichte zu suchen sind. Einen entscheidenen Grund sieht Wolffsohn dabei in der langen und einmaligen Bildungstrationen des Judentums:
"Ohne die circa 2500-jährige jüdische Bildungstradition wären jene israelischen (und diasporajüdischen) Spitzenleistungen in Wissenschaft, Wirtschaft und auch Kultur undenkbar. Bereits im 2500 Jahre alten Text des jüdischen Hauptgebets „Höre Israel“ (aus Deuteronomium 6, 4–9) wird jedem Juden aufgetragen, seinen Kindern die biblischen Lehren weiterzugeben. Ohne dass jeder lesen und schreiben könne, wäre jenes Gebot undurchführbar."
Ist Israel ein jüdischer und demokratischer Staat, wie es die zionistischen Gründerväter wollten? Oder ein jüdischer, religiöser Staat, wie es die zunehmende Zahl der religiösen und ultraorthodoxen Israelis fordern? Oder doch ein "normaler", säkularer, demokratischer Staat? Mit diesen Fragen setzt sich Julio Segador in einem Feature für den SWR auseinander: "Israel - Ein Land sucht seine Identität".
Trotz allem Ungemach steht Israel 785 Jahre nach seiner Gründung stärker da denn ja, meint Jonas Roth in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG - und fragt sich, wie sich dieser Erfolg erkläre. Im Wesentlichen sieht er für das Gedeihen Israels drei Aspekte, die er jeweils näher ausführt. Entscheidend sei erstens der Fokus auf die Sicherheit des Staates und seiner Bürger gewesn, zum Zweiten "eine weltweit einzigartige Migrationspolitik" und zu Dritten schließlich "der Erfolg Israels auf der Herausbildung einer dynamischen Marktwirtschaft".
Auch Richard C. Schneider befasst sich mit den Gründen für das Phänomen Israel, das es seit 75 Jahren immer wieder geschafft habe, Niederlagen und Fehler in Erfolge umzuwanndeln. SChneider wirft bei seiner Spurensuche einen Blick zurück in die Geschichte des Landes und beschreibt dessen Erfolg im Grunde als den eines "StartUps": "Eine Nation als Start-up: Wie Israel seit 75 Jahren aus Krisen neue Kraft zieht".
Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Während der Bundestag, aber auch beispielsweise der nordrheinwestfälische Landtag, sozusagen den offiziellen und staatstragenden Part des Gratulierens zum 75jährigen Jubiläum des Staates Israel übernommen haben, nutzen einige Kommentatoren den freudigen Anlass, um über eher grundsätzliche Aspekte des deutsch-israelischen Verhältnisses nachzudenken. So betont etwa Stephan-Andreas Casdorff in seinem viele Aspekte streifenden Kommentar für den TAGESSPIEGEL u.a.: "Käme es heute zu einer existenziellen Bedrohung", dürfte eine politische wie militärische Zurückhaltung, "nach der Logik des Merkelschen Begriffs (Israels Sicherheit als Teil der deutschen Staatsräson), keiner bundesdeutschen Koalition gestattet sein. Neutralität ist keine Haltung. Eher muss die Bundeswehr auf den Golan." Christian Seidl beschäftigt sich im Rahmen seines historischen Rückblicks in der BERLINER ZEITUNG vor allem mit der permanenten existenziellen Bedrohungslage des Staates Israel:
"Seit 75 Jahren ist dieses Land Vernichtungsversuchen ausgesetzt. Seit 75 Jahren hält es ihnen nicht nur stand, es gedieh nebenher zu einer in jeder Hinsicht blühenden Landschaft, zu einem hoch entwickelten Industriestaat mit dem höchsten Lebensstandard im Nahen Osten und dem fünfthöchsten auf dem ganzen asiatischen Kontinent. Natürlich macht es was mir den Menschen, wenn sie fortwährend von der Vernichtung bedroht sind. Das muss man immer berücksichtigen, wenn man nach Israel schaut, auch auf die Politik dort. Gerade wir Deutsche sollten uns da mit Schulmeistereien zurückhalten."
Noch deutlicher mahnt in der WELT Alan Posener: "Deutsche, verschont Israel mit euren Befindlichkeiten". Posener geht es um die verschiedenen Funktionen und Erwartungen, die man von außen an Israel heranträgt: "Mal soziale Utopie, mal Apartheidstaat, mal Bastion gegen die muslimische Flut: Seit seiner Gründung musste Israel für Deutschland schon viele Rollen spielen. Inzwischen hat es sogar für die Debatte über weiße Schuld herzuhalten." Nachdem er sodann in seiner "kleinen Geschichte kollektiver Projektionen" diese allesamt wortmächtig entlarvt, mündet sein Beitrag gewissermaßen selbst in eine geradezu visionäre Projektion:
"Und in 75 Jahren? Ist die Föderation Israel-Palästina vielleicht Mitglied der EU, der Nato und der Arabischen Liga, Jerusalem Sitz der Vereinten Nationen, Gaza der größte Produzent von Solarenergie im Mittelmeerraum und israelische Meerwasserentsalzungstechnik die Rettung für die austrocknenden Felder Andalusiens und Marokkos. Deutsche Schüler – ob sie nun Fatima oder Igor heißen – absolvieren dort ihr soziales Jahr, während Wien, Venedig und Vilnius wieder zu Zentren jüdisch-orthodoxer Gelehrsamkeit neben Jerusalem und New York avanciert sind. Aber Vorsicht. Das sind nur Projektionen."
Der Link zum Gespräch in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

Eine Umfrage von YouGov sorgte am Wochenende für Empörung: demzufolge leitet weniger als die Hälfte der Befragten aus den Gräueltaten der Nationalsozialisten eine besondere Verantwortung für das jüdische Volk ab. Und im Nahost-Konflikt positioniert sich eine Mehrheit deutlich für die Palästinenser, wie Frederik Schindler für die WELT berichtet. Das ist sehr besorgniserregend – und gerade deshalb sollte man genau hinschauen, mahnt Oliver Marquart im SONNTAGSBLATT - und er übt deutliche Kritik an der Präsentation der Umfrage und Interpretation der Ergebnisse in der WELT: "Umfrage zu deutsch-jüdischem Verhältnis sorgt für Empörung: Was dahinter steckt".
Die Links dazu in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.


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„Fegt alle hinweg, die die Zeichen der Zeit nicht verstehen wollen“. Diese Worte des Vorsitzenden des nationalsozialistischen Deutschen Ärztebundes und späteren Reichsärzteführers Gerhard Wagner vom März 1933 bedeuten nichts anderes, als die Aufforderung an die Ärzteschaft und Bevölkerung, die jüdischen Medizinerinnen und Mediziner der Entrechtung und letztendlich der Vernichtung preiszugeben. Eine neue Ausstellung in Essen erinnert nun an die die systematische Entrechtung und Verfolgung jüdischer Ärzte in Deutschland. Sie wurde soeben anlässlich des 127. Deutschen Ärztetages in der Alten Synagoge in Essen eröffnet, wie das Fachblatt ZAHNMEDZIN ONLINE und das ÄRZTEBLATT berichten: "Ausstellung zum Gedenken an verfolgte jüdische Ärzte eröffnet".
Die Links zu den Berichten in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Am Nachmittag des 30. April 1945, wenige Stunden nach ihrer Hochzeit, begingen Hitler und seine Frau im Führerbunker unter der Reichskanzlei Selbstmord. Anschließend wurden die Leichen im Garten verbrannt, allerdings nur unvollständig, und verscharrt. Dies und anderes trug schnell dazu bei, dass sich bald schon zahlreiche Veschwörungstheorien rund um den Selbstmord Hitlers und seinen Leichnam rankten. Tatsächlich wurde die die Leiche des Diktators neunmal vergraben und wieder ausgebuddelt, was freilich alles nichts daran änderte, dass er tot war. Armin Fuhrer zeichnet in einem Beitrag für die BERLINER ZEITUNG die vertrackte Geschichte vom Leichnam des "Führers" nach: "Eingeäschert und verstreut: Hitlers letzte Reise endete erst 1970".
Der Link dazu in der Rubrik VERGANGENHEIT...

„Bindekuh mit dem Tod“ heißt die neue Graphc Novel mit Kindheitserinnerungen von Holocaust-Überlebenden aus Czernowitz. Vorbereitet wurde sie vom Czernowitzer Museum für die Geschichte und Kultur der Juden in der Bukowina, erschien zunächst in ukrainischer Sprache im Rahmen des internationalen Projekts "Erinnerung lernen" und liegt nun in deutscher Sprache vor. Das Buch beruht auf Augenzeugenberichten, Archivdokumenten sowie alten Fotografien und zeichnet die Geschichte des Holocaust in Czernowitz nach. Jetzt wurde die deutsche Fassung der Öffentlichkeit in Düsseldorf vorgestellt. Claus Clemens war für die RHEINISCHE POST mit dabei: "Kindheitserinnerungen von Holocaust-Überlebenden als Graphic Novel".
Mehr dazu in der Rubrik VERGANGENHEIT...

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Was für die einen die lang ersehnte Rückkehr der Staatlichkeit nach zweitausend Jahren in der Zerstreuung bedeutete, war für die anderen eine "Nakba" (arabisch: Katastrophe), ging doch die Staatsgründung Israels mit der Flucht und Vertreibung vieler Tausenderr Palästinenser einher. Und während auf jüdischer Seite am 14. Mai und dieses Jahr bereits zum 75. mal die Staatsgründung gefeiert wird, trauern und protestieren die anderen regelmäßig am 15. Mai des Jahres: "Nakba-Tag". Dazu zwei Beiträge, die in ihrer politischen Aussage kaum gegensätzlicher sein könnten - und in beiden Fällen ist eine gänzlich unterschiedliche Bewertung der Nakba die Ursache. In einem Beitrag für die BERLINER ZEITUNG wendet sich Hanno Hauenstein vehement gegen die Tendenz, Nakba-Demonstrationen aufgrund des Vorwurfes, sie seien isrealfeindlich und antisemitisch, zu verbieten. Er sieht in dieser Verbotskultur vielmehr ein Zeichen für die Unfähigkeit, "sich mit Palästinensern – ihrer Geschichte, ihren Ausdrucksformen, ihrer Kritik – auseinanderzusetzen". Auf der anderen Seite ein Beitrag, der dem "Lagebild Antisemitismus der Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus" der Amadeu Antonio Stiftung entnommen ist. Dieser auf BELL-TOWER zu lesende Auszug legt die "Nutzung der Nakba-Erzählung als antisemitisches Narrativ" dar und verweist kritisch auf "antisemitische Vernichtungsfantasien auf dem 'Nakba-Tag'".
Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Stella Leder ist Autorin und Dramaturgin. 2015 gründete sie das Institut für Neue Soziale Plastik mit, das mit künstlerischen Mitteln zu Antisemitismus arbeitet.Im Interview mit nd.AKTUELL (vormals NEUES DEUTSCHLAND) beklagt sie, dass Antisemitismus und Israelfeindlichkeit in der deutschen Kulturszene weit verbrreitet sei - und die Luft für Antisemitismuskritiker immer dünner werde. Diejenigen etwa, die sich der »Initiative GG 5.3 Weltoffenheit« angeschlossen und den Brief »Wir können nur ändern, was wir konfrontieren« unterschrieben haben, in denen BDS nicht als antisemitisch eingestuft und der dahingehende Bundestagsbeschluss verurteilt wird, zu dem Who-is-Who des deutschen Kulturbetriebs gehören. Das habe Konsequenzen für antisemitische Kulturschaffende:
"Das sind Personen, die große Institutionen leiten und als Professor*innen an Kunsthochschulen lehren. Personen, die in Findungskommissionen und Jurys sitzen, und so weiter. Man muss die Documenta auch innerhalb dieses Kontexts verstehen, in dem Offenheit für BDS verlangt wurde – und zwar ohne gleichzeitig Solidarität mit Personen auszusprechen, die von BDS oder von israelbezogenem Antisemitismus allgemein betroffen sind. Nicht einmal die Documenta hat diesen Personenkreis dazu bewogen, sich entsprechend zu äußern. In dieser Konstellation wird Antisemitismus ermutigt, nicht verhindert. Die Documenta wird deshalb nicht der letzte Skandal dieser Art gewesen sein, sondern die Debatten um Antisemitismus werden in den nächsten Jahren sehr stark an die Kultur gebunden bleiben."
Dazu passt, was Klaus Hillenbrand in der TAZ von einem kürzlich in der Bildungsstätte im Haus der Wannsee-Konferenz stattgefundenem Podium berichtet, bei dem es um Antisemitismus in Kunst und Kultur ging: "Von der Kunstfreiheit gedeckt?". Hillenbrand gibt wieder, was die Kostümbildnerin und Jüdin Aviva von ihren Erfahrungen an einem deutschen Theater berichtet hat. Bei ihrer Einstellung war sie zunächst ziemlich konsterniert, als man sie - dem deutschen Steuerrecht geschuldet - zuerst nach ihrer Religionszugehörigkeit befragte. Das Theater hatte sich außerdem einem Intendantenpapier angeschlossen, das unter dem Namen "Weltoffen" Sympathien für BDS-Positionen hegte:
"Aviva fühlte sich unwohl bei der Arbeit. Sie soll Künstlern eine Bühne bereiten, die ihrerseits eine Nähe zu BDS demonstriert hatten. Sie soll ein Video verbreiten, dessen Protagonist Demonstrationen gegen Israel unterstützt hat. Antisemitismus dagegen sei nie ein Thema bei diesem Theater gewesen, sagt sie. Nach einem halben Jahr reichte Aviva ihre Kündigung ein. Sie sagt: 'Aufgrund meines Jüdischseins war ich dazu gezwungen, meinen Job aufzugeben.' Am Ende sei sie noch inquisitorisch nach ihrer Meinung zur israelischen Besatzung des Westjordanlands befragt worden."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Im Jahr 2022 wurden der Antisemitismus-Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) insgesamt 719 Vorfälle gemeldet, die nach einer Prüfung durch die Expertinnen und Experten eindeutig antisemitisch waren. Dies ist nach dem Rekordjahr 2021 mit 965 gemeldeten antisemitischen Vorfällen der zweithöchste Wert, der von der Meldestelle verzeichnet wurde und entspricht rund zwei Vorfällen pro Tag. Das geht aus dem von IKG-Präsident Oskar Deutsch und Generalsekretär Benjamin Nägele präsentierten Jahresbericht hervor. Die KLEINE ZEITUNG berichtet über die wichtigsten Ergebnisse und der Jahresbericht selbst steht ebenfalls im Wortlaut zur Verfügung: "Täter und Opfer antisemitischer Übergriffe werden immer jünger".
Die Links dazu in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Der Anschlag von Halle 2019 und die starke Zunahme antisemitischer Gewalttaten in den letzten Jahren zeigen: Jüdisches Leben ist in Deutschland bedroht wie lange nicht mehr. In unserem Arbeitspapier zeichnet Michael Kraske ein präzises, schonungsloses und beunruhigendes Bild des aktuellen Antisemitismus in Deutschland. Der Politikwissenschaftler, Historiker und Journalist Michael Kraske hat im Auftrag der Otto-Brenner-Stiftung analysiert, wie allgegenwärtig die modernen Varianten des Antisemitismus – zur Schuldabwehr und mit Israelbezug – sind und wie schwer es vielen fällt, antijüdische Ressentiments zu erkennen und zu verurteilen. Erkennbar wird ein erschreckender Mangel an Handlungskompetenz in Bildungsinstitutionen, in Sicherheitsbehörden und im Kulturbetrieb. Über ein kritisches Lagebild hinaus zeigt das Arbeitspapier, wie wichtig es ist, den Perspektiven der Betroffenen zuzuhören und welcher struktureller Reformen der Kampf gegen Antisemitismus dringend bedarf. Pitt von Bebenburg stellt das Papier, das auch zum Download bereit steht, in der FRANKFURTER RUNDSCHAU vor: „Mitten in der Gesellschaft zu finden“.
Die Links dazu in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

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Der franösisch-jüdische Philosoph Alain Finkielkraut (73) gehört zu den bekanntesten europäischen Denkern der Gegenwart, doch er löst mit seiner schonungslosen Klarheit häufig auch heftigen Widerspruch aus. Im Gespräch mit der TAGESPOST zeigt er sich, obwohl selbst nicht gläubig, fasziniert vom Werk des ehemaligen Papstes Benedikt XVI., den er an "zwei Fronten" im Einsatz sah. Keine gute Meinung hat er hingegen von Papst Franziskus und dessen interreligiösem Bemühen:
"Was die Intelligenz betrifft, wage ich bei Franziskus Zweifel anzumelden. Franziskus weigert sich, im jüdisch-christlichen Dialog die Strenge des Christentums anzunehmen. Im Namen des Mitleids, der Gastfreundschaft und des Antirassismus verschließt er auch die Augen vor der Gewalt des Islams. Er verneint diese Gewalt, obwohl sie einem ins Auge springt."
Nach seinem eigenen "Glauben" befragt, sagt er:
"Mein Atheismus ist nicht selbstbewusst oder gar draufgängerisch, eroberungslustig. Nein. Mein Atheismus besteht nicht darin, dass ich glaube, die Anthropologie habe die Theologie ersetzt oder der Mensch sei auf Gottes Thron gestiegen. Mein Atheismus ist melancholisch. Mein Atheismus ist verwaist. Gott existiert nicht für mich. Ich glaube nicht an Gott, weil ich an den Tod glaube. Und selbst der Tod ist für mich weniger ein Glaube als eine Gewissheit. Vielmehr: Ich lebe den Tod wie eine Gewissheit. Es gibt kein Jenseits für mich."
Der Link zum Interview in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Manchmal ändert man seine Meinung, manchmal seine Überzeugung - und manchmal seinen Glauben: Doch was bringt Menschen dazu, ihre Religion zu ändern? Viele Lebensläufe von Konvertiten ähneln sich, aber nicht jede Religion lädt zum Wechsel ein. Kirsten Dietrich gibt im DEUTSCHLANDRADIO einen Überblick, was Konversion überhaupt bedeutet, wie die Religionen damit umgehen, oder mit welchen Problemen die Konvertierten konfrontiert sind: "Wie wechselt man seine Religion?". Passend dazu kann man auf dem Nachrichenportal von MSN eine Bildstrecke ansehen, die über zehn Hollywood-Stars informiert, die sich für eine andere Religion entschieden haben: "Sofia ist für Elliot zum Judentum konvertiert!"
Die Links zum Thema in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Der Judaist Peter W. Ochs erhält für seine von ihm mitentwickelte Methode des "Scriptural Reasonings" den hochdotierten Dr. Leopold Lucas-Preis. Die Methode zeigt: Das Verständnis für die heilige Schrift kann über Religionsgrenzen hinweg verbinden. Judith Kubitscheck erläutert im SONNTAGSBLATT, wie die Methode funktioniert: "Scriptural Reasoning: Was passiert, wenn Christen, Juden und Muslime gemeinsam ihre heiligen Schriften lesen".
Der Link dazu in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Vor 75 Jahren wurde der Staat Israel ausgerufen. Damals waren nicht alle begeistert. Auch nicht der Vatikan. Wie sich das Verhältnis vom Heiligen Stuhl zum jüdischen Staat entwickelt hat, erklärt Klaus Unterburger in einem Beitrag für DOMRADIO. Inwiefern das österreichische Wien ein wichtiger Ort judenchristlicher Geschichte ist und zur israelische Vorgeschichte dazu gehört, beschreibt wiederum Franz Graf-Stuhlhofer in der WIENER ZEITUNG. Und auf dem Portal JESUS.de erläutert der Theologe Tobias Krämer, warum an Israel und seiner Geschichte kein Weg vorbei führt, wenn man sich mit dem christlichen Glaubne beschäftigt. U.a. sagt er:
"Ein Beispiel: Wenn wir über Gott sprechen, dann denken wir an Gott als Schöpfer und als den Vater Jesu, der seinen Sohn zur Rettung der Welt gesandt hat. Aber es gibt eben noch eine dritte große Selbstbestimmung Gottes. Er hat sich selbst zum Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs gemacht, zum Gott Israels. Das heißt, dass wir Christen an den Gott Israels glauben.
Wir haben also mitten in unserer christlichen Gotteslehre Israel drin. Und wenn man die Felder der Theologie durchgeht, würde man an allen Ecken und Enden merken, dass Israel drinsteckt. Israel ist nicht nur ein Thema, sondern eine Dimension. Es ist der Hintergrund der ganzen Bibel und unseres Glaubens."

Die Links zum Thema in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

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Mehr als 1.000 jüdische Jugendliche erwartet der Zentralrat der Juden in Deutschland am Freitag zur Jewrovision in Frankfurt am Main. Zum „größten Tanz- und Gesangswettbewerb für jüdische Jugendliche in ganz Europa“ rechnen die Veranstalter außerdem mit bis zu 4.000 Zuschauern in der Frankfurter Festhalle. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) eröffnet die diesjährige 20. Jewrovision. Kathrin Rosendorff hat bei den Proben zugeschaut und berichtet über das Ereignis in der FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Frankfurt: Proben für den Jewrovision".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Vergangenen Sonntag erhielt der ukrainische Präsident Selensky und das ukrainische Volk den renommierten Internationalen Karlspreis in Aachen für die Verteidigung der europäischen Werte. Ursprünglich ein populärer jüdischer Komiker wurde er zum Erstaunen vieler zuerst zum Präsidenten seines Landes gewählt - und musste schließlich auch als dessen oberster Kriegsherr den Kampf gegen die russische Agression anführen. Für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG hat Polina Kantor ein sehr informatives und interessanten Porträt über ihn verfasst: "Der Kämpfer".
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Nicht weit entfernt vom Touristenrummel in der türkischen Metropole Istanbul befindet sich das jüdische Museum der Türkei. Gegründet wurde das kleine, aber feine Museum im Jahr 2001, zum Gedenken an die fünf Jahrhunderte zuvor erfolgte Flucht der sephardischen Juden ins ottomanische Reich. An seinen heutigen Standort verlegt, wo es mit der wunderschönen Neve-Shalom-Synagoge direkt verbunden ist, kam es erst vor neun Jahren. Charles E. Ritterband porträtiert das Musaum für die schweizer-jüdische Wochenzeitung TACHLES: "Ein Museum, das gleichzeitig erzählt und schweigt".
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Über sechs Jahrhunderte lebten jüdische Menschen im Memelland, einem 140 Kilometer langen und 20 Kilometer breiten Landstrich im ehemaligen Ostpreußen, heute in Litauen. Wie viele von ihnen sich entlang der Memel niederließen und wie viele im Sommer 1941 ermordet wurden, ist ungewiss. Sicher ist, dass die Schatten der Vergangenheit auch heute noch über der Memel hängen, wenngleich Litauen sich zunehmend mit dem jüdischen Erbe auseinandersetzt, wie Susanne Šemele ein einem Beitrag für NORDISCH.info schildert: "Jüdisches Memelland – Die Geschichten hinter den mystischen Buchstaben".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

David Safier erzählt in seinem neuen Roman "Solange wir leben" die Geschichte seiner Eltern: Sie führt uns vom Wien des Jahres 1937, durch die Gefängnisse der Gestapo, nach Palästina, wo sein Vater Joschi als Barmann und Spion arbeitet und schließlich zur See fährt. Seine Mutter Waltraut wächst als Tochter eines Werftarbeiters in Bremen auf, erlebt Kriegszeit, Trümmerjahre und Wirtschaftswunder. Bei ihrer ersten Begegnung ist Waltraut eine junge alleinerziehende Witwe, Joschi zwanzig Jahre älter als sie. Wenig spricht dafür, dass die beiden sich ineinander verlieben und ein gemeinsames Leben wagen - ein Leben geprägt von steilen Höhenflügen und dramatischen Schicksalsschlägen. Sibylle Peine hat das Buch für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG gelesen: "David Safier schreibt rührenden Roman".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

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Zum 90. Jahrestag der Bücherverbrennung von 1933 erschien die erweiterte und neubebilderte Neuausgabe von Jürgen Serkes epochalem Buch »Die verbrannten Dichter«. Serke zeichnete die Lebensgeschichten jener exilierten Schriftsteller und Schriftstellerinnen nach, deren Werke von den Nationalsozialisten verbrannt wurden. Die Portraitserie erschien zunächst im STERN und holte vergessene Autoren wie Irmgard Keun, Walter Mehring, Armin T. Wegener, Ernst Toller und Yvan und Claire Goll in das öffentliche Bewusstsein zurück. Serkes Wiederentdeckungen hatten maßgeblichen Einfluss auf die Lektüreinteressen einer Generation von Leserinnen und Lesern in Deutschland. Das Buch führte zu einer Wiederentdeckung der Exilliteratur. Thomas Anz stellt die Neuausgabe für die LITERATURKRITIK vor: "Jürgen Serkes neu aufgelegter Band 'Die verbrannten Dichter'“
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.

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Heute Abend im TV: Eine Reportage über Israelis, die eine neue Heimat in Berlin suchen und eine anderthalbstündige Dokumentation über den Oslo-Friedensprozess im Nahen Osten, der im September 1993 mit dem symbolsichen Händedruck zwischen Israels Ministerpräsident Izchak Rabin und PLO-Chef Jassir Arafat große Hoffnungen auf den Frieden machte.
Mehr dazu in den FERNSEH-TIPPS.

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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EDITORIAL HIGHLIGHTS

17. Mai 2023

 * Israels Staatsgründung als „Katastrophe“  ... mehr

 * Keine echte Demokratie ohne die Palästinenser ... mehr
 
 * Sechs Menschen blicken auf eine gespaltene Nation ...
mehr
 
 * 75 Jahre Israel ...
mehr
 
 * Deutsche, verschont Israel mit euren Befindlichkeiten! ... mehr
 
 * Gedenken an verfolgte jüdische Ärzte  ... mehr
 
 * Hitlers letzte Reise endete erst 1970 ...
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 * „Bindekuh mit dem Tod“ ...
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 * Nakba und Antisemitismus ... mehr
 
 * Kunst und Judenhass ...
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 * Antisemitismus in Österreich ...
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 * Antisemitismus: Mitten in der Gesellschaft ...
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 * Alain Finkielkraut im Gespräch ... mehr
 
 * Wie wechselt man seine Religion? ...
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 * "Scriptural Reasoning" ...
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 * Weshalb der Vatikan dagegen war ...
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 * Proben für den Jewrovision ... mehr
 
 * Der Kämpfer ...
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 * Ein Museum, das gleichzeitig erzählt und schweigt ...
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 * Jüdisches Memelland ...
mehr
 
 * Buch-Tipp: Jürgen Serke - Die verbrannten Dichter ... mehr
 
 * TV-Tipp: Die Oslo-Tagebücher ... mehr
 
 
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