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ISSN 1612-7331
07.09.2021 - Nr. 1960
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Die nächste Tagesausgabe erfolgt am Mittwoch, 15. September 2021.


Guten Tag!

Nr. 1960 - 07. September 2021



Der erste Staatsbesuch des israelischen Premiers Naftali Bennett in den USA komme einem internationalen Ritterschlag gleich, meint Sabine Brandes in der JÜDISCHEN ALLGEMEINEN WOCHENZEITUNG und gibt einen Überblick zu den Themen und dem Ablauf des Treffens. Dabei ging es auch um eine mögliche Bedrohung Israels durch einen in Afghanistan erneut entstehenden Terrorstaat: »Die Taliban sind Sunniten wie die Hamas. Es könnte also gut sein, dass die Terrororganisation aus dem Gazastreifen dort demnächst trainiert oder sich sogar Waffen besorgt.« Insgesamt, so bilanziert Markus Bickel in seiner Analyse in der Wochenzeitung DER FREITAG, unterscheide sich die Außenpolitik Naftalis so gut wie überhaupt nicht von der seines Vorgängers Netanjahu. Die wichtiste Botschaft von Naftalis USA-Besuch habe wohl darin gelegen, seine Wählern in Israel zu zeigen, "dass er auf internationalem Parkett bestehen kann".
Die Links zu den Berichten in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

Scheikh Jarrah liegt im Herzen Jerusalems, zwischen der Altstadt im Süden und der Hebräischen Universität auf dem Mount Skopus im Norden, zwischen dem jüdischen Westjerusalem und dem palästinensischen Ostjerusalem. Erst im Mai dieses Jahres ist das Ostjerusalemer Viertel einer der Auslöser gewesen für die heftigsten Gewaltausbrüche im Nahen Osten seit Jahren. Warum ist dieses eineinhalb Quadratkilometer kleine Stadtviertel so brisant? Ofer Waldman schildert in einem Beitrag für DEUTSCHLANDRADIO die Geschichte des Viertels und erläutert, warum es zu einem "Mikrokosmos des Nahostkonflikts" wurde.
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

"Israels neue Regierung mit ihren acht Parteien hält besser zusammen, als viele vorausgesagt haben", urteilt Benjamin Hammer und macht das u.a. daran fest, dass das Bündnis mit den ungleichen Parteien nun ihre vielleicht wichtigste Ankündigung umgesetzt und einen dringend benötigten Staatshaushalt für die Jahre 2021 und 2022 auf den Weg gebracht hat. Auch Christine Kensche zeigt sich in ihrem Bericht für DIE WELT von der neuen Regierung beeindruckt:
"'König Bibi' wurde entthront. Die Rechten haben einen Pakt mit den Linken geschlossen. Araber regieren das Land. 'Und dennoch geht jeden Morgen die Sonne auf', spottete neulich der Netanjahu-Biograf Ben Caspit. Acht Parteien von rechts- bis linksaußen und erstmals in der Geschichte auch eine arabische Liste bestimmen seit nun zweieinhalb Monaten Israels Politik. Was niemand erwartet hatte: Die Riesen-Koalition hält – und schlägt sich sogar ganz gut."
Ähnlich sieht das auch Odeh Bisharat, geboren 1956, Kolumnist der „Haaretz“ und Romanautor in einem Gastbeitrag für den TAGESSPIEGEL und verweist gleichwohl auf die schmerzende Zerrissenheit, die Netanjahu dem Land hinterlassen habe:
"Man kann sagen, Netanjahu hat das politische System in Israel nachhaltig beschädigt. Alle misstrauen allen. Den einen hat er gekauft, den zweiten mit einem Bann belegt. Der irakische Dichter Mudhaffar al-Nawab hat einmal geschrieben von einem „finsteren Keller, in dem ein Skorpion dem anderen nicht über den Weg traut“."
Insgesamt bilanziert er die bisherige Arbeit der Nachfolger Netanjahus in der Regierung wie folgt:
"Die Errichtung der neuen Regierung markiert eine Rückkehr zur Normalität. Doch damit ist erst die halbe Arbeit getan. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, die Besetzung zu beenden, die Einsperrung und Unterdrückung eines anderen Volkes. Gelingt dies nicht, werden wir zum Ausgangspunkt zurückkehren, als sei nichts gewesen."
Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Am Morgen des 5. September 1972 überfielen acht bewaffnete palästinensische Terroristen, die im Vorfeld von deutschen Neonazis unterstützt worden waren, ein Wohnquartier des israelischen Teams im olympischen Dorf. Was als Geiselnahme begann, endete mit der Ermordung aller elf israelischen Geiseln sowie mit dem Tod von fünf Geiselnehmern und eines Polizisten. So die Bilanz der "friedlichen Spiele", der Olympiade 1972 in München. In der RHEINISCHEN POST schildert Julia Nemesheimer noch einmal die Ereignisse jener Tage. In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG berichtet Peter Bierl von einer Gedenkveranstaltung für die Ermordeten des Übefalls in München, bei der Charlotte Knobloch auch an den rechten Terror der Gegenwart erinnerte und die Bundestagswahl ein "Referendum gegen den Hass" nannte. In der WELT bringt Anna Staroselski, Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland, das Datum des 5.9.1972 in Verbindung mit der Schleyer-Entführung durch die RAF, die exakt fünf Jahre später am 5. September 1977 begann und fordert, beide Ereignisse müssten Bestandteil des Geschichtsunterrichts werden:
"Die Erinnerung an das Münchner Olympia-Attentat, an den Deutschen Herbst und den grausamen Linksterrorismus in der frühen Bundesrepublik darf nicht aufhören. Wir sind es den Opfern und Hinterbliebenen schuldig, ein würdiges Gedenken zu schaffen und die künftigen Generationen über die Gräueltaten zu informieren. Unbedingt muss dies in den Schulcurricula Beachtung finden, aber auch in einem möglichen Museum des Deutschen Herbsts. Die Bundesregierung hat dafür bereits ein Budget im Bundeshaushalt vorgesehen."
Die Links zum Thema in der RubrikISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

Wenn es um den Nahen Osten, Israel und den Konflikt mit den Palästinensern geht, verfallen Politiker in Deutschland schnell in abgedroschene Phrasen. Jede Menge davon findet man auch in den Programmen zur anstehenden Bundestagswahl. Und dennoch gebe es auch erfrischende Vorschläge, die Sandro Serafin nach der Lektüre der Partiprogramme in einem Beitrag für ISRAELNETZ mit seinen Lesern teilt: "Nicht nur Phrasen - aber vor allem".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

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In der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG erinnert der russische Autor Valery Schubinsky an die Belagerung von Leningrad durch die Deutschen vor achtzig Jahren. Eindrücklich schilder er, wie er einst selbst in der Stadt nach dem Krieg aufwuchs und welche Traumatisierungen jene Kriegstage bis in die Gegenwart zeitigten. Die quälendste Frage, die man sich nicht getraut habe zu stellen, sei gewesen: Warum hat man nicht kapituliert und statt dessen eine Million Tote hingenommen? Eine Kapitulation, so Schubinsky, sei freilich nie eine Option gewesen:
"Die Vororte waren bereits besetzt. In Puschkin erlebten 50.000 Einwohner den Einmarsch der Wehrmacht. Gleich in den ersten Tagen wurden die Juden - 1.500 - ermordet. Über 6.000 weitere Bürger wurden mit der Zeit aus diversen Gründen - von verdächtig 'jüdischem' Aussehen bis zum Fehlen von Ausweispapieren - erschossen. 18.000 wurden zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Die überwältigende Mehrheit aller anderen starb an Unterernährung und Erfrierung."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

»Forum 20. Juli 1944 – Vermächtnis und Zukunftsauftrag« – unter diesem Motto diskutiert die Konrad-Adenauer-Stiftung regelmäßig mit ausgewählten Personen des öffentlichen Lebens. Am Dienstagabend letzter Woche lud die CDU-nahe Organisation im Rahmen dieser Reihe, die vor rund zweieinhalb Jahren gegründet wurde, ins Jüdische Museum Berlin zum Thema jüdischer Widerstand ein. Hauptredner war diesmal Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden. André Anchuelo hat ihm für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG aufmerksam zugehört: "Der Mensch hat immer eine Wahl".
Der Link zum Bericht in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Was kann man über sexuelle Gewalt im Krieg wissen? Wie erzählt man das Unsagbare, für das nicht nur die Zuhörer, sondern auch die Begrifflichkeiten jahrzehntelang fehlten? Was wird von wem beschwiegen, und warum? Die Historikerin Andrea Peto hat über diese Fragen ein bemerkenswertes Buch geschrieben. Mit ihrer Pionierstudie hat sie sich der Herausforderung gestellt, die Geschichte der Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung zu erzählen, speziell die der Massenvergewaltigungen von Frauen im Zweiten Weltkrieg durch deutsche, sowjetische und ungarische Soldaten in Ungarn. Svenja Goltermann stellt das Ergebnis der Studie in einem Beitrag für das Portal GESCHICHTE DER GEGENWART näher vor: "Und dennoch bleiben immer wieder Leerstellen".
Der Link dazu in der Rubrik VERGANGENHEIT...

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Vor 40 Jahren, am 29. August 1981, war Wien Schauplatz eines antisemitischen Terroranschlags. Ein palästinensisches Kommando griff an jenem Samstag die Besucher und Besucherinnen des jüdischen Stadttempels in der Wiener Seitenstettengasse an. Dabei starben zwei Menschen, 21 wurden verletzt. Am vergangenen Sonntag, dem diesjährigen Jahrestag des Attentats, gedachte die Israelitische Kultusgemeinde mit einer Veranstaltung den Opfern. In Reden wurde von Zeitzeugen und Zeitzeuginnen erzählt, wie sie den Angriff erlebten – besser gesagt, wie sie ihn überlebten. Markus Sulzbacher war für den STANDARD mit dabei und schildert auch, wie das offizielle Österreich nach dem Anschlag mit den Terroristen einen haarsträubenden Deal eingegangen war: "Terrorziel Synagoge: Vor 40 Jahren erschütterte ein antisemitisches Attentat Wien".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

"Seltsam und einzigartig ist die Vielzahl der Feindschaften, die dem Judentum über seine ganze Geschichte hinweg und heute wieder – allerdings heute nicht mehr aus dem Christentum - entgegengebracht werden", konstatiert Heinz Theisen, der vor seinem Ruhestand als Professor für Politikwissenschaft an der Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen Köln lehrte, zu Beginn seines Beitrags in der TAGESPOST über den Antisemitismus der Gegenwart. Dabei geht es ihm darum deutlich zu machen, dass Antisemitismus "nicht nur ein Problem des Islam oder der Rechten" ist, sondern auch durch eine "schwer erklärbare Affinität der Linken zum Islam" charakterisiert werden kann, ein "bedrohliches Phänomen", für das er eine "kulturellen Erklärung" zu geben versucht. Seine Analyse mündet in der Überzeugung, dass die
"Vielzahl der Formen des Antisemitismus ... zugleich immer Feindschaften gegen den Westen (bedeuten). Insofern wird der Kampf gegen den Antisemitismus eine Nagelprobe darauf sein, ob jedenfalls die Europäer überhaupt noch zur Selbstverteidigung ihrer Kultur und Zivilisation in der Lage sind."
Der Link zum Gespräch in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

In der Pandemie sind antisemitische Verschwörungsideologien wieder präsent geworden. Um dagegen vorzugehen und jüdisches Leben von "Mensch zu Mensch erfahrbar zu machen", hat sich ein "Bündnis gegen Antisemitismus" in Dresden und Ostsachsen gegründet, dem sich bereits 26 Vereine und Initiativen angeschlossen haben. Katrin Tominski stellt das Bündnis in einem Beitrag fürden MDR näher vor: "Anti-jüdische Verschwörungstheorien in der Pandemie: Neues Bündnis gegen Antisemitismus".
Der Link zum Bericht in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Im SPIEGEL ist ein nicht ganz gewöhnliches Interview mit Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, zu lesen. Die Fragesteller waren nämlich die Kinderreporter Johann, 11 Jahre, und Alma, 13 Jahre. Die beiden sprachen mit Schuster über antisemitische Angriffe und seinen Lieblingsfeiertag: »Kein Mensch kommt als Antisemit auf die Welt«
Der Link zum Interview in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

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Am 26. September 2021 ist Bundestagswahl. Der Wahlkampf kommt also langsam in die heiße Phase – und tatsächlich war der Ausgang einer Wahl in Deutschland lange nicht mehr so offen wie dieses Mal. CDU/CSU, Grüne und SPD haben noch Chancen, jeweils stärkste Kraft zu werden. Viele Wahlberechtigte sind zudem noch unentschieden. Doch wie halten es die Parteien, um Goethes berühmte Gretchenfrage an dieser Stelle zu zitieren, mit der Religion? Wie positionieren sie sich zu Themen wie Glaube, Schöpfung, christliche Kirchen oder Feiertage? Einen Überblick liefert ein Beitrag in VATICAN NEWS - und das SONNTAGSBLATT hat die Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD, GRÜNE und FDP analysiert und stellt das Ergebnis in vier Beiträgen vor: "Das Thema Religion in den Wahlprogrammen".
Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

In seiner Generalaudienz am 11. August hatte Papst Franziskus über einen Brief des Apostels Paulus gesprochen und dabei unter anderem gesagt: "Das Gesetz (die Thora) aber gibt kein Leben." Mit dieser Aussage hat er mächtig Wirbel erzeugt, behauptet er doch damit, die jüdische Lehre sei veraltet. So hat das zumindest Rabbiner Rasson Arousi von der Kommission des israelischen Großrabbinats für den Dialog mit dem Heiligen Stuhl verstanden und in einem Brief an den Vatikan heftig kritisiert. In seiner Predigt habe der Papst den christlichen Glauben nicht nur als Ersatz für die Thora dargestellt, sondern er behaupte auch, jüdische Religionsausübung sei "in der heutigen Zeit obsolet", so Arousi. Unterdessen hat der Vatikan auf die jüdische Kritik auch offiziell mit einem Antwortbrief an das israelische Großrabbinat reagiert, dessen Wortlaut zwar noch nicht bekannt ist, der aber als Zeichen des Dialogs aufgefasst werden könne, wie DOMRADIO berichtet: "Ein Zeichen der Versöhnung".
Links zum Thema in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Das Bild der Mutter Jesu im Koran kann auch Christen inspirieren, davon ist der katholische Theologe Klaus von Stosch überzeugt. Im Gespräch mit DEUTSCHLANDRADIO zeigt er, welche Bedeutung Maria, oder Maryam auf Arabisch, im Koran hat, wie sie dann in der Tradition wahrgenommen wurde und wie sie von Musliminnen und Muslimen heute wahrgenommen wird. Und was das im Rückkehrschluss wieder für ein christliches Verständnis von Maria bedeuten kann, ist ebenfalls Gegenstand des Gesprächs: "Maria - Brückenfigur im Gespräch der Religionen".
Der Link dazu in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

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Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat unter reger Anteilnahme von Vertretern aus Politik und Gesellschaft am Donnerstag vergangener Woche in Frankfurt am Main den Spatenstich für die Jüdische Akademie in Deutschland gefeiert. Es ist die erste überregionale jüdische Institution dieser Art, die nach dem Holocaust in Deutschland errichtet wird. »Wir wollen einen Ort modernen jüdischen Denkens schaffen, einen Ort, der Denktraditionen des Judentums mitnimmt ins 21. Jahrhundert«, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster bei dieser Gelegenheit, wie EVANGELISCH.de und die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG berichten. Für DEUTSCHE WELLE kommentiert Christoph Strack nachdenklich und mahnend:
"Wer baut, der will bleiben. Aber können sie das? In der Kostenkalkulation für die Frankfurter Akademie sind selbstverständlich die Ausgaben für besondere Sicherheitsmaßnahmen inbegriffen. ... Wenn dieses Land sich freut, dass Juden nach dem Menschheitsverbrechen der Shoa in Deutschland bauen und bleiben wollen, dann muss es mehr dafür tun. Das gilt gegen rechtsextremen Terror, für den Hanau 2019 nur das letzte schreckliche Beispiel ist, wie gegen den Hass bei Demonstrationen von arabischen Israel-Kritikern oder sogenannten Querdenkern."
Die Links zum Thema in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Juden sind am Golf schon lange aktiv. Doch seit dem Normalisierungsabkommen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten kommen sie in Strömen. Zum Vergnügen die einen, risikofreudig die andern. In einer beeindruckenden Fotoreportage berichtet Ulrich Schmid in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG von der Situation der Juden in den Emiraten - mit all den dazugehörigen Unwägbarkeiten und Widersprüchen:
"Natürlich sind die Emirate eine üble, ruchlose Diktatur. Doch die Juden sind nicht nach Dubai gekommen, um fehlgeleiteten Arabern die demokratische Erleuchtung zu bringen, sondern um Geschäfte zu machen, genauso, wie Westler in China, Russland oder Saudiarabien. Natürlich ist die Religionstoleranz am Golf dekretiert und nicht Ausdruck echter Vielfalt oder gar Rechtsstaatlichkeit. Die Juden, verfolgt durch Jahrhunderte, wissen sie dennoch zu schätzen. Das ist mehr als verständlich, es ist klug."
Der Link zur Reportage in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Max Czollek hat sich in der Öffentlichkeit einen Ruf als "kritische" jüdische Stimme erworben. Ist er aber überhaupt jüdisch? Just dies hat Mitte August der Schriftsteller Maxim Biller "in seiner wie üblich schonungslosen und jederzeit zur Kränkung bereiten Schnoddrigkeit" (Die Welt) in einem Artikel für DIE ZEIT (leider nicht frei zugänglich) in Frage gestellt, da Czolleks Mutter keine Jüdin war, ja, nicht einmal sein Vater, sondern "nur" sein Großvater. Lege man also das Prinzip der Matrilinearität zugrunde, das sich mit dem jüdischen Religionsgesetzt, der Halacha, deckt, darf als Jude nur gelten, wer von einer jüdischen Mutter abstammt - was auf Czollek nicht zutreffe. Mit der Auseinandersetzung zwischen Czollek und Biller ist mithin einmal mehr ein Streit um die Rolle der sogenannten "Vaterjuden" ausgebrochen. In einem Beitrag ebenfalls für die ZEIT kritisierte Meron Mendel von der Bildungsstätte Anne Frank die Haltung Billers und forderte, die Antwort auf die Frage, wer Jude ist, "kann nicht Exklusion sein, sondern Pluralismus" und verweist vor allem auf die russischen Juden in Deutschland, unter denen es sehr viele "Vaterjuden" gebe:
"Deren Ausschluss durch die jüdischen Gemeinden bedeutet daher einen bewussten Verzicht auf die Hälfte der jüdischen Nachwuchsgeneration. Düstere Aussichten für die Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland! Und auch eine traurige Realität in der Gegenwart: Auch dieses Jahr dürfen Kinder jüdischer Väter in den Ferien nicht mit auf die Sommercamps der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden, sie sind von den Jugendzentren der meisten Gemeinden ausgeschlossen und dürfen ihre Bat oder Bar Mizwa nicht in der Synagoge feiern."
Die Debatte hat wiederum Ende August die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG dazu animiert, einige Juden um ihre Sicht der Dinge zu bitten, darunter u.a. die Schriftstellerin Lena Gorelik, die Journalistin Esther Schapria sowie die die Rabbiner Anderew Steiman und Arie Folger. Letzerer schreibt kategorisch:
"Jude ist, wer von einer jüdischen Mutter geboren oder ordentlich zum Judentum übergetreten ist. Dass das Religionsgesetz bezüglich der Matrilinearität erst in der Mischna auftaucht, ist schlicht die Behauptung jener, die generell nicht bereit sind, eine Kontinuität zwischen der Halacha und dem 'biblischen Judentum' zu sehen. Im Tanach gibt es verschiedene Stellen, die auf die Matrilinearität der jüdischen Zugehörigkeit hinweisen. Dieses Gesetz wird sich nicht ändern."
Ebenso unmissverständlich, was schließlich Zentralratspräsdient Josef Schuster ebenfalls in der JÜDISCHEN ALLGEMEINEN festhält:
"Du segelst unter falscher Flagge! Du sprichst und schreibst über Themen zum Judentum, über die Erinnerung an die Schoa und über Integration so, als wärst du selbst Jude, als gehörtest du zu einer Minderheit. Doch das ist nicht der Fall!"
Nüchtern empfiehlt er Czollek:
"Czollek jedenfalls maßt sich eine Rolle an, die verlogen ist. Will er Jude sein, soll er konvertieren."
Dem wiederum hält die Journalistin Esther Schapira im Blick auf die fürchterliche Logik der nationalsozialischen Rassegesetze bitter entgegen:
"Jüdisch genug für die Nazis, aber nicht für die jüdische Gemeinde."
Jacques Schuster, der in seinem Kommentar für DIE WELT gleichfalls auf die Eindeutigkeit des jüdischen Religionsgesetzes hinweist, sieht Czollek in einer Reihe stehen mit jenen nicht seltenen Fällen, in denen immer wieder Nicht-Juden versucht haben, durch eine vermeintlich jüdische Zugehörigkeit "auf der moralisch richtigen Seite der Opfer" stehen zu wollen, "sich mit hebräischen Brocken, einem Pseudo-Jiddeln und dem gebetmühlenartigen Verweis auf das Begehen jüdischer Feiertage aus der nicht jüdischen Mehrheit abzuheben und sich als Nachkommen der Opfer den ersehnten Nimbus zu verschaffen".
Vor zwei Tagen nun hat sich Micha Brumlik in der TAZ zu Wort gemeldet. Er plädiert für ein Abgehen vom Prinzip der Matrilinearität und schreibt:
"Das heißt heute praktisch, dass die liberale, die Allgemeine Rabbiner Konferenz in Deutschland Menschen, die einen jüdischen Vater haben und die von ihm auch jüdisch erzogen wurden, einen erleichterten, niedrigschwelligen Übertritt anbietet. Der Autor dieser Zeilen hält genau diese Regelung für vernünftig und richtig. Haben doch Rituale - so der Übertritt - ihren guten Sinn: Sie bekräftigen nach anerkannten symbolischen Regeln einen Status oder eine Haltung, sind also mehr als nur Ausdruck einer individuellen Entscheidung, sondern zugleich Ausdruck einer intersubjektiven Anerkennung der Zugehörigkeit zu dieser Gemeinschaft."
Gestern schließlich veröffentlichte dann noch DIE ZEIT ein Streitgespräch zwischen Zentralratspräsident Josef Schuster und Meron Mendel, dem Direktor der Bildungsstätte Anne Frank: "Wer ist Jude – und wer nicht?"
Die Links zum Thema in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

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Seit bekannt ist, dass katholische Priester jahrzehntelang ungestraft Kinder sexuell missbraucht haben, steckt die katholische Kirche in einer existenzbedrohenden Krise. Joseph Ratzinger hat mehr damit zu tun, als viele glauben. Dies wird in dem nun vorliegenden Buch von Doris Reisinger und Christoph Röhl "Nur die Wahrheit rettet. Der Missbrauch in der katholischen Kirche und das System Ratzinger" mehr als deutlich. Ausgehend von exklusiven Interviews mit Weggefährten und Vertrauten Ratzingers sowie einem sorgfältigen Quellenstudium, zeigen die Autoren: Der frühere Papst hat die routinemäßig gepflegte Vertuschungspraxis der Kirche nicht nur stillschweigend geduldet, sondern sie als Teil einer konsequent durchdachten religiösen Ideologie selbst stetig praktiziert und gefördert. Thomas Jansen stellt das Buch in der FAZ näher vor: "Die Opfer spielen eine untergeordnete Rolle".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

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Wie gut kennen wir die Menschen, die uns am nächsten stehen, wirklich? Und wie genau wollen wir sie überhaupt kennen? Das sind die Fragen, die sich die israelische Autorin Ayelet Gundar-Goshen in ihrem Roman "Wo der Wolf lauert" stellt. Ein psychologisch raffinierter Roman über die langen Schatten unserer Herkunft und darüber, dass uns oft die Menschen das größte Rätsel bleiben, die wir am besten zu kennen glauben: unsere Kinder. Christoph Leibold hat den Roman für den BAYRISCHEN RUNDFUNK gelesen und ist begeistert:
"Nicht diskurslastig überladen, sondern psychologisch unterfüttert zeichnet "Wo der Wolf lauert" soziale Verwerfungen in den Gefühlen und Gedankengängen der Figuren nach. Das macht den Roman wunderbar leicht lesbar, obwohl er alles andere als leichte Kost ist, und hebt ihn weit über banale Unterhaltungslektüre hinaus."
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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EDITORIAL HIGHLIGHTS

07. September 2021

 * Willkommen in Washington ... mehr
 
 * Mikrokosmos des Nahostkonflikts ... mehr
 
 * Netanjahu und die neun Zwerge ... mehr
 
 * Gedenken an München, 5. September 1972 ... mehr
 
 * Nahost und Israel in deutschen Parteiprogrammen ... mehr
 
 * Die Belagerung von Leningrad ... mehr
 
 * Josef Schuster zum deutschen Widerstand ... mehr
 
 * Sexuelle Gewalt im Krieg ... mehr
 
 * Vor 40 Jahren: antisemitisches Attentat Wien ... mehr
 
 * Die Wurzeln des Hasses speisen sich aus Angst und Neid ... mehr
 
 * "Bündnis gegen Antisemitismus" in Sachsen ... mehr
 
 * »Kein Mensch kommt als Antisemit auf die Welt« ... mehr
 
 * Das Thema Religion in den Wahlprogrammen ... mehr
 
 * Der Papst und die Thora ... mehr
 
 * Maria - Brückenfigur im Gespräch der Religionen ... mehr
 
 * Spatenstich für Jüdische Akademie ... mehr
 
 * Koscher kochen am Persischen Golf ... mehr
 
 * Debatte: Wer ist Jude – und wer nicht? ... mehr
 
 * Die Opfer spielen eine untergeordnete Rolle ... mehr
 
 * Buch-Tipp: Ayelet Gundar-Goshen - Wo der Wolf lauert ... mehr


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ACHTUNG:
Die nächste Tagesausgabe erfolgt am Mittwoch, 15. September 2021.