Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331

ONLINE-EXTRA Nr. 204

Juni 2014

Kleiner Aufkleber mit verheerender Wirkung: Vor dem Zweiten Weltkrieg verteilten Nazis kleine Klebe-Sticker, auch "Spuckis" genannt, mit einschlägigen Propaganda-Texten. Als Möglichkeit der politischen Agitation erfreute sich das neue Medium bei den Antisemiten großer Beliebtheit. Auf Briefkästen, Schaufenstern und Liebesbriefen, in Telefonzellen und S-Bahnhöfen begegnen die Menschen den judenfeindlichen Bildern und Parolen. Das Frankfurter Museum für Kommunikation widmet diesem Phänomen nun erstmals eine Ausstellung, "Angezettelt. Antisemitismus im Kleinformat", die noch bis 6. Sepember 2014 zu sehen ist. Auf enstprechende Berichte über die Ausstellung verwies COMPASS in seiner Ausgabe vom 6. Juni 2014.

Auch der evangelische Theologe Dr. Hans Maaß las diese Berichte - und sie lösten in seinem theologischen Resonanzraum Assoziationen und Verbindungslinien aus, die sich im nachfolgenden Text niederschlugen. Maaß nahm die antisemitischen Spuckis zum Anlass, eine kleine Geschichte der "Ent-Judung" Jesu seit den Zeiten des Neuen Testaments bis hin zur Wiederentdeckung der Jüdischkeit Jesu beginnend im 19. Jahrhundert zu schreiben. Indem er diesen Prozess der Entfremdung des Juden Jesu von seiner Jüdischkeit im theologischen Denken in Beziehung zu der Frankfurter Ausstellung über den "Antisemitismus im Kleinformat" bringt, illustriert er u.a. sozusagen ein Mosaikstein jener verheerend tiefsitzenden Mentalität, die gerade auf christlicher Seite den Raum für antisemitische Einstellungen schaffte.

Die Überschrift seines nachfolgenden Beitrags verdankt sich dabei dem mutmaßlich einzigen "Spucki", der unter den ebenfalls in der Ausstellung dokumentierten "gegenantisemitischen Klebemarken um 1930" möglicherweise aus christlichem Widerstand heraus entstanden ist und die Aufschrift trägt: "Menschenliebe lehrte Jesus, der auch ein Jude war".

C
OMPASS dankt dem Autor für die Genehmigung zur Online-Wiedergabe seines Beitrags an dieser Stelle!

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Online-Extra Nr. 204


"Jesus, der auch ein Jude war"

HANS MAASS


1. Eine Nachkriegserkenntnis?

1.1 Jesus, der Jude, nach dem Neuen Testament


Dass Jesus Jude war, als Jude geboren wurde und aufgewachsen war, gehört heute zum selbstverständlichen Grundwissen, das schon Grundschülern im Religionsunterricht vermittelt wird. Ist diese Erkenntnis eine Folge der schrecklichen Verbrechen des Nazi-Regimes an den Juden?

Das Neue Testament macht keinen Hehl aus Jesu Judesein. Paulus geht ganz selbstverständlich in seinem Brief an die Gemeinden in der Landschaft Galalien davon aus, wenn er im Zusammenhang mit der Frage, inwieweit das „Gesetz“ für die Christen aus der Völkerwelt gelte, in Gal 4,4 f. feststellt: „Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan“, um dann fortzufahren, „damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen.“

Es ist hier nicht der Ort für eine ausführliche Exegese dieser Stelle, vor allem der Aussage, der „Sohn Gottes“ sei „unter das Gesetz getan, damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste1“. In unserem Zusammenhang ist wichtig, dass für Paulus ohne Zweifel feststeht, dass Jesus in jüdischer Toratradition erzogen wurde. Dies setzt auch das Lukasevangelium voraus, wenn Jesu nach 8 Tagen beschnitten (2,21) und gemäß der Tora für Erstgeborene (sogar unter Verweis auf die entsprechenden Schriftstellen) „ausgelöst“ wird.

22Und als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz des Mose um waren, brachten sie ihn nach Jerusalem, um ihn dem Herrn darzustellen, 23wie geschrieben steht im Gesetz des Herrn (2.Mose 13,2; 13,15): »Alles Männliche, das zuerst den Mutterschoß durchbricht, soll dem Herrn geheiligt heißen«, 24und um das Opfer darzubringen, wie es gesagt ist im Gesetz des Herrn: »ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben« (3.Mose 12,6-8).“

Dennoch entsprach es der weiteren Entwicklung der christlichen Lehre, die Einbettung Jesu ins Judentum zu leugnen, so dass es der jüngeren Neuzeit vorbehalten blieb, diese biblische Selbstverständlichkeit erneut ins Blickfeld zu rücken.


1.2 Erste Versuche im Neuen Testament, Jesus vom Judentum zu lösen


Es gehört heute zum Allgemeinwissen, dass Jesus Jude war, von einer jüdischen Mutter geboren, nach jüdischem Religionsgesetz beschnitten und erzogen. Seine Auseinandersetzungen mit jüdischen Religionspraktiken und Schriftgelehrten seiner Zeit bewegen sich innerhalb jüdischen Denkens. Als Beispiel kann sowohl die markinische Fassung eines Gesprächs Jesu mit einem Schriftgelehrten über das höchste Gebot gelten, als auch die charakteristische Veränderung bei Matthäus:


Markus Matthäus
28 Und es trat zu ihm einer von den Schriftgelehrten, der ihnen zugehört hatte, wie sie miteinander stritten. Und als er sah, dass er ihnen gut geantwortet hatte, fragte er ihn: Welches ist das höchste Gebot von allen? 29 Jesus aber antwortete ihm: Das höchste Gebot ist das: »Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, 30 und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften« (5.Mose 6,4-5). 31 Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3.Mose 19,18). Es ist kein anderes Gebot größer als diese. 32 Und der Schriftgelehrte sprach zu ihm: Meister, du hast wahrhaftig recht geredet! Er ist nur einer, und ist kein anderer außer ihm; 33 und ihn lieben von ganzem Herzen, von ganzem Gemüt und von allen Kräften, und seinen Nächsten lieben wie sich selbst, das ist mehr als alle Brandopfer und Schlachtopfer. 34 Als Jesus aber sah, dass er verständig antwortete, sprach er zu ihm: Du bist nicht fern vom Reich Gottes. Und niemand wagte mehr, ihn zu fragen. 34 Als aber die Pharisäer hörten, dass er den Sadduzäern das Maul gestopft hatte, versammelten sie sich. 35 Und einer von ihnen, ein Schriftgelehrter, versuchte ihn und fragte: 36 Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz? 37 Jesus aber antwortete ihm: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt« (5.Mose 6,5). 38 Dies ist das höchste und größte Gebot. 39 Das andere aber ist dem gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3.Mose 19,18). 40 In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

 



Diese synoptische Gegenüberstellung zeigt augenfällig, wie eine Jesusüberlieferung bereits durch Matthäus bzw. die Tradition, in der er Jesus verstand, eine deutliche Distanz zwischen Jesus und Judentum markiert.


* Schon die Einleitung der Perikope ordnet dieses Gespräch über den synoptischen Erzählzusammenhang hinaus in eine geradezu aggressive Auseinandersetzung von Pharisäern mit Sadduzäern ein, denen er „das Maul gestopft hatte“ (ἐφίμωσεν2 τοὺς Σαδδουκαίους)2. Jesus wird dabei auf der Seite der Pharisäer gesehen; dennoch wird gegenüber Mk verschärfend unterstellt, der pharisäische Schriftgelehrte habe Jesus „versuchen“ (πειράζων) wollen. Dies ergibt innerhalb des Erzählzusammenhangs keinen Sinn, wohl aber innerhalb einer distanzierenden, mindestens aber differenzierenden Bewegung der christlichen Gemeinde gegenüber der jüdischen.

* Bei Mk scheint selbstverständlich zu sein, dass zwei Juden, wenn sie sich über Rang und Wert von Geboten unterhalten, sie von der Tora reden. Für Mt scheint dies bei einem Gespräch Jeus mit einem Schriftgelehrten nicht mehr selbstverständlich zu sein; er fügt deshalb hinzu: „im Gesetz“. Auch wenn man „ἐν τῷ νόμῳ“ mit בַּתּוֹרָה (in der Tora) übersetzt, muss man doch davon ausgehen, dass in dieser Betonung bereits eine Distanzierung liegt.

* Dies wird durch die unterschiedliche Zitierung dieses Spitzengebots unterstrichen: Während Mk Dtn 6,4 f. komplett zitiert, lässt Mt das „Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein“, weg. Dies darf nicht unterschätzt werden: die ursprünglich unmittelbare Anrede Israels entfällt, die Forderung der Gottesliebe wird damit zu einem allgemein-menschlichen Gebot, das auch nicht mehr an den Ein-Gott-Glauben gebunden ist. Das wird nicht mehr betont, weil es wohl als philosophische Grundeinsicht gilt.

* Während bei Mk Jesus der Frage nach dem höchsten Gebot noch den Hinweis auf ein weiteres hinzufügt, setzt Mt beide gleich. Dies könnte ein traditioneller Jude so nicht sagen – und wird auch Jesus bei Mk nicht unterstellt. Vielmehr weist der markinische Jesus seinen Gesprächspartner darauf hin, dass über der Gottesliebe die Nächstenliebe nicht vernachlässigt werden solle. Dies sei alles, was im Gesetz und von den Propheten gefordert werde.

* Folgerichtig fehlt dann bei Mt auch das bei Mk angeschlossene Gespräch gegenseitiger Anerkennung.


Mt war das Evangelium, das sich im kirchlichen Bewusstsein durchgesetzt hat. Damit setzte sich auch diese Sicht Jesu und seines Verhältnisses zum Judentum durch.

Man könnte in dem Schlusssatz bei Mt auch eine Parallele zu einer bekannten Anekdote über die beiden jüdischen Schulhäupter Hillel und Schammai sehen:

„Abermals ereignete es sich, dass ein Nichtjude vor Sammaj trat und zu ihm sprach: Mache mich zum Proselyten unter der Bedingung, dass du mich die ganze Tora lehrst, während ich auf einem Fuße stehe. Da |stieß er ihn fort mit der Elle, die er in der Hand hatte. Darauf kam er zu Hillel und dieser machte ihn zum Proselyten und sprach zu ihm: Was dir nicht lieb ist, das tue auch deinem Nächsten nicht. Das ist die ganze Tora und alles andere ist nur Erläuterung; geh und lerne sie.“3

Normalerweise wird diese Anekdote nur bis „Erläuterung“ zitiert und damit die Meinung Hillels zu einer Art eines jüdischen „Kategorischen Imperativ“ stilisiert. Aber typisch jüdisch ist eigentlich der Schluss: „geh und lerne sie.“ Auf dieses lebenslange Lernen kommt es an, nicht auf die allgemein einsichtige „Goldene Regel“! Rabbinisch gesprochen ist mit einer einmaligen richtigen Einsicht nichts gewonnen, wenn man sie nicht weiterverfolgt. Dasselbe müsste eigentlich auch für die matthäische Schlussformel gelten. Sie wurde aber in der kirchlichen Tradition als abschließende und damit genügende Feststellung verstanden.


1.3 Neuzeitliche Darstellungen des Verhältnisses Jesu zum Judentum


a. Adolf von Harnack
Adolf von Harnack stellt in seiner Dogmengeschichte als Ergebnis der christlichen Lehrentwicklung am Ende des 1. Jh. unter dem Motto „Das allen Christen Gemeinsame und die Auseinandersetzung mit dem Judentum“ fest:

„Da das Christentum die allein wahre Religion und keine nationale Religion ist, vielmehr der ganzen Menschheit resp[ektive] ihrem Kerne gilt, so folgt, dass es mit dem jüdischen Volk und dessen derzeitigem Kultus nichts gemeinsam haben kann. Das jüdische Volk hat mindestens zur Zeit kein Gnadenverhältnis zu dem Gott, dessen Offenbarer Jesus gewesen ist; ob es früher ein solches besessen hat, ist zweifelhaft, ... gewiss aber ist, dass es jetzt von Gott verworfen ist, und dass alle Gottesoffenbarungen, sofern solche vor Christus überhaupt stattgefunden haben, ... lediglich auf die Berufung des »neuen Volkes« abzielten und die Offenbarung Gottes durch seinen Sohn vorbereiten sollten.“4

Diese Sicht war bis zur Neubesinnung auf das Verhältnis von Christen und Juden nach der Shoa bestimmend. Es darf uns daher nicht wundern, dass etwa Rudolf Bultmann in seiner Theologie des Neuen Testaments die Verkündigung Jesu nur „zu den Voraussetzungen der Theologie des NT“ rechnet.

„Denn die Theologie des NT besteht in der Entfaltung der Gedanken, in denen der christliche Glaube sich seines Gegenstandes, seines Grundes und seiner Konsequenzen versichert. Christlichen Glauben gibt es aber erst, seit es ein christliches Kerygma gibt, d. h. ein Kerygma, das Jesus Christus als Gottes eschatologische Heilstat verkündigt, und zwar Jesus Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen. Dies geschieht erst im Kerygma der Urgemeinde, nicht schon in der Verkündi gung des geschichtlichen Jesus, wenngleich die Gemeinde in den Bericht über diese vielfach Motive ihres eigenen Kerygmas eingetragen hat.“5

So kann Bultmann feststellen, mit seiner

„Verkündigung steht Jesus im geschichtlichen Zusammenhang der jüdischen End- und Zukunftserwartung“,6

ohne dass diese für den christlichen Glauben schon deshalb Relevanz besäße. Jesus wird damit zwar nicht aus dem Judentum herausgelöst, aber maßgebend ist nicht, was er als Jude der herodianischen Epoche vor dem jüdisch-römischen Krieg dachte und lehrte, sondern die Verkündigung von seinem Tod und seiner Auferstehung.

b. Ernest Renan
Andere Versuche, das Jüdische an der Verkündigung und dem Wirken Jesu zwar festzustellen, zugleich aber zu relativieren, gab es bereits im 19. Jh. So stellt etwa Ernest Renan über Galiläa als Jesu Heimat fest:

„Die Bevölkerung von Galiläa war sehr gemischt. Diese Provinz zählte zu Jesu Zeiten unter ihre Bewohner viele Nichtjuden: Phönizier, Syrer, Araber und sogar Griechen. Die Bekehrung zum Judentum war in diesen Ländern mit gemischter Bevölkerung nichts Seltenes. Es ist also unmöglich, hier irgend welche Rassenfrage aufzuwerfen und nachzuforschen, welches Blut in den Adern desjenigen geflossen ist, der am meisten dazu beigetragen hat, in der Menschheit den Unterschieden des Blutes ihre Bedeutung zu nehmen.“7

Rassenfragen spielen allerdings für die Frage der Jüdischkeit keine entscheidende Rolle, sondern die Denk- und Lebensweise. Hierzu meinte Renan bezüglich der Vorstellung, die er von der Landschaft Galiläas besaß:

„Diese zugleich heitere und großartige Natur war die einzige Erzieherin Jesu. Er lernte lesen und schreiben, ohne Zweifel nach der Methode des Orients; diese besteht darin, daß man in die Hände des Kindes ein Buch gibt, dessen Abschnitte es mit seinen kleinen Kameraden taktmäßig wiederholt, bis es das Ganze auswendig weiß.“8

Wer in religiösen Vierteln Jerusalems, etwa in Mea Schearim, an einer Schule vorbei geht, kann hören, dass dort so auch heute noch gelernt wird; ob man auf diese Weise auch das Schreiben lernt, sei dahingestellt, ob so auch zu Zeiten Jesu gelernt wurde, ebenfalls. Dass Jesus keine griechisch-hellenistische Bildung besaß, ist anzunehmen. Jedenfalls enthält die Überlieferung seiner Worte keine Hinweise darauf. Renan kannte sich in jüdischem Schrifttum und Denken aus.9 So kann er nicht nur die Warnung eines talmudischen Rabbi zitieren, der vor dem Studium der griechischen Weisheit warnt, sondern urteilt auch über Jesus:

„Er kannte nichts außer dem Judentum sein Geist bewahrte die freimütige Unbefangenheit, welche durch eine ausgedehnte und vielseitige Bildung stets geschwächt wird. Er blieb sogar vielen Forschungen im Schoße des Judentums fremd, die sich häufig in gleicher Richtung mit den seinigen bewegten. […] Glücklicherweise kannte er die bizarre Scholastik, die in Jerusalem gelehrt wurde und aus der bald der Talmud hervorgehen sollte, ebensowenig. Wenn auch einige Pharisäer diese schon nach Galiläa gebracht hatten, so war er doch kein Schüler derselben, und wenn er später auf diese einfältige Kasuistik stieß, so flößte sie ihm nichts als Widerwillen ein.“10

Immerhin geht Renan davon aus, dass Jesus direkt oder indirekt unter dem Einfluss R. Hillels stand und folgert: „Das Lesen der Bücher des Alten Testamentes machte viel mehr Eindruck auf ihn.“11 Einen Beleg dafür liefert er nicht; eher hat man den Eindruck, Renan gebe seine eigenen Empfindungen und Vorlieben wieder, wenn er von Jesus behauptet,

„die wahre Poesie der Bibel, welche den Gelehrten von Jerusalem entging, enthüllte sich vollkommen dem schönen Geiste Jesu. Das Gesetz scheint für ihn nicht viel Reiz besessen zu haben; er glaubte, es besser machen zu können. Aber die geistliche Poesie der Psalmen stand in wunderbarem Einklang mit seiner lyrisch angelegten Seele; sie blieben sein ganzes Leben hindurch die Nahrung seines Geistes und seine Stütze. Die Propheten, besonders Jesajas und sein Fortsetzer aus der Zeit der Gefangenschaft, mit ihren glänzenden Zukunftsträumen, ihrer ungestümen Beredsamkeit, ihren mit bezaubernden Bildern gemischten Verwünschungen waren seine wahren Lehrer.“12

Renan schildert Jesus also als einen einfachen, bibelvertrauten, aber nicht durch Gelehrsamkeit – weder durch weltliche, noch durch rabbinisch-jüdische – „verdorbenen“ galiläischen Juden.

c. David Friedrich Strauß
David Friedrich Strauß setzt sich im Grunde mit den kirchlichen Dogmen über Jesus auseinander, wenn er in seinem einleitenden Kapitel, „Gedanke eines Lebens Jesu“ schreibt:

„Den Helden einer Biographi pflegen wir vor Allem als einen vollen und ganzen Menschen zu betrachten. Eine Persönlichkeit, die nach einer Seite wohl ein Mensch, nach der anderen aber ein höheres Wesen, ein Götter- oder Gottessohn, wohl von einer menschlichen Mutter geboren, aber von keinem menschlichen Vater gezeugt wäre, ein solches Subject werden wir der Fabel und Dichtkunst überlassen, aber nie daran denken, es im Ernste zum Gegenstand einer geschichtlichen Darstellung zu machen.“13

Damit sind die Koordinaten abgesteckt, innerhalb derer er das Leben Jesu sieht und beschreiben will. Im Zusammenhang unserer Fragestellung interessiert uns, wie er das Verhältnis Jesu zum jüdischen Volk und zum Judentum sieht.

Nachdem er sich sehr ausführlich mit den „Evangelien als Quellen des Lebens Jesu“14 auseinandergesetzt hat, sowie nach einigen Begriffsklärungen15 folgt sein „Erstes Buch“ mit der Überschrift „Das Leben Jesu im geschichtlichen Umriß“. Darin finden sich etwa über die „Bildung Jesu“ und damit über seine geistige Verwurzelung im Judentum folgende Ausführungen:

„Ueber die Mittel zu gesitiger Ausbildung die Jesu während der Jahre der Vorbereitung zu Gebote standen, erfahren wir aus unseren Quellen so gut wie nichts. Auch Lucas mit seiner Erzählung von dem Auftreten des Zwölfjährigen unter den Lehrern im Tempel zu Jerusalem (2,41 fg.) will im Mindesten nicht sagen, daß er von diesen Männern etwas gelernt, sondern im Gegentheil, daß der junge Theodiakt schon so früh den gelehrtesten Häuptern seines Volks etwas zu rathen habe geben können; aber eben damit erscheint diese Erzählung nur als das Ergebniß einer dogmatischen Voraussetzung ohne historischen Werth.“16

Strauß gibt damit das traditionelle Veständnis dieser Erzählung wieder. Es ist jedoch fraglich, ob man den Satz „mitten unter den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte“ (καθεζόμενον ἐν μέσῳ τῶν διδασκάλων καὶ ἀκούοντα αὐτῶνκαὶ ἐπερωτῶντα αὐτούς), tatsächlich so verstehen darf. Handelt V. 47 nicht eher von einem Jungen, der zuhört und daraufhin seine Fragen stellt, Fragen und Antworten, die für einen Zwölfjährigen allerdings erstaunlich sind?17 Auch dies könnte man als Folge einer dogmatischen Vorentscheidung deuten, sie wäre jedoch völlig anderer Art, als sie Strauß voraussetzt.

Strauß hält es auch für möglich, dass das Schweigen über Jesu Bildung einer dogmatischen Vorentscheidung entspringt, nämlich „ihn als reinen Theodidakten darzustellen“;18 denn seine Verkündigung enthalte nichts, das sich nicht

„aus fleißigem Studium des Alten Testaments und dem freien, geselligen Verkehr auch mit den Gelehrten seines Volks […] vollkommen erklären ließe; während umgekehrt die Ursprünglichkeit, Frische und Abwesenheit jedes Schulgeschmacks, der bei dem so geistvollen Heidenapostel doch so merklich ist, eine selbstständigere Entwicklung für Jesum wahrscheinlicher macht.“19

Wie argumentiert Strauß? Einerseits betont er die inhaltliche Nähe zum Alten Testament und Judentum als Nachweis, dass Jesus für seine Verkündigung nicht auf übernatürliche, göttliche Offenbarungen angewiesen ist, andererseits will er Jesus auch nicht allzu sehr in die Nähe jüdischer Gelehrsamkeit bringen. Meldet sich da ein versteckter Antijudaismus zu Wort?

Für Jesu Beziehung zu Johannes dem Täufer findet Strauß eine „institutionenkritische“ Erklärung, die ebenfalls in diese Richtung weist:

„Daß sich Jesus durch das, was er von dem Täufer hörte, zu der Wanderung an den Jordan bewogen fand, war natürlich, da auch ihm das bestehende Religionswesen nicht genügte, auch in ihm die Sehnsucht nach etwas Besserem lebendig und mächtig geworden war, und, wie wir aus seinem späteren Wirken sehen, der Weg der sittlichen Umkehr, auf welchen Johannes hinwies, auch ihm der einzig richtige däuchte.“20

Dieses Jesusbild entspricht dem Ideal des liberalen Protestantismus des 19. Jhd. So ist es nicht verwunderlich, dass Strauß in dem Kapitel „Das religiöse Bewußtsein Jesu“ auf Schleiermacher verweist:

„Es ist ein gutes Wort von Schleiermacher in seinen Vorlesungen über unsern Gegenstand, nicht von den messianischen Weissagungen oder der Überzeugung aus, der Messias zu sein, habe sich das eigenthümliche Selbstbewußtsein Jesu entwickelt, sondern umgekehrt von seinem Selbstbewußtsein aus sei er zu der Ansicht gekommen, daß mit den messianischen Weissagungen Niemand anders gemeint sein könne als er“.21

Damit überwindet er die Vorstellung einer zwangsläufigen Erfüllung geradezu orakelhaft verstandener Vorhersagen als Legitimation Jesu.

Für unsere Fragestellung ist allerdings wichtiger, wie Strauß das „Verhältniß Jesu zum mosaischen Gesetz“ sieht; denn daran entscheidet sich – jedenfalls aufgrund der späteren kirchlichen Lehrentwicklung – Distanz und Nähe zum Judentum seiner Zeit.

Nach der Sicht von Strauß ging es Jesus darum,

„den Einklang des Lebens, den Frieden und die Einstimmung mit Gott, auf rein geistigem Wege durch Entfaltung des in ihm lebenden Liebestriebs zu Stande“22

zu bringen. Aus diesem Grund

„war er zu all den äußerlichen Mitteln, durch welche sein Volk diese Zwecke zu erreichen suchte, in ein eigenthümliches Verhältniß getreten. Sie mußten ihm als ein Umweg erscheinen, den wenigstens er für sich nicht mehr nöthig hatte: Andere, die ihm auf seinem kürzesten Wege nicht folgen konnten, mochten desselben noch zu bedürfen glauben und vielleicht wirklich bedürfen; obwohl auch Gefahr war, es möchten Manche auf dem weiten Umwege vor Erreichung des Zieles stecken bleiben.“23

Dies ist eine sehr sensible, auf die Unsicherheit mancher Menschen Rücksicht nehmende, geradezu seelsorgerliche Auseinandersetzung mit dieser Frage. Typisch (neu)protestantisch ist seine unmittelbar anschließende Interpretation der „Frage nach dem höchsten Gebot“:

„Wenn Jesus auf die Frage des Schriftgelehrten nach dem höchsten Gebote die Vorschriften, Gott von ganzem Herzen und den Nächsten wie sich selbst zu lieben, für den Kern und Inbegriff des Gesetzes und der Propheten erklärte (Matth. 22,35 fg. Marc. 12,28 fg.), so ist der Zusatz, den Marcus dem Schriftgelehrten in den Mund legt: Die Beobachtung jener Gebote sei mehr als alle Brand- und sonstigen Opfer, zwar ohne Zweifel nur des Evangelisten eigene Zuthat, die aber eine ganz richtige Auslegung der Meinung Jesu enthält. Ein Haupttheil der jüdischen Opfer waren Sühnopfer für begangene Fehler und Sünden; die Voraussetzung war also, daß diese ohne jene Opfer von Gott nicht vergeben werden. Dagegen sehen wir Jesum, wo er aufrichtige Reue, wo er Glauben und Liebe wahrnahm, aus der Vollmacht seines religiösen Bewußtseins heraus ohne Weiteres Vergebung der Sünden ertheilen (Matth. 9,2 fg. Luc. 7,4724 fg.). Ebenso stellt er sich zu der den Juden und selbst den Propheten so wichtigen Sabbatsfeier. Zwar gemeine Arbeit enthielt auch er sich an diesem Tage zu verrichten; wo aber entweder ein wirkliches Bedürfniß oder eine höhere Pflicht eine äußere Bemühung erforderte, trug er keinen Augenblick Bedenken, solche theils selbst vorzunehmen, theils den Seinigen zu gestatten.“25

Strauß bleibt zwar sowohl den Nachweis schuldig, wieso das Wechselgespräch zwischen Jesus und dem Schriftgelehrten bei Markus ein Zusatz des Evangelisten sei, als auch für das Reue-Motiv in Mt 9 oder Lk 7; dies muss uns aber in unserem Zusammenhang nicht weiter beschäftigen. Wichtig ist die Straußsche Sicht der Verkündigung Jesu: Jesus bewegt sich auf dem Boden seines Volkes und seiner religiösen Grundlage, überwindet aber nicht diese Religion, wenn auch den engstirnigen Umgang mit dessen Geboten. Er ist also gewissermaßen eine Art Reformjude.

d. Rückgriff auf Luther
Jesu Judesein war jedoch keine Neuentdeckung des 19. Jh., eher eine Wiederentdeckung eines verschütteten Wissens; denn bereits für Luther war Jesu Judesein eine feststehende Tatsache. 1523, also in den ersten Jahren seines reformatorischen Wirkens veröffentliche er die Schrift: „Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei“. Darin äußert er sich einerseits sehr positiv über Jesu Judesein und bezeichnet die Juden als „Vettern, Brüder und Blutsfreunde Jesu“; andererseits ist eindeutig zu erkennen: Die freundliche Behandlung der Juden, für die er grundsätzlich eintritt, gründet in der Hoffnung, dass sich wenigstens einige von ihnen Christus zuwenden.26 Dies erklärt auch, wieso Luther, nachdem sich diese Erwartung nicht erfüllte, zu den bekannten judenfeindlichen Ausfälligkeiten hinreißen lassen konnte.



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1.4 Neue Sichtweisen im Gespräch zwischen Juden und Christen

Hier muss zunächst darauf hingewiesen werden, dass ein positives Verständnis des Judeseins Jesu von jüdischen Gelehrten ausging, die damit Jesus in die Mitte ihres Volkes und ihrer Religion zurückholten und damit das Gespräch von Christen und Juden über Person und Verkündigung Jesu ermöglichten.

a. Seiner Zeit voraus: Joseph Klausner
Schon vor der Shoa hat es im Judentum eine Neuentdeckung des jüdischen Jesus gegeben. Als ein Beispiel sei Joseph Klausner genannt,27 der bereits 1907 (!) „am Vorabend des Sukkotfestes 5667“ in seinem Buch „Jesus von Nazareth. Seine Zeit, sein Leben und seine Lehre“, feststellte:

„Wir sehen zwei Tatsachen vor uns: erstens, daß Jesus als Jude geboren wurde, in Israels Mitte lebte und starb und in jeder Beziehung Jude war; zweitens aber, daß seine Jünger und noch mehr deren Jünger sich von Israel entfernten, oder vielmehr daß die übergroße Mehrheit der Juden die Lehre Jesu nicht annahm, sich ihm während seines ganzen Lebens widersetzte, und selbst dann nicht christlich wurde, als schon die ganze Welt sich immer mehr dem Christentum genähert hatte. Das Christentum wurde in Israels Mitte geboren, aber Israel als Volk hat es mit aller Macht zurückgestoßen.“28

Dieses Vorwort wurde endgültig 1922 abgefasst,29 so dass aus dieser Auflage nicht mit Sicherheit abgeleitet werden kann, ob Klausner diese Sicht auch bereits bei seiner 1. Auflage besaß. In jedem Fall aber vertrat er sie schon vor der neuen Begegnung von Christen und Juden nach der Shoa. Dies ist – unabhängig von seiner Sicht in Einzelfragen – bemerkenswert und wird leider viel zu selten wahrgenommen. Es scheint so, dass alle späteren jüdischen Teilnehmer an dieser Debatte sich direkt oder indirekt auf ihn beziehen, auch wenn sie dies nicht ausdrücklich betonen.

b. Leo Baeck
Rabbiner Leo Baeck veröffentlichte 1934 im Schocken-Verlag einen Aufsatz über „Die Pharisäer“.30 Sie war bereits „im Jahre 1927 dem Jahresberichte der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums beigegeben und so nur einem begrenzten Kreise zugängig.“31 Außerdem enthält dieser Sammelband einen Aufsatz über „Das Evangelium als Urkunde der jüdischen Glaubensgeschichte“; auch er erschien bereits 1938 im Schocken-Verlag.32 Darin setzt Leo Baeck sich mit grundlegenden Fragen der Überlieferung im Judentum auseinander. Denn zur Frage, „wie aus der alten Botschaft von Jesus, dem Messias, die Evangelien, die im Neuen Testament stehen, geworden sind,“ geht er davon aus:

„Erst wenn die Weise der mündlichen Überlieferung, wie sie im Judentum Palästinas damals lebte, in ihrem Seelischen, in ihrem dichtenden Erzählen und Vernehmen, verstanden ist, kann auch Zusammenklang wie Zwiespalt in unseren Evangelien begriffen sein. Nicht um Quellenschriften, aus denen sie zusammengefügt seien, handelt es sich, sondern um Tradition, in der sie entstanden sind.“33

Mit dieser Verweisung auf die jüdische Tradition und Tradierungsweise setzt er selbstverständlich die Zugehörigkeit Jesu und seiner ersten Jünger zum Judentum iher Zeit voraus. Dabei hebt er als besonderes Merkmal jüdischer Überlieferung hervor:

„Der Stil war der gegebene. Aber ebensosehr und weit mehr noch befand sich alles Individuelle von vornherein innerhalb einer inhaltlichen Bestimmtheit. Alle entscheidenden Vorstellungen, Gedanken und Hoffnungen, die ein neuer Tag erwa chen ließ, waren gleichsam Kinder der biblischen Mutter. Ihr wesentlicher Kern stand von vornherein und von alters her fest. Welches der Weg von der Schöpfung zur Endzeit ist, wie sich Beginn und Schluß auf dieser Bahn zueinander finden, was Verkündigung des göttlichen Willens und was seine Erfüllung ist, […] welches das Leben und Dulden, das Bleiben und Siegen des Messias sein werde, wenn er eines Tages käme, […] das alles wußte Geschlecht um Geschlecht; denn die Heilige Schrift hatte es ein für alle mal gesagt. Jede neue Zeit konnte das nur wiederholen, so viel sie auch mit eigenen Linien und Farben aufzeigen und darbieten mochte. Man durfte die Antwort aussprechen, schildern und ausschmücken, man durfte sie vielleicht auch deuten, aber man vermochte nicht und war nicht befugt, sie zu erteilen; sie war seit altem und endgültig vor die Menschen hingestellt. […] Wenn Geschichte wurde, konnte sie nur so sich vollziehen, daß erfüllt würde, was dort geschrieben war.“34

Nimmt man Leo Baecks Sicht des jüdischen Daseinsverständnisses ernst, dann wird auch verständlich, wieso in den Evangelien häufig die Wendung zu finden ist, etwas sei geschehen, „damit die Schrift erfüllt würde“: Es geht dabei eben nicht um ein orakelhaftes Verständnis der Schrift, infolge dessen ein als einmalig vorausgesagtes Ereignis eintrifft und damit erledigt ist, vielmehr um den Horizont, in dem alles geschieht und verstanden werden muss, oder um es mit Worten des Betheler Alttestamentlers Frank Crüsemann zu sagen: um den Wahrheitsraum,35 innerhalb dessen auch das Wirken Jesu zu verstehen ist. Entsprechend ist bei Baeck zu lesen:

„In dieses eigentümlich jüdische geistige Leben und in die Art und Weise dieser jüdischen Tradition gehört die alte Evangeliumsüberlieferung hinein. Sie hat an all diesem Charakteristischen ihren vollen Anteil, sie ist nichts anderes als ein Stück davon. […] Auch sie kam davon her, daß Schüler die Worte des Lehrers vernommen haben – als Lehrer steht ja Jesus vorerst da –, und daß sie sein Tun und sein Erleben miterlebt hatten. Das weiter zu überliefern, was sie sie gehört und was sie gesehen, war ihnen schon eine fromme Verpflichtung gegenüber dem Meister. […] Die Evangelienüberlieferung ist mit diesem allen zunächst nichts anderes als alle Überlieferung in der jüdischen Welt jener Tage.“36

Wohlgemerkt: Leo Baeck hat diese Gedanken bereits 1938 veröffentlicht, ohne dass sie von der Christenheit wahrgenommen wurden.

c. Martin Buber und seine Nachfolger
Mit Martin Buber, Schalom Ben-Chorin und Pinchas Lapide und ihren Äußerungen über Jesus geraten wir bereits in die Zeit nach der Shoa und des neu begonnenen Gesprächs zwischen Christen und Juden.

Buber hat in seiner 1950 erschienenen Schrift „Zwei Glaubensweisen“ in größter Hochachtung vor Jesus geäußert:

„Jesus habe ich von meiner Jugend auf als meinen großen Bruder empfunden. Dass die Christenheit ihn als Gott und Erlöser angesehen hat und ansieht, ist mir immer als eine Tatsache von höchstem Ernst erschienen, die ich um seinet- und um meinetwillen zu begreifen suchen muss. […] Mein eigenes brüderlich aufgeschlossenes Verhältnis zu ihm ist immer stärker und reiner geworden, und ich sehe ihn heute mit stärkerem und reinerem Blick als je. – Gewisser als je ist es mir, dass ihm ein großer Platz in der Glaubensgeschichte Israels zukommt und dass dieser Platz durch keine der üblichen Kategorien umschrieben werden kann. Unter Glaubensgeschichte verstehe ich die Geschichte des uns bekannten menschlichen Anteils daran, was zwischen Gott und Mensch geschehen ist. Unter Glaubensgeschichte Israels verstehe ich demgemäß die Geschichte des uns bekannten Anteils Israels daran, was zwischen Gott und Israel geschehen ist. Es gibt ein Etwas in der Glaubensgeschichte Israels, das nur von Israel her zu erkennen ist, wie es ein Etwas in der Glaubensgeschichte der Christenheit gibt, das nur von ihr zu erkennen ist.“37

Wenn sein Schüler Schalom Ben-Chorin Jesus als „Ur- und Nur-Jude“ bezeichnet, „der im jüdischen Lande lebte, lehrte und litt“,38 so stehen diese Äußerungen samt und sonders in dieser Tradition. Dasselbe gikt für Pinchas Lapide, der Jesus in seinen vielfachen Veröffentlichungen jeweils als jüdischen Lehrer darstellt.


1.5 Neue Sichtweisen im Gespräch zwischen Christen und Juden

Eine neue Sicht des Judeseins Jesu in den christlichen Kirchen konnte an solche jüdischen Stimmen anknüpfen.

Als Frucht der Kirchentagsarbeit39 berief der Rat der EKD 1967 eine Studienkommission „Kirche und Judentum“.40 Ihr gehörten u.a. namhafte Professoren an, die sich schon bisher mit unterschiedlichen theologischen Zielrichtungen mit Fragen des Judentums befasst hatten.41 Aus dieser Kommissionsarbeit gingen u.a. drei Studien „Christen und Juden“ hervor.

Katholischerseits wirkte sich die Erklärung „Nostra Aetate“ des II. Vatikanischen Konzils vom 28. Oktober 1965 impulsgebend aus. 1971 wurde vom Zentralkomitee der Deutschen Katholiken der Gesprächskreis „Juden und Christen“ gegründet, der sich immer wieder zu einschlägigen Themen geäußert hat.

Die Zahl der neuen Gesamtdarstellungen des Lebens und der Verkündigung Jesu und der Einzeluntersuchungen zu Detailfragen im Licht der Erkenntnisse des Gesprächs zwischen Christen und Juden durch Theologen beider Konfessionen ist Legion und kann hier nicht im Einzelnen aufgezählt werden.



Angezettelt. Antisemitismus im Kleinformat

6. Juni bis 21. September 2014

Sie kleben fast überall: Klebemarken, Aufkleber oder » Spuckis «. Seit dem späten 19. Jahrhundert gibt es die kostengünstigen Sticker. Von Beginn an werden sie gesammelt, getauscht und im öffentlichen Raum verbreitet. Als Möglichkeit der politischen Agitation erfreut sich das neue Medium bei Antisemiten großer Beliebtheit.



Auf Briefkästen, Schaufenstern und Liebesbriefen, in Telefonzellen und S-Bahnhöfen begegnen die Menschen den judenfeindlichen Bildern und Parolen. Doch jüdische Organisationen und Vereine wehren sich bald gegen diese Hetze und bekämpfen öffentlich die antisemtische Propaganda.

Das Museum für Kommunikation  in Frankfurt/M. zeigt in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Antisemitismusforschung erstmals mehrere Hundert solcher Marken aus der Sammlung Wolfgang Haney.

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2. „Spuckis“

„Sie heißen Spucki, Schlecki oder Papieraufkleber. Sie funktionieren wie eine Briefmarke. Es sind Aufkleber, die erst durch das Anlecken mit Speichel klebend werden. Es gibt sie auf DINA4-Bögen zum selber schneiden oder als Abreiß-Blöcke. Sie haften gut auf glatten Materialien, z.B. Fensterglas oder Autoscheiben.“42

Eigentlich müsste uns dieses Phänomen nicht interessieren, wenn solche Aufkleber nicht im Dritten Reich eine makabre Verwendung gefunden hätten, z.T. aber auch uralte antijüdische Vorurteile bedienen. Andererseits scheint mindestens ein Aufkleber einen christlichen Hintergrund zu haben, der sich mit Jesu Judesein befasst.

Der Hessische Rundfunk wies in einer Sendung vom 5. 6. 2014 auf eine Ausstellung im „Museum für Kommunikation Frankfurt“ mit dem Titel hin: „Klebezettel mit Judenhetze“. Diese Klebezettel stammen aus der Sammlung von Wolfgang Haney.

„Wolfgang Haney wurde 1924 als Kind einer jüdischen Mutter in Berlin geboren. Bereits als Kind beschäftigte er sich mit Münzen und historischen Geldscheinen. Er war im Nationalsozialismus unterschiedlichen Repressalien ausgesetzt, seine Mutter überlebte in einem Versteck. In den 1990er Jahren wurde er auf judenfeindliche Postkarten aufmerksam und begann diverse Antisemitica wie die Spuckis zu sammeln.“43

Mehrere Beispiele solcher judenfeindlicher „Spuckis“, aber auch einiger Klebezettel der Gegenwehr – von wem auch immer sie stammten – werden auf dieser website veröffentlicht, denn:

„Das blieb nicht ohne Gegenwehr: Mit juristischen Mitteln, mit Artikeln, Broschüren, durch Aufklärungsveranstaltungen und schließlich auch mit eigenen Klebezetteln trat der »Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens« der antisemitischen Agitation entgegen.
Er versuchte, Täter zu überführen, er informierte die Mitglieder, er forderte dazu auf, Klebezettel in der Eisenbahn direkt dem Stationsvorsteher zu melden und er intervenierte an Schulen und bei Schulbehörden, wenn dort Aufkleber verbreitet wurden.
Er wandte sich sogar an die Reichsbank, damit Banknoten, die Aufkleber oder Aufschriften trugen, nicht länger im Zahlungsverkehr gültig waren. Außerdem druckte der Centralverein eigene Klebezettel, die er unter den Mitgliedern bewarb und verteilte. »War je ein großer Geist Antisemit?«, ließ der Centralverein zum Beispiel auf einen Zettel drucken.“

Ob einige auch von solidarischen Christen stammen, lässt sich nicht feststellen, es wäre zu hoffen und vom Inhalt her zu wünschen.

Die antisemitischen Klebezettel besitzen teils drohenden, teils zynischen Charakter. Die Anti-Zettel beweisen durchweg eine geistige Überlegenheit gegenüber diesen dummdreisten Pöbeleien.


2.1 Judenfeindliche Aufkleber

Von den insgesamt neun Aufklebern besitzen (inklusive einer fingierten Fahrkarte) fünf eindeutig judenfeindlichen, teils sogar aggressiven antisemitischen Charakter.

a. Drohungen und Bedrohungen
Ein kreisrunder Aufkleber in Form eines Siegels enthält in der Umschrift den Text: „Sie haben beim Juden gekauft!“ und in der Mitte: „Wir wachen“. Hier gibt sich das Überwachungssystem offen zu erkennen; eine unmittelbare Androhung von bestimmten Maßnahmen ist darin nicht enthalten; aber das „Wir wachen“ stellt doch eine unverhohlene Warnung dar.

Ein beliebtes Mittel der Diffamierung Angehöriger anderer Nationen oder Religionen ist die Verdächtigung krimineller Handlungen. So sieht man auf einem weiteren Klebeschild, das auf die Verschlusseite eines Briefes geklebt war, einen übergroßen Arm mit Hakenkreuzbinde und geballter Faust, die in eine auseinander stiebende Menschengruppe schlägt, dazu die Worte: „Schluss mit der Korruption“ und unten den Aufruf: „Wählt Liste Nationalsozialisten“. Dieser Aufkleber muss aus der Frühzeit stammen, da nach der „Machtergreifung“ keine Wahlen mehr stattfanden.

Besonders bedrohlich ist der erste der vorgestellten Klebezettel: Auf einer Umrisskarte von Großdeutschland sieht man einen geckenhaft gekleideten Bürger, der einem als jüdische Karikatur gezeichneten Juden einen Fußtritt verpasst. Darüber die Parole „Los von Juda“ (als ob Deutschland von Juden unterdrückt und abhängig wäre), darunter die Unterschrift "Die Juden sind Deutschlands Unglück".

b. Antisemitische Prahlerei und Zynismus
Damit brüstete sich ein Frankfurter Hotel, das in Siegelform in Umschrift und Innenraum seine Identität ausweist und als Querbalken in großen Buchstaben herausstellt „Judenfrei.“

Besonders zynisch nimmt sich eine „Imitierte Bahnfahrkarte, um 1893“ aus, die zeigt, dass die judenfeindliche Propaganda längst vor der nationalsozialistischen Herrschaft Blüten treiben konnte. Auf dieser imitierten Fahrkarte ist zu lesen:


Freifahrkarte
nach
Jerusalem
gültig ab jeder
Deutschen Station
nicht übertragbar,
hin und nicht wieder
zurück
IV. Kl. 000 M


Es folgen am unteren Rand noch einige formale Aufdrucke entsprechend damaliger Fahrkarten, wie Ausgabebahnhof usw.

Man sollte zum Verständnis dieser Fahrkarte vielleicht noch wissen, dass es damals bei der Bahn 4 Klassen gab. die 1. Klasse war Luxusklasse, auch die 2. Klasse hatte gepolsterte Sitze, die 3. Klasse Holzsitze, die 4. Klasse hieß jedenfalls im Volksmund „Viehwagen“; Marktfrauen und Landwirte, die mit Kleintieren zum Markt unterwegs waren, mussten diesen Wagen benutzen. Er bestand aus einem quadratischen Raum, Holzbänke gab es nur an beiden Stirnseiten.

Der auch farblich sehr markante Aufkleber „Ich bleibe Marxist“, der einen Ochsenkopf zeigt, könnte auch als Widerstandsparole verstanden werden, da der „jüdische Bolschewismus“ eine geflügelte Pauschalverdächtigung und Verunglimpfung war. Auch das Bild eines Ochsenkopfs weist eher in Richtung der Behauptung nur Ochsen seien Marxisten.

„Bis heute sind Aufkleber, die Ende des 19. Jahrhunderts auf den Markt kamen, ein günstiges Mittel, um kurze Parolen öffentlich zu verteilen. »Schöner Leben ohne Schuldkult« heißt es zum Beispiel auf einem antisemitischen Aufkleber der Gegenwart. Und es sind nicht mehr nur Juden, die Ziele von rechtsradikalen Angriffen werden: Heutzutage wird immer wieder die ethnische, religiöse und kulturelle Vielfalt und die Vielfalt der Lebensformen in Deutschland infrage gestellt“ kommentiert die Redaktion.

Die Wirkung solcher Aufkleber etwa an Heckscheiben von Autos sollte nicht unterschätzt werden. Ihre Wirkung beruht wohl weniger auf ihrer rational-argumentativen Überzeugungskraft als auf ihrer unterschwelligen Wirkung.


2.2 Gegenwehr

a. Allgemein
Der bereits erwähnte Aufkleber „War je ein großer Geist Antisemit?“ versucht, die Dummheit des Antisemitismus herauszustellen. Leider trifft diese Zuweisung nur bedingt zu; denn die Parole „Die Juden sind unser Unglück” stammt von dem Historiker Heinrich von Treitschke, und zwar vom 15. November 1879 aus einer Rezension des elften Bandes von Heinrich Graetz’ Geschichte der Juden.44 Die Redaktion kommentiert diesen Aufkleber: „Ironie ist eine der Waffen der Abwehrbewegung: Klebezettel, vermutlich des Centralvereins der deutschen Staatsbürger jüdischen Glaubens, 1920er Jahre.“

„Eine grundlegende Widerstandsstrategie gegen die antisemitische Agitation bestand darin, sie als dumm zu entlarven und an die Klugheit der Bürger zu appellieren. Gegen die massenhafte antisemitische Propaganda nach dem Ersten Weltkrieg setzt auch die Gegenwehr vermehrt Flugblätter und Klebezettel ein.“

Diese Charakterisierung ist als Unterschrift der Redaktion des Hessischen Rundfunks unter folgendem Aufkleber zu lesen:


JUDENHASS
erwächst aus
Neid,
Dummheit,
Unfähigkeit.


Dass völkerverhetzende Propaganda leider immer noch blüht, können wir viel zu oft feststellen. Auch Gegenwehr dokumentiert der Hessische Rundfunk:

„In manchen Gegenden und Stadtvierteln tobt geradezu ein Zettelkrieg. Ein Teil der Abwehrstrategie ist Ironie. Berühmt wurde der mit »Hallo Idiot!« überschriebene Brief eines türkischstämmigen Studenten, der ein diskriminierendes Anschreiben der NPD persifliert und inhaltlich in sein Gegenteil verkehrt.“

b. Eine christliche Stimme?


Ein einziger Aufkleber könnte aus dem christlichen Widerstand stammen oder versuchen, Christen an ihre Wurzeln zu erinnern. Ihm ist der Titel dieser kurzen Abhandlung entnommen:


Menschenliebe
* lehrte Jesus, *
* der auch ein *
* Jude *
* war *
*


Es ist in dieser Reihe der einzige Aufkleber, der überhaupt christliche Motive ins Spiel bringt. „Gegenantisemitische Klebemarke um 1930.“ ist dazu der einzige Kommentar der Redaktion. Man kann sich durchaus an den Witz aus dem Widerstand gegen den nationalsozialistischen Antisemitismus erinnert fühlen, der auch vor getauften Christen nicht Halt machte und die Kirchen aufforderte, Gemeindeglieder jüdischer Abstammung zu separieren.

„Eines Tages betritt ein SS-Mann während des Gottesdienstes eine Kirche und ruft, »Juden raus!« – Nichts rührt sich. Darauf wiederholt er, jetzt energischer: »Juden raus!« – Erneut rührt sich nichts. Sein Ton wird Bedrohlich: „Ich sage es zum letzten Mal: »Juden raus!« – Da löste sich Jesus vom Kreuz und ging durch die Reihen der Gottesdienstbesucher zum Ausgang.“


3. Fazit

Hass muss nicht immer Hass erzeugen, Verunglimpfungen mit abfälligen Bemerkungen oder Bewertungen,45 Angefeindete müssen nicht immer Gleiches mit Gleichem heimzahlen. Gegenwehr kann auch anders aussehen. Der erste Petrusbrief ermahnt Christen, die sich bereits ersten Verfolgungen ausgesetzt sahen: „Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, dass ihr den Segen ererbt.“ (1.Pt 3,9) Er befindet sich damit in der Spur Jesu, von dem er bekennt, dass er „gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußtapfen; er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand der nicht widerschmähte, als er geschmäht wurde, nicht drohte, als er litt, er stellte es aber dem anheim, der gerecht richtet“ (1.Pt 2,21 ff.). Auch der Hinweis auf Jesu Menschenliebe, „der auch ein Jude war“, kann eine subtile Abwehr gegen einen dümmlichen Antisemitismus sein. Allerdings dürfte dies auf die Propagandisten wenig Eindruck gemacht haben, die ohnehin – soweit überhaupt – für eine „Entjudung“ des Christentums eintraten und einen arischen, heldischen Jesus propagierten. So war in „Der Stürmer“ (Februar 1934 Nr. 7)46 zu lesen:

„Immer wieder wird uns von Judengenossen vorgehalten, Jesus sei Jude gewesen. Diese Irrlehre haben die Juden selbst, nach bewährter Taktik, in alle christlichen Konfessionen getragen, weil sie damit unseren Haß gegen sie abzubiegen glaubten. Es wird aber verschwiegen, was doch die Bibel so deutlich sagt, daß unser Heiland ein Galiläer war. […] Die einzige Bindung, die zwischen Galiläa und Judäa be- stand, war die mosaische Konfession, die zu reformieren Christus unternahm. Da aber aus dieser Lehre des Materialismus kein arisches Religionsgebäude des Idealismus zu schaffen war, hat er den "alten Bund" verworfen und uns sein Evangelium geschenkt, das er mit seinem Blute besiegelte. Diese Selbstaufopferung des göttlichen Menschen ist so urarisch, so heldenhaft, so triumphierend, daß damit der egoistische, herabziehende Mosaismus vernichtet war. Niemals kann ein Jude ein echter Christ werden, weil er das innere Wesen des Christentums auf Grund seiner Rasse, niemals begreifen kann.“

Dass mit Unterstützung der meisten Landeskirchen47 ein „Institut zur „Entjudung“ von Kirche und Theologie“ gegründet wurde, zeigt, wie weit diese absurde Lehre um sich gegriffen hatte. Eine Auseinandersetzung mit diesen Klebezetteln bietet sich daher auch aus theologischen Gründen an.



ANMERKUNGEN



1 Das griechische Verbum ἐξαγοράσῃ ist auch in der LXX (Septuaginta) belegt, und zwar für den aramäischen Begriff זְבַן = kaufen bzw. verkaufen.
2 φιμέω bedeutet ursprünglich, den Mund mit einem Maulkorb verschließen, d.h. im übertragenen Sinn: zum Verstummen bringen
3 bSchab 31a (Goldschmidt I, S. 521 f.)
4 Adolf von HARNACK, Dogmengeschichte, 6. Aufl., Tübingen 1922, S. 42 f. [1. Aufl. 1889/91]
5 Rudolf BULTMANN, Theologie des Neuen Testaments, 2.Aufl., J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1954, S. 1 f.
6 Ebd., S. 3
7 Ernest RENAN, Das Leben Jesu. Mit Einleitung und Anmerkungen von Dr. Franz Lüdtke, Druck und Verlag von A. Weichert, Berlin o.J., S. 20
8 Ebd., S. 25
9 Lüdtke, ebd., Einleitung, S. 4, schildert in einem groben Abriss seinen Lebenslauf. Danach sollte Renan ursprünglich Priester werden, gab dieses Ziel aber auf. „Als Lehrer sucht und findet er jetzt seinen Unterhalt; zugleich studiert er die semitischen Sprachen und legt die Reihe der Universitätsprüfungen ab.“
10 Ebd., S. 27
11 Ebd., S. 28
12 Ebd.
13 David Friedrich STRAUSS, Das Leben Jesu für das deutsche Volk bearbeitet, Verlag F. A. Brockhaus, Leipzig 21864, S. 3 f.
14 Ebd., S. 41 - 144
15 Ebd., S. 145 - 162
16 Ebd., S. 194
17 ἐξίσταντο δὲ πάντες οἱ ἀκούοντες αὐτοῦ ἐπὶ τῇ συνέσει καὶ ταῖς ἀποκρίσεσιν αὐτοῦ.
18 Strauß, a.a.O., S. 194
19 Ebd.
20 Ebd., S. 195
21 Ebd., S. 198
22 Ebd., S. 209
23 Ebd.
24 Dies muss wohl 27 heißen
25 Ebd., S. 209 f.
26 Vgl. auch: Das Magnificat verdeutscht und ausgelegt 1521. WA 7,600,33-601,7 (zitiert nach Walther BIENERT, Martin Luther und die Juden. Evangelisches Verlagswerk, Frankfurt/M. 1982, S. 67): „Darum sollen wir die Juden nicht so unfreundlich behandeln,denn es sind noch zukünftige Christen unter ihnen und werden (es) noch täglich. Dazu haben sie allein und nicht wir Heiden(-Christen) solche Zusage, dass allezeit in Abrahams Samen sollen Christen sein, die den gesegneten Samen erkennen. Unser Ding steht auf lauter Gnade ohne Zusagen Gottes, wer weiß wie und wann. Wenn wir christlich lebten, und sie mit Güte zu Christus brächten, (das) wäre wohl das rechte Maß. Wer wollte Christ werden, so er sieht Christen so unchristlich mit Menschen umgehen? Nicht also, liebe Christen. Man sage ihnen die Wahrheit. Wollen sie nicht, lass sie (in Frieden) fahren. Wie viele sind Christen, die Christum nicht achten, hören auch nicht seine Worte, ärger als Heiden und Juden, und (wir) lassen sie dennoch mit Frieden gehen.“
27 http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Gedalja_Klausner (Stand: 8.6.2014): „Seine Familie war wegen des zunehmenden Antisemitismus in Litauen um die Jahrhundertwende nach Odessa übergesiedelt. Klausner, ein überzeugter Zionist, der Theodor Herzl persönlich kennengelernt und auch am Ersten Zionistenkongress teilgenommen hatte, erhielt dort schon in jungen Jahren eine Professur für hebräische Literatur. 1919 wanderte er nach Palästina aus und erhielt an der Hebräischen Universität in Jerusalem den Lehrstuhl für hebräische Literatur und später auch den für die Erforschung der Geschichte des Zweiten Tempels.“
28 Joseph KLAUSNER, Jesus von Nazareth. Seine Zeit, sein Leben und seine Lehre, The Jewish Publishing House Ltd., Jerusalem, 31952, S. 7
29 Ebd., S. 11
30 Vgl. Leo BAECK, Paulus, die Pharisäer und das Neue Testament, Ner-Tamid Verlag, Frankfurt/Main, 1961, Vorwort.
31 Ebd., S. 41
32 Ebd., Vorwort
33 Ebd., S. 101
34 Ebd., S. 121 f.
35 Vgl. Frank CRÜSEMANN, Das Alte Testament als Wahrheitsraum des Neuen. Die neue Sicht der christlichen Bibel, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2011
36 Baeck, a.a.O., S. 123 f.
37 Martin BUBER, Zwei Glaubensweisen, Manesse Verlag, Zürich 1950, Vorwort, S. 11 f.
38 Bruder Jesus; in: Schalom BEN-CHORIN, Theologia Judaica, Verlag J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1982, S. 2; vgl auch: Jesus und Paulus, ebd., S. 31
39 http://www.kirchentag.de/ (Stand: 13.2.2013): „Beim Kirchentag 1961 in Berlin, drei Wochen, bevor der Mauerbau die Stadt teilte, führten Christen und Juden zum ersten Mal seit dem Holocaust auf deutschem Boden wieder ein öffentliches Gespräch miteinander. Die kurz darauf gegründete Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen, das einzige derartige - und eigenständige - Gremium im Deutschen Evangelischen Kirchentag, blickt fünf Jahrzehnte später auf eine wechselvolle Geschichte zurück.“
40 Vgl. [Hrsg.] RAT DER EVANGELISCHEN KIRCHE IN DEUTSCHLAND, Christen und Juden I - III. Die Studien der Evangelischen Kirche in Deutschland 1975-2000, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2002, Einleitung, S. 12
41 Zur Liste der Mitglieder dieser Kommission vgl. ebd., S. 52
42 http://a2011.wordpress.com/2011/02/17/spuckis-aufkleber-zum-anlecken/ (Stand: 8.6.2014)
43 http://www.hr-online.de/website/rubriken/kultur (Stand: 8.6.2014)
44 Vgl. http://ghdi.ghi-dc.org/sub_document.cfm?document_id=1799&language=german: Nur das letzte Drittel des Artikels […] beschäftigt sich direkt mit der „Judenfrage“. „Zwei Aussagen aus diesem Aufsatz wurden aufgegriffen und in den kommenden Jahren ad nauseam wiederholt. Die erste war seine Äußerung, dass »über unsere Ostgrenze … Jahr für Jahr aus der unerschöpflichen polnischen Wiege eine Schaar strebsamer hosenverkaufender Jünglinge herein[dringt], deren Kinder und Kindeskinder dereinst Deutschlands Börsen und Zeitungen beherrschen sollen.« Der zweite, prägnantere Satz hatte eine noch größere zeitgenössische Wirkung und historische Resonanz: »Die Juden sind unser Unglück.«“ – Man fühlt sich an heutige Diskussionen um Roma und andere EU-Bürger aus dem Osten erinnert.
45 Auch wenn das BVerfG (Az: 2 BvE 4/13) einräumte: „Der Bundespräsident muss sich bei wertenden Äußerungen über politische Parteien nicht zwangsläufig neutral verhalten. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass Bundespräsident Joachim Gauck mit einer auf NPDAnhänger gemünzten Äußerung, bei der er die Rechtsradikalen als »Spinner« bezeichnete, seine Kompetenzen nicht überschritten habe. Vgl. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG 10. 6. 2014
46 http://www.humanist.de/kriminalmuseum/st-t3407.htm (Stand: 11.6.2014)
47 http://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Grundmann (Stand: 11.6.2014)




Der Autor

HANS MAASS

Dr. h.c.; Kirchenrat i.R. der evangelischen Landeskirche in Baden. Er ist evangelischer Theologe und Mitglied im Vorstand des Deutschen Koordinerungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit (DKR) sowie Mitglied im Redaktionsteam des vom DKR herausgegebenen "Themenheft".

Der Autor steht für Vorträge gerne zur Verfügung!



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