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Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit

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ONLINE-EXTRA Nr. 311

April 2021

Das liberale Judentum (auch Progressives Judentum oder Reformjudentum) ist eine Strömung innerhalb der jüdischen Religionsgemeinschaft, deren Ursprünge vor allem im Deutschland des 19. Jahrhunderts liegen und auf Ideen und Grundsätze von Moses Mendelssohn, Israel Jacobsohn, Leopold Zunz, Abraham Geiger und Zacharias Frankel zurückgehen.

Das liberale Judentum ist eine von vier Hauptströmungen (Denominationen) des gegenwärtigen Judentums (orthodox, konservativ, liberal, rekonstruktionistisch), dem in all seinen Ausprägungen etwa 1,7 der rund 14 Millionen Juden angehören. Die verschiedenen Reform- und liberalen Gruppen weltweit sind alle Mitglieder der Weltunion für progressives Judentum. In den Vereinigten Staaten stellt die Strömung seit den 1980er Jahren die wichtigste und größte Gemeinschaft dar, während ihr Einfluss in Europa nach 1945 bedingt durch den Zivilisationsbruch des Holocaust zuerst zurückging, nunmehr allerdings seit den 1990er Jahren ebenfalls wieder vertärkt an Bedeutung gewinnt.

Der nachfolgende Beitrag von Walter Homolka, Rabbiner und Direktor des Abraham Geiger Kollegs in Potsdam, beleuchtet auf beeindruckende Weise "Neuanfang und Rückbesinnung" des liberalen Judentums in Deutschland. Homolka zeigt auf, welch starken Einfluss das liberale deutsche Judentum einerseits im Exil hinterlassen hat und andererseits die wachsende Bedeutung, die es nach ihrem Neuanfang in den Jahrzehnten nach 1945 bis in die Gegenwart erneut gewonnen hat. Gleichwohl - und auch darauf kommt Homolka gegen Ende seines Beitrages zu sprechen - bleibt ein paradoxer und unbefriedigender Befund: Obwohl gewissermaßen in Deutschland geboren und von hier aus seinen Weg in die Welt gefunden, erweist sich die formalrechtliche Stellung der liberalen Gemeinden im Rahmen des deutschen Konzepts der Einheitsgemeinde und mithin ihre finanzielle Situation wie auch ihre innerjüdische Anerkennung nach wie vor als sehr fragil.

Der hier von Walter Homolka als ONLINE-EXTRA Nr. 311 wiedergegebene Beitrag "Neuanfang und Rückbesinnung: Das liberale Judentum in Deutschland nach der Schoa" entstammt dem von Elke-Vera Kotowski herausgegebenen, äußerst empfehlenswerten Band "Das Kulturerbe deutschsprachiger Juden: Eine Spurensuche in den Ursprungs-, Transit- und Emigrationsländern" (De Gruyter, Oldenburg 2017) und ist mit einer Creative-Commons-Lizenz versehen.

© Lizenziert unter Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivs 4.0 License http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/
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Online-Extra Nr. 311


Neuanfang und Rückbesinnung:
Das liberale Judentum in Deutschland nach der Schoa


WALTER HOMOLKA



Als die Union progressiver Juden in Deutschland (UPJ) 2007 in Berlin ihr zehnjähriges Bestehen feierte, befand der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble in seinem Grußwort:


Zehn Jahre sind – selbst in unserer schnelllebigen Zeit – eigentlich eine relativ kurze Spanne. Dieses Jubiläum ist dennoch ein Anlass zu besonderer Freude. Denn die Gründung der Union progressiver Juden in Deutschland ist Zeichen eines wachsenden, vielfältigen jüdischen Lebens in unserem Land ... [Sie] war kein Ereignis ex nunc, sondern ein Rückgriff auf die Geschichte: Das Wiederanknüpfen an eine große Tradition, deren Ursprünge im 18. und 19. Jahrhundert hier in Deutschland zu finden sind und deren Ideen sich rasch über die Grenzen Deutschlands ausbreiteten und vor allem in den USA zur vollen Entfaltung kamen.1

Dieser Beitrag will zeigen, dass das liberale Judentum, das seinen Anfang vor zweihundert Jahren in Deutschland genommen hat, hier selbst über die Schoa hinaus präsent geblieben ist, gerade auch in den Jahrzehnten vor seiner erneuten Institutionalisierung. „Die Idee bleibt, um in neuen Formen weiterzuwirken“, schrieb bereits der damalige Präsident der World Union for Progressive Judaism, Rabbiner Leo Baeck (1873–1956) im Jahre 1946.2

Die Befreiung Deutschlands von den Nationalsozialisten ging im Frühjahr 1945 nur sehr schleppend voran, und als etwa der amerikanische Chaplain W. Gunther Plaut (1912–2011), der selbst 1935 aus Deutschland in die USA emigriert war, am 22. März in den Trümmern der Synagoge in der Roonstraße in Köln schon den ersten jüdischen Gottesdienst feierte, da waren noch immer Tausende auf Todesmärschen unterwegs oder in den vielen Konzentrationslagern und ihren Außenstellen Gewalt und Tod ausgesetzt, und der Kampf um Berlin fing erst an. Als Rabbiner Plaut in Bonn bereits mit dem ersten Sederabend nach der Befreiung begonnen hatte, bekam seine 104. Infanteriedivision plötzlich Order, die Rheinbrücke von Remagen zu nehmen. Am 11. April 1945 befreite seine Division dann schließlich das KZ Dora-Nordhausen.

Der liberale Rabbiner Gunther Plaut, lange Jahre in Toronto zu Hause, Ehrensenator des Abraham Geiger Kollegs an der Universität Potsdam und in Deutschland heute vor allem durch seinen Thorakommentar bekannt, war nur einer von vielen amerikanischen Militärrabbinern, die den jüdischen Überlebenden in Deutschland nach Kriegsende zur Seite standen, für Lebensmittel und Jüdischkeit sorgten und damit begannen, Listen mit den Namen der Displaced Persons aufzustellen. Rabbiner Abraham Klausner (1915–2007), ein junger Reformrabbiner aus Memphis, Tennessee, sammelte im Juni 1945 25.000 Namen von Überlebenden und prägte für sie den Begriff She’erith HaPletah, „überlebender Rest“ – eine Bezeichnung, die sich schon im Buch Esra findet. Klausner war es auch, der die Smichot von in Dachau befreiten orthodoxen Rabbinern aus Osteuropa beglaubigte und so ein erstes Rabbinat für das Central Committee of Liberated Jews in Bavaria schuf.3

1946 sorgte Klausner für den Druck einer Pessach-Haggada, in der es treffend hieß „We were slaves to Hitler in Germany“; 1947 regte er zusammen mit seinem Vorgesetzten, dem Reformrabbiner Philip S. Bernstein, eine erste Talmud-Ausgabe für die über 200.000 Displaced Persons in Westdeutschland an. Der Survivors’ Talmud erschien schließlich 1949. Rabbiner Philip S. Bernstein (1901–1985) diente vom Mai 1946 bis zum August 1947 als Advisor on Jewish Affairs to the U.S. Army Commander in Germany. Unter seiner Ägide wurde im Dezember 1946 die Wiesbadener Synagoge wieder eingeweiht. Sein Sohn Stephen feierte 1947 im Frankfurter Philanthropin seine Bar Mitzwa – eine der ersten öffentlichen Bar-Mitzwa-Feiern in Deutschland seit Jahren. Bernstein schrieb dazu in seinem Tagebuch: „Since liberation there was not a single Jewish boy in this once great city of Frankfurt who reached the age of thirteen.“4

Zu den Mitarbeitern von Bernstein, der 1950 Präsident der Central Conference of American Rabbis wurde, gehörte auch Rabbiner Herbert Friedman (1918–2008), der 1943 am New Yorker Hebrew Union College ordiniert worden war und im Juli 1946 zum amerikanischen Hauptquartier in Frankfurt am Main kam. Er begleitete David Ben-Gurion im Oktober 1946 bei dessen Besuch im DP-Camp Babenhausen und sorgte zusammen mit Gershom Scholem dafür, dass seltene Judaica- Bestände aus einem Offenbacher Depot 1947 für die Jewish National Library nach Palästina verschifft werden konnten. Im August 1946 besuchte auch der damals führende Repräsentant der amerikanischen Reformbewegung, Dr. Stephen S. Wise (1874–1949), dessen Ehefrau Louise Waterman Wise in den 1930er Jahren für Tausende jüdischer Flüchtlinge aus Deutschland deren provisorische Aufnahme in Einrichtungen des American Jewish Congress organisiert hatte, die Überlebenden im DP-Camp Zeilsheim. Die Jewish Telegraphic Agency meldete dazu am 1. August 1946: „Gen. Joseph T. McNarney, commander of U.S. forces in the European Theatre, has invited Dre. Stephen S. Wise and Nahum Goldmann, American members of the Jewish Agency, to confer with him, it was learned here today.“5

Aber nicht nur liberale Militärrabbiner engagierten sich in den ersten Nachkriegsjahren für die Überlebenden in Deutschland, sondern auch Laien, die der Reformbewegung eng verbunden waren. So öffnete der Bankier Eric M. Warburg (1900–1990) den Familiensitz Kosterberg in Hamburg-Blankenese für überlebende Kinder aus Bergen-Belsen und Theresienstadt. Das Anwesen war 1941 von den Nazis beschlagnahmt worden und wurde kurz nach dem Krieg von der britischen Armee an die Familie zurückgegeben. Sein Sohn Max Warburg ist heute Mitglied des Kuratoriums des Abraham Geiger Kollegs an der Universität Potsdam.

An dieser Stelle soll auch die heute hier nahezu vergessene Leiterin der britischen Jewish Relief Units in Deutschland, Lady Rose Henriques (1877–1972), genannt werden. Lady Henriques, geborene Loewe, die zusammen mit Lily Montagu unter den Begründern der liberalen jüdischen Bewegung in Großbritannien war, hatte 1919 zusammen mit ihrem Ehemann die St George's Settlement Synagogue begründet, die in seltener Kooperation sowohl mit der West London Synagogue als auch mit der Liberal Jewish Synagogue in London verbunden war. Als sie mit ihren ehrenamtlichen Mitarbeitern im Juli 1945 zur Betreuung der Überlebenden des KZs Bergen-Belsen ihre Arbeit in Celle aufnahm, richtete sie dort in ihrem Zentrum auch eine Synagoge ein.6 Sie nahm deutlich wahr, dass gerade auch die deutsch-jüdischen Überlebenden wieder einer jüdischen Gemeinschaft angehören wollten, wobei Unterschiede in der religiösen Orientierung, liberal oder orthodox, in Gemeinden wie Hannover mit damals 250 Mitgliedern zunächst keine Rolle gespielt haben sollen: „It is also understandable, that, in the emotional state of every Jew after the liberation, many who had been attached to the Progressive Synagogue before the war were only too happy to absorb to the full every atom of Jewish observance and communal life that came their way.“7



werbung

Elke-Vera Kotowski (Hrsg.):

Das Kulturerbe deutschsprachiger Juden:
Eine Spurensuche in den Ursprungs-, Transit- und Emigrationsländern


(Europäisch-jüdische Studien – Beiträge, 9, Band 9)
Verlag De Gruyter
Oldenburg 2017

824 Seiten
34,95



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Den Spuren deutschsprachiger Juden nachzugehen, bedeutet in mehr als 60 Ländern die Suche aufzunehmen. Ihr Einfluss wirkt in vielen Heimat- und Exilländern fort, ohne dass dies im kollektiven Bewusstsein angemessen repräsentiert wäre. Die 41 Beiträge zu den übergreifenden Themen Identität, Literatur, das „Jüdische“ und das „Deutsche“, Ursprungs-, Transit- und Emigrationsländer, sowie „Was übrig blieb“ laden dazu ein, das deutsch-jüdische Kulturerbe in den vielen Immigrationsländern zu entdecken und den Verlust zu begreifen, der mit der Emigration des deutsch-jüdischen Bürgertums einher ging. Im umfangreichen Anhang werden Archive, Bibliotheken, Forschungszentren, Gemeinden, Museen, Universitäten und Vereine in aller Welt aufgeführt und beschrieben, die zur deutsch-jüdischen Thematik arbeiten oder wichtige Sammlungen beherbergen. Die Liste wird im Rahmen des Projekts German Jewish Cultural Heritage als Datenbank auf germanjewishculturalheritage.com weitergeführt.

Mit Beiträgen von Anna Carolin Augustin, Thomas Brechenmacher, Iwan-Michelangelo D’Aprile, Ute Deichmann, Christian Dietrich, Ralf Dose, Sonya Gropman, Gabriele Rossmer Gropman, Felicitas Grützmann, Katharina Hoba, Klaus Hödl, Walter Homolka u.a.



Dass es in der unmittelbaren Nachkriegszeit die soziokulturellen Gegensätze zwischen den Juden deutscher Herkunft und den osteuropäischen Displaced Personen waren, die zu Spannungen führten, hat beispielweise Anke Quast anschaulich nachgezeichnet.8 Michael Brenner hat diese Situation so beschrieben:


Nach 1945 konnte man diese deutsch-jüdischen Traditionen nur noch in der Emigration finden, von London über New York bis Montevideo. In Deutschland selbst jedoch setzte sich die jüdische Bevölkerung größtenteils aus osteuropäischen Juden zusammen, die ganz andere Traditionen mit sich brachten. Das dabei heute herrschende Missverständnis macht ihre Nachkommen oftmals zu „Orthodoxen“, die streng an den jüdischen Religionsgesetzen festhalten. Dies trifft jedoch nur auf eine verschwindend kleine Minderheit zu. Wenn trotzdem die meisten „Drei-Tage-Juden“ an den Hohen Feiertagen eine orthodoxe Synagoge besuchen, so hat dies vor allem mit einer gefühlsmäßigen Bindung an familiäre Traditionen zu tun.9

Diese gefühlsmäßige Bindung an ihre familiären Traditionen verband ebenso die überlebenden deutschen Juden. Es war unter anderem der Arbeitskreis von B’nai B’rith, der für deutsche Juden im Nachkriegsberlin ein Stück Gemeinschaft bot. Die wenigen Mitglieder des Unabhängigen Ordens B’nai B’rith, die die Verfolgung durch die Nationalsozialisten überlebt hatten und nach Berlin zurückgekehrt waren, vereinten sich bereits 1946 auf Initiative von Adolf Schoyer zu einem Bruderkreis, um den Logengedanken von „Wohltätigkeit, Brüderlichkeit, Einheit“ zu bewahren und einander ein Stück Heimat zu geben. Der erste Präsident der Berliner Leo Baeck-Traditionsloge, Wilhelm Grzyb, sagte anlässlich der erst viel später möglichen Installation der Loge am 13. Dezember 1959:


Aufgabe der Loge muss es jetzt sein, mitzuhelfen, dass die geschlagenen Wunden heilen. Wer wollte es den Brüdern, die aus den Lagern zurückgekehrt sind oder aus der Illegalität, verdenken, dass sie ihr inneres Gleichgewicht noch nicht völlig wieder gefunden haben? Das gleiche gilt von den Brüdern, die aus den verschiedensten Ländern zurückkehren und niemand von ihren Verwandten oder ihren alten Freunden wieder finden. Ihnen wollen wir unsere brüderliche Hand entgegenstrecken.10

Abseits von Berlin, Frankfurt und München blieb aber oft nichts als Isolation, so auch für die Rabbiner. So konstatierte Rabbiner Siegbert Neufeld (1891–1971), ebenfalls ein Absolvent der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, der 1951 von der Israelitischen Religionsgesellschaft Württembergs angestellt worden war, rückblickend: „In der langen Zeit, in der ich fast allein in Deutschland war, wurde ich häufig, zum Teil auch telegrafisch oder telefonisch, aus den verschiedensten Gemeinden Deutschlands um religiöse Auskünfte gebeten. Ich spürte manchmal das Verlangen, mich mit einem Kollegen auszusprechen, aber es war keiner da.“11

Die Vertreter eines aufgeklärten liberalen Judentums waren nach Verfolgung, Flucht und Schoa im Nachkriegsdeutschland in der Minderzahl. Vor 1933 hatte die jüdische Gemeinschaft in Deutschland etwa 570.000 Personen gezählt. Von ihnen hatten im Reich selbst etwa 1.500 Menschen im Versteck und weitere 15.000 Personen in Ehen mit nichtjüdischen Partnern überlebt. Zu diesen Gruppen kamen noch etwa 9.000 Überlebende hinzu, die als ehemals deutsche Staatsbürger nicht in die Lager für die so genannten Displaced Persons aufgenommen wurden und so auch nicht in den Genuss von Unterstützung durch amerikanischjüdische Wohltätigkeitseinrichtungen kamen. Einen besonderen Stellenwert bei der Konsolidierung jüdischen Lebens hatten deutsch-jüdische Rückwanderer. So kehrten im August 1947 gut 300 Remigranten aus Schanghai nach Berlin zurück. Die Amerikaner kamen im Juli 1945 nach Berlin, doch das erste provisorische Gemeindeleben nahm hier schon im Mai 1945 auf Initiative einzelner Überlebender und mit Unterstützung der Roten Armee seinen Anfang. Dass diese jüdische Gemeinschaft kaum noch etwas mit der Vorkriegsgemeinde zu tun haben konnte, wird schon anhand der bloßen Zahlen deutlich, die ein Transparent bei einer Kundgebung von Opfern des Faschismus nannte: „Jüdische Gemeinde zu Berlin: 1933 186.000 Mitglieder – 1945 5.100 Mitglieder“. Tatsächlich zählte die Gemeinde Ende 1945 etwa 7.000 Mitglieder, von denen gut 1.300 im Versteck und 4.200 als Ehepartner von Nichtjuden die Schoa überlebt hatten; gut 1.500 Personen waren aus den Konzentrationslagern nach Berlin zurückgekommen. Für diejenigen, die nicht Juden vormals deutscher Staatsangehörigkeit waren, legte die UNRRA Durchgangs- und Sammellager für Displaced Persons an. Die Lager in Schlachtensee und Tempelhof boten medizinische Versorgung sowie Arbeits-, Sozial- und Unterrichtsprogramme an, aber auch die Möglichkeit, zu einem Familienleben zurückzufinden: allein Reformrabbiner Herbert Friedman nahm dreihundert Chuppot vor, religiöse Trauungen.

Der erste Jewish Chaplain in Berlin war der Reformrabbiner Isadore Breslauer (1897–1978), ein Absolvent des Jewish Institute of Religion in New York, der 1940 Executive Director of the Zionist Organization of America geworden war und sich 1943 entschlossen hatte, sich dem United States Military als Chaplain zur Verfügung zu stellen.12 Nachdem im September 1945 der erste Neujahrsgottesdienst im Harnack House in Dahlem gefeiert worden war, wurde das Chaplain’s Center Unter den Eichen 78/79 in Zehlendorf zu einem Zentrum jüdischen Lebens. Hier traf sich beispielsweise auch die „Deutsche Jüdische Jugend“. Im April 1946 weihte Rabbiner Friedman in Anwesenheit von alliierten Offizieren und von Oberbürgermeister Arthur Werner im Jüdischen Krankenhaus in der Iranischen Straße im Wedding eine Synagoge ein. Der große Sederabend fand 1946 hingegen im Schöneberger Rathaus statt: Als erstes Chag Cherut nach der Befreiung und vor laufenden Kameras.

Rabbiner Leo Baeck (1873–1956) kam 1948 erstmals wieder nach Deutschland. Baeck war nach seiner Befreiung in Theresienstadt zu seiner Tochter Ruth Berlak und deren Familie nach Hendon bei London übergesiedelt. Er nahm dort sein Amt als Präsident der World Union for Progressive Judaism wieder auf und engagierte sich auch als Präsident des Council for the Protection of the Rights and Interests of Jews from Germany sowie der London Society for Jewish Studies. Im Oktober 1948 reiste Baeck in Begleitung von Egon Gottfried Lowenthal (1904– 1994) von Hamburg aus durch die britische und die amerikanische Besatzungszone, gab Vorträge und predigte zu den Feiertagen und zu Schabbat in den sich gerade erst wieder konsolidierenden jüdischen Gemeinden, so auch in Düsseldorf. Dort hörte ihn zufällig auch der junge Johannes Rau. 1951 besuchte Baeck Berlin und predigte im Oktober in der Synagoge Pestalozzistraße. Im Juli 1954 empfing Bundespräsident Theodor Heuss ihn in Düsseldorf. Baeck sprach damals im Düsseldorfer Landtag über Maimonides, der Mann, sein Werk und seine Wirkung – für den Zentralrat der Juden in Deutschland und für die Allgemeine Wochenzeitung der Juden in Deutschland ein Zeichen des „ewigen Dennochs“ und die bis dahin bedeutendste Veranstaltung in der jüdischen Nachkriegsgeschichte.13

Aus dem Briefwechsel des Baeck-Schülers Ernst Ludwig Ehrlich (1921–2007) mit seinem Mentor aus den Jahren von 1946 bis 1956 lässt sich auch die Entwicklung des jüdischen Gemeindelebens in Berlin ablesen. Ehrlich hatte Baeck in Berlin das letzte Mal kurz vor dessen Deportation, etwa Mitte Januar 1943, in seinem Büro in der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland in der Kantstraße in Charlottenburg besucht.14 Über ihre Beziehung in der Nachkriegszeit schrieb Ehrlich: „Nach dem Kriege traf ich Baeck jedes Jahr in Zürich, London, oder auf Tagungen, wo er seine alten Kollegen traf – von seinen eigentlichen Schülern der letzten Jahre waren ja nur zwei übrig geblieben. Das erste Treffen fand in London statt, auf einer Tagung der World Union for Progressive Judaism, zu der er mich eingeladen hatte.“15 Die 5. Internationalen Konferenz der 1926 gegründeten World Union for Progressive Judaism, die vom 25. bis 30. Juli 1946 in London stattfand, hatte das Thema „The Task of Progressive Judaism in the Post-War World“. Rabbiner Robert Raphael Geis (1906–1972) wurde im Zuge dieser Londoner Konferenz als liberaler Rabbiner ins besetzte Deutschland entsandt.16

In seiner Londoner Rede vom 28. Juli 1946 beschrieb Baeck den unerhörten Verlust, den das jüdische Volk und die ganze Menschheit seit der vierten WUPJKonferenz in Amsterdam im Jahr 1937 erfahren hatten. Er verwies aber auch auf die Anzeichen von neuem jüdischem Leben in Kontinentaleuropa, „trotz allem“:


Since the last Conference of our World Union, a terrible ordeal has swept over the Jewish people and over humanity; it has once again proved true that the Jewish People and humanity are inseparable from one another […] During the time of horror, not only Jewish communities were destroyed as before, but whole Jewish regions. All and everything of the manifold forms of Jewish life has been hit by the severity of the loss and of the suffering. We must never forget what we have lost or whom we have lost. We must conserve this emotion within us – „lest we forget, lest we forget“ […].And deeply moved we stand watching how, on the martyred soil of the European Continent, in spite of everything, Jewish willpower is active, Jewish life, as in all forms thus also in that of our Progressive Judaism, endeavors to and will revive […].17

Ernst Ludwig Ehrlichs Hoffnung, seine 1942 in Berlin gezwungenermaßen abgebrochene Rabbinerausbildung in New York oder in Cincinnati zum Abschluss zu bringen, sollte sich nie erfüllen. Seinen drei Berliner Studienfreunden war der Wechsel in die USA gelungen (Peter Lewinsky, der seinen Namen in Nathan Peter Levinson umgeändert hatte, studierte seit 1941 am liberal ausgerichteten Hebrew Union College in Cincinnati; Herbert A. Strauss war 1946 nach New York übergesiedelt und Wolfgang Hamburger nahm 1947 sein Studium in Cincinnati auf). Neben Hamburger und Levinson wurden zu dieser Zeit am Hebrew Union College noch vier Studenten, die aus Deutschland gekommen waren, für das Rabbinat ausgebildet: Ernst Conrad, Albert H. Friedlander, Walter Plaut und Steven Schwarzschild. 1935 waren bereits fünf Studenten aus Deutschland am Hebrew Union College aufgenommen worden, darunter auch der anfangs schon erwähnte Gunther Plaut, der seine Einreise in die USA anhand zweier Briefe dokumentiert hat.18

Ernst Ludwig Ehrlich sah zwischenzeitlich auch in Berlin eine berufliche Perspektive als Mitarbeiter der dortigen Jüdischen Gemeinde. Baeck dankte ihm nämlich am 28. April 1950 für seine Bereitschaft, für einige Zeit in Berlin zu arbeiten, und schrieb, dass er den Plan, der Miss Montagu19 schon vorläge, zu fördern suche. Keine Woche später, am 3. Mai 1950, teilte er Ehrlich dann aber mit, dass endgültige Pläne für den „temporary Rabbi“ in Berlin noch nicht getroffen seien, und schrieb: „Die ganze Angelegenheit, auch die einer definitiven Bestellung eines Rabbiners, ist noch in der Schwebe. – Wenn Ihr Aufenthalt dort auch vorerst Ihrer privaten Wiedergutmachungsfrage gilt, so würde es doch sehr nützlich sein, wenn etwas Ihrer Zeit auch der Jüdischen Gemeinde zur Verfügung gestellt werden könnte.“ Am 17. Mai 1950 teilte Baeck Ehrlich mit, dass er an einen Bekannten, der der Berliner Gemeinde-Verwaltung angehöre – Dr. Hugo Ehrlich20 – geschrieben und ihn angekündigt habe. In seinem Brief vom 7. Juni 1950 ließ Baeck Ehrlich dann aber wissen, dass er inzwischen auch mit Peter Levinson gesprochen und sich von ihm habe berichten lassen; er freue sich sehr über die positive Einstellung der Herren des Gemeindevorstandes. Mit Blick auf die Finanzierung bemerkte Baeck: „Ich will mich auch gerne bemühen, bei der World Union in finanzieller Hinsicht etwas zu erreichen. Freilich bin ich nicht sehr hoffnungsvoll. Die Finanzen der Union sind sehr angespannt, und die Subvention, die für das Rabbinat in Berlin gewährt wird, hängt selbst wieder von einer Subvention seitens des Joints21 ab, die für dieses Jahr noch nicht bewilligt ist.“






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Statt Ehrlich kehrte aber 1950 schließlich sein Jugendfreund Nathan Peter Levinson als Rabbiner nach Berlin zurück; er folgte Rabbiner Steven S. Schwarzschild (1924–1989) nach, der zwei Jahre lang auf Vermittlung der World Union for Progressive Judaism in Berlin amtiert hatte. Levinson war von der World Union eingeladen worden, in Berlin eine Probepredigt zu halten, die Bedingungen dort kennenzulernen und unter Umständen einige Jahre lang das Berliner Rabbinat zu übernehmen. In seiner ersten Predigt in der Synagoge in der Pestalozzistraße befasste er sich mit dem Priestersegen: „Ich gab der Hoffnung Ausdruck, dass wir wieder mit Vertrauen gesegnet sein mögen. Vertrauen zu Gott, zu unseren Nebenmenschen und zu uns selbst.“22

Levinson zufolge war es Leo Baeck gewesen, der ihn für dieses Amt vorgeschlagen hatte.23 Levinson wurde für drei Jahre der liberale Gemeinderabbiner von Berlin. Baeck teilte Ehrlich in diesem Zusammenhang am 30. August 1950 mit: „Es ist schade, dass die Berliner Gemeinde Ihre Kraft sich nicht nutzbar macht; es hätte doch manchen Nutzen für so manche bringen können. Inzwischen ist Rabbi Levinson in Berlin eingetroffen, den Sie vielleicht von der Lehranstalt her mit seinem alten Namen Levinsky [sic] noch kennen. Ich hoffe, dass Sie ihn schon gesehen und zu ihm Beziehungen angeknüpft haben. Er selbst wird sich sicherlich freuen, Sie dort in seiner Nähe zu haben.“

„Das Problem für einen nichtorthodoxen Rabbiner war es zunächst, sich in einer Gemeinde durchzusetzen, deren Mitglieder größtenteils aus Osteuropa stammten und an liberale Rabbiner ohne Bart und Schläfenlocken nicht gewöhnt waren. Dies, obwohl ich anfänglich, wie auch mein Vorgänger, nur für die liberalen Mitglieder der Gemeinde zuständig war“,24 erinnerte sich Levinson, der damals als Vertreter der World Union for Progressive Judaism bei der britischen Militärverwaltung in Berlin akkreditiert war.

Levinson hatte bereits in seiner Antrittspredigt deutlich gemacht, dass es keinerlei Kontinuität jüdischen Lebens mit dem Berlin gebe, das er als junger Rabbinatsstudent verlassen hatte, ja auch nicht geben könne:


Berlin war nicht Berlin, Berlin waren seine Menschen. Ich frage mich, wo sind diese Menschen? Wo die Alten und wo die Jungen, die Kinder und die Frauen, die Rabbiner und die Weisen, die ich einst so geliebt hatte? Sie sind grausam aus dieser Stadt herausgerissen worden, mit Brutalität und Unmenschlichkeit und sie sind nicht wiedergekommen.25

Nathan Peter Levinson verließ Berlin 1953 und ging zurück in die USA, um an einem Lehrgang zur Ausbildung zum Militärrabbiner teilzunehmen. Er wollte anschließend eigentlich nach Berlin zurückkehren, wurde dann aber Absprachen zum Trotz 1955 als Militärrabbiner nach Japan geschickt. Es schloss sich eine Tätigkeit als Militärrabbiner in Ramstein in der BRD an. 1961 schied Levinson aus dem Militärdienst aus. Er ließ sich in Heidelberg nieder und wurde Rabbiner im benachbarten Mannheim. 1964 wurde er zum Landesrabbiner von Baden befördert. Gleichzeitig betreute er die jüdischen Gemeinden in Hamburg und Schleswig-Holstein und wurde 1964 Vorsitzender der bundesdeutschen Rabbinerkonferenz. 1985 trat Levinson in den Ruhestand.

Sein Weggang eröffnete Ehrlich aber keine Chancen, als Prediger in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin unterzukommen. Leo Baeck ließ ihn am 28. August 1953 wissen, dass er dort Dr. Schreiber aus London treffen könne, der früher in Potsdam Rabbiner gewesen sei und nun die Feiertagsgottesdienste in Berlin abhalten werde. Hermann Schreiber (1882–1954), der in Potsdam auch den 1921 gegründeten Jüdischen Liberalen Jugendverein geleitet hatte, starb 1954 nach seiner Neujahrspredigt in der Synagoge Pestalozzistraße in Berlin. Ernst Ludwig Ehrlich nannte Robert Raphael Geis in seinem Nachruf auf ihn 1972 einen „Rabbiner ohne Gemeinde“.26 Geis war zwar noch von 1952 bis 1956 in Karlsruhe als Landesrabbiner für Baden tätig, fand dort aber mit seinen Ideen kaum noch Resonanz. So beklagte er sich 1957 gegenüber der Rabbinerkonferenz, die damals noch liberale und orthodoxe Rabbiner vereinte, dass sich Gemeindevorstände „das Recht der religiösen Entscheidung und Repräsentanz bei völliger Unwissenheit vielfach anmaßen.“27

Hugo Nothmann (1889–1979) beschrieb das deutsche Nachkriegsjudentum Anfang der 1950er Jahre als eine Gemeinschaft, in der die religiösen Bindungen hinter den sozialen zurücktreten: „Im Mittelpunkt der Arbeit des Zentralrates der Juden oder der Publizistik stehen Fragen der Wiedergutmachung, der Bekämpfung des Antisemitismus, der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Staates Israel. Das Judentum als Religionsgemeinschaft spielt nur eine untergeordnete Rolle.“28

In seinem Aufsatz zur religiösen Situation im Nachkriegsdeutschland stellte er dar, dass es in der Bundesrepublik lediglich drei Landesrabbinate gab, nämlich in Karlsruhe für Baden, in Frankfurt für Hessen und in Hamburg für Niedersachsen und Schleswig-Holstein, während München als damals größte jüdische Gemeinschaft ohne Landesrabbiner oder obersten Gemeinderabbiner sei; es gebe zwar einige ostjüdische Rabbiner, insbesondere in München und Fürth, die aber in der Öffentlichkeit nur wenig hervorträten und mehr im ostjüdischen Element wirkten. Tägliche Früh- und Abendgottesdienst gab es 1952 demnach nur in Berlin, Frankfurt a.M. und Fürth; in einer Reihe von Großstädten wurden freitagabends und am Schabbatmorgen Gottesdienste abgehalten, an weiteren Orten nur an Neujahr und zum Versöhnungstag.


Die Rabbiner besuchen gelegentlich die kleineren jüdischen Zentren, halten dort Ansprachen an die Gemeindemitglieder. Gelegentlich, z.B. in Hamburg und Köln, zeigen Laien ihren guten Willen, Sorge für die geistlichen Probleme der Gemeinde zu tragen, ebenso wie sie fast überall die Vorbeter stellen, weil es fast nirgends geschulte und geeignete Kantoren gibt. Überhaupt sind die Gemeinden alten Stils mit einem Rabbiner, Kantor, Religionslehrer usw. fast verschwunden.29

Die Besetzung der drei Landesrabbinate wechselte anfangs häufig. Wilhelm Weinberg (1901–1976), ein Absolvent der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, war von 1948 bis 1951 Rabbiner in Frankfurt und wanderte dann in die USA aus. In seiner Abschiedspredigt im November 1951 erklärte er: „Auch die politisch Blinden merken es allmählich, dass durch die deutschen Lande wieder jene Gestalten geistern, die für die reibungslose Durchsetzung der braunen Ordnung und des nazistischen Welteroberungszuges gearbeitet haben.“30 Und dennoch: Rabbiner Max Eschelbacher (1880–1964) besuchte von London aus immer wieder Deutschland und hielt in Hannover erstmals zu den Hohen Feiertagen 1949 Gottesdienste ab, außerdem amtierte er als Gastrabbiner in Düsseldorf, Hamburg und Berlin. Rabbiner Georg Salzberger (1882–1975), der von 1910–1939 Rabbiner in der Israelitischen Gemeinde Frankfurt gewesen war, leitete am 6. September 1950 bei der Wiedereinweihung der Westend-Synagoge den Gottesdienst mit. Er wurde durch seine Vorträge für die Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit auch einem breiten nichtjüdischen Publikum bekannt31 und gehörte im Mai 1961 zusammen mit Rabbiner Kurt Wilhelm zu den Gründungsmitgliedern der Kommission zur Erforschung der Geschichte der Frankfurter Juden.

Zur Einweihung der neuen Düsseldorfer Synagoge 1958 mahnte der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Hendrik George van Dam, an: „Die äußere Form wird durch Bauten geschaffen, und wir wünschen der jüdischen Gemeinschaft in Düsseldorf, dass es ihr gelingen möge, sie mit geistigem Leben zu erfüllen.“32 Der neue Synagogenbau entspricht dem Typus einer liberalen Synagoge mit Orgel, und der Gemeindesaal ist nach Leo Baeck benannt, dem früheren Gemeinderabbiner, doch in ihrem Selbstverständnis wurde die Düsseldorfer Gemeinde immer konservativer. Die Mahnung von van Dam bleibt aber bis heute aktuell, denn attraktive Räumlichkeiten oder hohe Mitgliederzahlen bringen nicht automatisch auch eine hohe Observanz mit sich: In Duisburg etwa, einer jüdischen Gemeinde mit 1.200 Mitgliedern, nehmen am Freitagabend gut vierzig Beter und Beterinnen am Gottesdienst teil, am Schabbatmorgen eher zwanzig – ein Verhältnis, das dem zum Ende der 1950er Jahre entsprechen dürfte. Auch 1960 amtierten erst sieben offizielle Gemeinderabbiner in den über 70 jüdischen Gemeinden Deutschlands. In den 1960er und 1970er Jahren war es noch die Generation der so genannten Remigranten, Rabbiner deutscher Herkunft, die gerade in Berlin das liberale Judentum vertraten; die Synagoge in der Pestalozzistraße war denn auch bis in die 1990er Jahre hinein formelles Mitglied der World Union for Progressive Judaism.

Rabbiner Manfred Lubliner (1910–1991), der 1935 am Jüdisch-Theologischen Seminar in Breslau ordiniert worden war und 1939 nach Chile emigrieren konnte, wo er mehr als drei Jahrzehnte als Rabbiner und Lehrer an der Chaim-Weizmann- Schule tätig war, wirkte von 1972 bis 1980 als Rabbiner der Synagoge Pestalozzistraße. Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Berliner Leo Baeck-Traditionsloge im Dezember 1984 sagte er: „Als im Jahre 1945 die Überlebenden des Holocaust das Wagnis unternahmen, die jüdische Gemeinde in Berlin wieder aufzubauen, hat sie vielleicht im Unterbewusstsein Leo Baecks Ausspruch vom ‚Ewigen Dennoch‘ zu dieser Tat beflügelt“.33 Auf Lubliner folgte Rabbiner Ernst Max Stein, der 1929 in Elberfeld geboren wurde und sich als Elfjähriger nach Schanghai flüchten konnte und nach dem Zweiten Weltkrieg erst nach Palästina, dann nach Mannheim und in die USA ging und schließlich 1972 sein Studium am Leo Baeck College in London aufnahm. Stein kam zu Schawuot 1980 als liberaler Gemeinderabbiner zur Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Er amtierte in den Synagogen Pestalozzi- und Herbartstraße, Fraenkelufer und auf dem Friedhof Heerstraße, nach der Wende auch in der Synagoge Rykestraße und auf dem Friedhof Weißensee und wurde für seine unkonventionellen Predigten bekannt. 1997 ging er, der seinen ständigen Wohnsitz weiterhin in England hatte und hat, in den Ruhestand. Seit 2009 wirkt Rabbiner Tovia Ben-Chorin, der 1936 in Jerusalem geboren wurde, als Nachfolger Steins und als liberaler Berliner Gemeinderabbiner in der Synagoge Pestalozzistraße. Darüber hinaus ist Ben-Chorin auch Mitglied des Direktoriums des Abraham Geiger Kollegs an der Universität Potsdam. Zu seinen Kollegen in der Allgemeinen Deutschen Rabbinerkonferenz, die eine ähnliche Biographie als Remigranten haben, gehören Rabbiner William Wolff (geb. 1927), der Landesrabbiner von Mecklenburg-Vorpommern, und Rabbiner Henry G. Brandt, der erst Landesrabbiner von Niedersachsen und dann von Westfalen-Lippe war und heute in Augsburg lebt. Henry Brandt wurde als Heinz Brandt 1927 in München geboren; seiner Familie gelang die Flucht über England nach Palästina. Brandt diente in der Palmach und anschließend in der israelischen Marine, bevor er in Belfast studierte und sich dann einem Rabbinatsstudium am Leo Baeck College in London zuwandte. Es folgten Rabbinatsstellen in Leeds, Genf, Zürich (als Gründungsrabbiner der Gemeinde Or Chadasch) und Göteborg (Schweden). 1983 kehrte Henry Brandt als Landesrabbiner von Niedersachsen nach Deutschland zurück.



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Manch einer, der in der jungen Bundesrepublik Aushängeschild des liberalen Judentum war, ist heute schlichtweg vergessen, so etwa Edmund Lehmann (1896–1972), bei dem beispielsweise einer der heutigen Gabba’im der Synagoge Pestalozzistraße seine Bar-Mitzwa-Feier hatte. Lehmann wurde 1928 Interimskantor der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und war 1937/38 Kantor an der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße. Nach der Zwangsschließung dieser Synagoge durch die Nationalsozialisten wirkte er in der Synagoge der Reformgemeinde in der Johannisstraße und seit Herbst 1942 auch in der Alten Synagoge in der Heidereuthergasse. Er überlebte die Schoa dank seiner nichtjüdischen Ehefrau. Von 1945 bis 1972 war Edmund Lehmann Prediger und Kantor der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Kirchen und Religionsgemeinschaften in West-Berlin.

Manch einer der Rabbiner im Nachkriegsdeutschland war Mittler zwischen den Welten, zwischen Orthodoxie und Liberalismus, so auch Rabbiner Cuno Chanan Lehrmann (1905–1977), der erst österreichisch-ungarischer, dann polnischer und schließlich Luxemburger Bürger war und von 1962 bis 1971 mit Smicha des orthodoxen Hildesheimer Rabbinerseminars (1933) als liberaler Rabbiner in der Berliner Synagoge Pestalozzistraße wirkte, was ein, zwei Generationen später zu grotesken Diskussionen über die Gültigkeit von Konversionen führen sollte. Rabbinischen Nachwuchs gab es in dieser Zeit nicht, trotz einiger Aktivitäten in London: „Die Gesellschaft für jüdische Studien half einer Anzahl junger Männer, die ihre Studien in Deutschland nicht abgeschlossen hatten, dadurch, daß sie ihnen Unterricht gab, und sie sandte sie zur Vervollständigung ihres Studiums an das Hebrew Union College in Amerika“, schreibt Jonathan Magonet.


Aber in den unmittelbaren Nachkriegsjahren fanden sich nur wenige Kandidaten, obwohl die Reform-Bewegung sich verpflichtet hatte, sie in ihrem Studium finanziell zu unterstützen. Es waren Rabbiner Dr. Harold Reinhart von der West London Synagogue und vor allem Rabbiner Dr. Werner van der Zyl, ein ehemaliger Student von Dr. Baeck, die dennoch nicht nachließen angesichts der zunehmenden Erkenntnis, daß es zu einem Mangel an Rabbinern für die wachsende Bewegung käme. Im Jahr 1953, im Jahr von Dr. Baecks 80. Geburtstag, wurde ein Leo-Baeck-Fonds zum Zwecke der Gewährung von Stipendien für die Ausbildung von Rabbinern für die Gemeindearbeit und für die Lehrtätigkeit eingerichtet.34

Liberales Judentum war aber stets mehr als Nostalgie: Der Funke des liberalen Judentums sprang gerade in Berlin auch immer wieder auf junge Gemeindemitglieder über. Drei Berliner entschieden sich schließlich für die Rabbinerausbildung am Leo Baeck College in London: Uri Themal, der Rabbiner in Perth in Australien wurde und heute in Israel lebt; Marcel Marcus, der als Rabbiner in Bern tätig war und dann eine Buchhandlung in Jerusalem übernahm, und Daniela Thau, die 1983 ordiniert wurde und seitdem in England lebt.

Die Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg wurde 1979 auf Initiative des badischen Landesrabbiners Nathan Peter Levinson sowie des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Werner Nachmann (1925–1988), auf Beschluss der bundesdeutschen Kultusministerkonferenz in der Trägerschaft des Zentralrates gegründet. Levinson hatte bereits 1971 die Einrichtung einer Ausbildungsstätte für jüdische Religionslehrer, Kantoren und Rabbiner angeregt. Ein erstes Memorandum über die Einrichtung eines jüdisch-theologischen Instituts stammt vom 4. Mai 1972. Der Oberrat der Israeliten Badens forderte damals für die jüdischen Gemeinden in Deutschland, für die 25.000 hier lebenden Juden ein akademisches Institut, um Rabbiner, Religionslehrer und Vorbeter für sie nicht länger im Ausland bei deutschsprachigen Fachleuten in der Emigration oder bei ausländischen Lehrkräften ausbilden zu lassen, die die deutsche Sprache nicht sonderlich beherrschten. Für ein solches Institut in der Nachfolge der von den Nationalsozialisten zerstörten Rabbinerseminare wie der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin oder des Jüdisch-Theologischen Seminars in Breslau schlug der Oberrat in seinem Memorandum als Sitz Heidelberg vor, und zwar in Verbindung zur Ruprecht-Karls-Universität. Ausschlaggebend dafür war der internationale Ruf der Heidelberger theologischen Fakultät. Neben Levinson selbst dürfte auch dessen zweite Ehefrau, die ebenfalls in Berlin gebürtige Pnina Navé (1921–1998), zur Durchsetzung der Pläne beigetragen haben; von ihr stammt unter anderem ein Aufsatz Zur Einrichtung der Wissenschaften vom Judentum in Heidelberg.35

Im Errichtungsbeschluss des Zentralrats der Juden vom Mai 1979 war die Rede vom „festen Willen zur Errichtung eines Zentrums jüdischer und judentumskundlicher Ausbildung in Deutschland, das an die großen Traditionen der Zeit vor der Katastrophe anknüpft; aus dem Wunsch heraus, auf deutschem Boden die Möglichkeit der Weiterreichung und Weiterbildung jüdischen Wissens und jüdischen Forschens zu fördern“36. Und Landesrabbiner Levinson sagte schließlich zur Eröffnung der Hochschule für Jüdische Studien im Oktober 1979: „Dem Ungeist kann nur der Geist entgegengesetzt werden, der Entfremdung die Nähe, der Entzweiung die Zwiesprache.“37

Die Heidelberger Hochschule brachte aber trotz wiederholter Ansätze keine Kantoren und Rabbiner hervor, und der Stand des Gemeinderabbiners wurde in den 1980er Jahren noch weiter marginalisiert. Nachwuchs aus den eigenen Reihen gab es nicht; jüngere Rabbiner aus dem Ausland hatten in der Regel weder eine akademische Ausbildung noch ausreichende deutsche Sprachkenntnisse oder Verständnis für deutsch-jüdische Gepflogenheiten, waren aber oft orthodoxer als die Gemeinden, die sie betreuten oder zumindest zu den Hohen Feiertagen begleiteten. Nathan Peter Levinson fragte sich in seiner Autobiographie, ob die Heidelberger Hochschule denn nichts mehr sei als eine Jeschiwe für Christen. 2011 hat die Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg auch ganz offiziell von dem Vorhaben, Rabbiner auszubilden, Abstand genommen.38

Die allgemeine Stagnation in den jüdischen Gemeinden Deutschlands hatte mit der Wende 1989 und dem Zuzug russischsprachiger Juden ein Ende. Für die gut 200.000 russischsprachigen Zuwanderer jüdischer Herkunft, die seit 1989 nach Deutschland gekommen sind, gilt wie für viele Kinder jüdischer Displaced Persons, die im Nachkriegsdeutschland hängen blieben, dass sie fast ohne jedes jüdische Wissen aufgewachsen sind. Wir müssen uns heute fragen, welche Formen jüdischer Religiosität diesen Zuwanderern in Deutschland vermittelt werden und in welche religiöse Tradition sie sich stellen. Einen Grund für deren zunächst verhaltenes religiöses Engagement sah der Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde „Perusch“ im Ruhrgebiet, Lev Schwarzmann, 2008 darin, dass russische Juden in ihrer Heimat von ihren Wurzeln getrennt waren. „Wenn diese Menschen ‚Religion‘ hören, halten sie erst einmal Abstand.“ Aber die offene, liberale Richtung gebe ihnen die Möglichkeiten, doch noch den Zugang zum Judentum zu finden: „Wir wollen unsere Religion nicht einfach hinnehmen, sondern uns mit ihr auseinandersetzen, wir wollen Formen finden, das Judentum in unser aktuelles Leben sinnvoll einzubinden“, sagte Schwarzmann, der selbst aus Moldawien stammt.39

Der Wunsch nach mehr Pluralismus brachte aber in den 1990er Jahren auch immer mehr alteingessesene Juden und Jüdinnen dazu, initiativ zu werden.40 So kam es im Herbst 1993 in Hannover zu einer Zerreißprobe: Der damalige Landesrabbiner von Niedersachsen, Henry G. Brandt, hatte an Simchat Tora, dem Tag der Gesetzesfreude, im Gottesdienst einer Frau wie selbstverständlich eine Thorarolle in den Arm gelegt. Das war für viele ein Zeichen der Hoffnung, für orthodoxe Gemeindemitglieder ein Skandal. Brandt musste sein Amt in Hannover aufgeben und wechselte nach Westfalen, während 79 Jüdinnen und Juden ihre Gemeinde verließen, um sich eine Alternative zu schaffen. Die neugegründete Liberale Jüdische Gemeinde Hannover zählt inzwischen gut 700 Mitglieder und ist ein aktives Mitglied der Union progressiver Juden in Deutschland. Anderswo, so etwa in München, war es der Abzug der amerikanischen Truppen, der die liberalen Betergemeinschaften dazu brachte, die früheren amerikanischen Chaplains Centers in liberale Synagogengemeinden zu überführen. Ein Beispiel dafür ist auch die Synagogengemeinde Berlin – Sukkat Schalom e.V., eine Mitgliedsgemeinde der World Union for Progressive Judaism. Die Erwartung, dass auch die Bundesregierung der wachsenden Konsolidierung und dem damit verbundenen neuen Pluralismus der jüdischen Gemeinschaft im Staatsvertrag vom 27. Januar 2003 Rechnung tragen würde, wurde aber bitter enttäuscht. Nach dem Schulter schluss von Bundeskanzler Schröder und Zentralratspräsident Spiegel verpflichtete sich die Bundesregierung, dem Zentralrat der Juden in Deutschland jährlich einen Betrag von drei Millionen Euro zu zahlen, um so zur Erhaltung und Pflege des deutsch-jüdischen Kulturerbes, zum Aufbau einer jüdischen Gemeinschaft und den integrationspolitischen und sozialen Aufgaben des Zentralrates in Deutschland beizutragen. Die liberalen Juden blieben bei diesem Vertrag außen vor, ungeachtet eines eindeutigen Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes vom Februar 2002 und einer entsprechenden Beschlussempfehlung des Innenausschusses des Deutschen Bundestags, dass dieser Vertrag der gesamten jüdischen Gemeinschaft zugute kommen sollte. Inzwischen hat sich die Lage zum Besseren gewandelt, doch besteht nach wie vor Handlungsbedarf.



ANMERKUNGEN



1 Schäuble, Wolfgang: „Zeichen eines wachsenden und vielfältigen jüdischen Lebens in unserem Land“. Rede zum 10-jährigen Bestehen der Union progessiver Juden in Deutschland am 12.07.2007 in Berlin. http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Reden/DE/2007/07/bm_union_progessiver_ juden.html (abgerufen am 29.09.2014).
2 Baeck, Leo: Die Idee bleibt, in: K.C. Blätter. Festschrift. New York 1946. S. 1f.
3 Vgl.: Grobman, Alex: Rekindling the Flame. American Jewish Chaplains and the Survivors of European Jewry, 1944–1948. Detroit 1993.
4 Zitiert nach: Nickeson, Walter F./Graham, Laura: Introduction to the Philip S. Bernstein Papers. http://www.lib.rochester.edu/index.cfm?PAGE=3323 (abgerufen am 29.09.2014)
5 Zitiert nach: JTA (Frankfurt, 01.08.1946): American Commander in Germany invites Wise, Goldmann to Discuss Jewish Problem. http://www.jta.org/1946/08/02/archive/american-commander- in-germany-invites-wise-goldmann-to-discuss-jewish-problem (abgerufen am 29.09.2014).
6 Vgl. Barkow, Ben: The Henriques Archive. A Source for Research on Jewish Survivors of the Holocaust in the Aftermath of the Second World War. In: Post-war Europe. Refugees, Exile and Resettlement, 1945–1950. Reading 2007. Das Henriques Archive befindet sich heute in der Wiener Library in London.
7 Vgl. Extracts from Reports to WUPJ on Mrs. Henriques’ Visit to Germany and Interviews with certain leaders of Jewish Communities on Behalf of the World Union, 1947. Henriques Archive.
8 Quast, Anke: Nach der Befreiung. Jüdisches Leben in Niedersachsen nach 1945. Hannover 2001.
9 Brenner, Michael: Als in der Synagoge die Orgel erklang. Reinheit des Glaubens oder Einheit der Gemeinden? Zur Geschichte des Streits zwischen orthodoxen und liberalen Juden. In: Die Welt, 14.5.2004.
10 Zitiert nach Bomhoff, Hartmut: „Inmitten meines Volkes lebe ich“. Leo Baeck zu Ehren. 50 Jahre B’nai B’rith in Berlin. In: In unserer Mitte leben: Mit uns Leben. Themenheft zur Woche der Brüderlichkeit 1996. Hrsg. von Deutscher Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlichjüdische Zusammenarbeit. Frankfurt am Main 1995. S. 35f.
11 Zitiert nach Brenner, Michael: Religiöser Wiederaufbau. Rabbiner im Nachkriegsdeutschland – Zu einem Forschungsprojekt an der LMU München, In: Akademie aktuell. Zeitschrift der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 10 (2010). Heft 1. S. 11.
12 Sein Nachlass, The Papers of Isadore Breslau (1897–1978), 1911–1975, befindet sich in der American Jewish Historical Society im Center for Jewish History in New York.
13 Vgl. Homolka, Walter: Leo Baeck. Jüdisches Denken – Perspektiven für heute. Freiburg i. Br. 2006. S. 77f.
14 Am 17. September 1933 war nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten die Reichsvertretung der deutschen Juden zur Vertretung jüdischer Interessen in der Öffentlichkeit gegründet worden. Diese Organisation war bald umstrukturiert und „gleichgeschaltet“ worden, hieß 1935 Reichsvertretung der Juden in Deutschland, musste vom Februar 1939 an den Namen Reichsvereinigung der Juden in Deutschland tragen und wurde im Juli 1939 der Kontrolle des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) unterstellt.
15 Ehrlich, Ernst Ludwig: Leo Baeck (1873–1956) – mein Lehrer. In: Ernst Ludwig Ehrlich: Von Hiob zu Horkheimer. Gesammelte Schriften zum Judentum und seine Umwelt. Hrsg. von Walter Homolka u. Tobias Barniske. Berlin 2009. S. 306.
16 The World Union for Progressive Judaism: The Task of Progressive Judaism in the Post-War World. Proceedings of the Annual Conference of the World Union for Progressive Judaism, July 28th, 1946. London o.J. S. 87.
17 World Union: Task (wie Anm. 13). S. 56.
18 An Invitation, Prof. Julian Morgenstern, HUC, Cincinnati, OH, to Baeck (March or April 1935); A Follow Up, to Dr. Ismar Elbogen, June 21, 1935. Two Letters That Saved My Life, in: Plaut, W. Gunther: More Unfinished Business. Toronto 1997. S. 230f.
19 Lily Montagu (1873–1963) war 1926 Mitbegründerin der World Union for Progressive Judaism und amtierte 1955–1959 als deren Präsidentin.
20 Der Rechtsanwalt und Notar Dr. Hugo Ehrlich war langjähriges Mitglied des Vorstandes und der Repräsentanz der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Er war in der Nachkriegszeit Baecks Berliner Rechtsbeistand und starb am 6. Dezember 1958 im Alter von 75 Jahren.
21 Kurzform für das American Jewish Joint Distribution Committee, eine seit 1914 vor allem in Europa tätige Hilfsorganisation US-amerikanischer Juden.
22 Levinson, Nathan Peter: Ein Ort ist, mit wem du bist. Lebensstationen eines Rabbiners. Berlin 1996. S. 107.
23 Levinson: Ort (wie Anm. 19). S. 104.
24 Levinson: Ort (wie Anm. 19). S. 108f.
25 Zitiert nach Brenner, Michael: Nach dem Holocaust. Juden in Deutschland 1945–1950. München 1995. S. 104.
26 Ehrlich, Ernst Ludwig: Rabbiner ohne Gemeinde. In: Israelitisches Wochenblatt für die Schweiz (2. Juni 1972).
27 Zitiert nach Brenner: Religiöser Wiederaufbau (wie Anm. 8). S. 13.
28 Nothmann, Hugo: Die religiöse Situation im Nachkriegsdeutschland. In: Die Juden in Deutschland. Ein Almanach. Hrsg. von Heinz Ganther. Hamburg 1959. S. 231.
29 Nothmann: Die religiöse Situation (wie Anm. 25). S. 232.
30 Zitiert nach Romberg, Otto R. u. Urban-Fahr, Susanne (Hrsg.): Juden in Deutschland nach 1945. Bürger oder „Mit“-Bürger? Frankfurt a.M. 1999. S. 138.
31 Beispiele für diese Vortragstätigkeit sind: Salzberger, Georg: Die Pharisäer. Vortrag, gehalten vor der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Berlin am 14. September 1964. Berlin 1964; Salzberger, Georg: Der Talmud – seine Entstehung und Bedeutung. Vortrag gehalten vor der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Berlin am 21. September 1966. Berlin 1966.
32 Zitiert nach Brenner: Religiöser Wiederaufbau (wie Anm. 8). S. 10.
33 Zitiert nach Bomhoff: „Inmitten meines Volkes lebe ich“, (wie Anm. 7). S. 35f.
34 Magonet, Jonathan: Leo Baecks Beitrag zum liberalen Judentum. In: Die dialogische Kraft des Mystischen. Hrsg. von Reinhard Kirste, Paul Schwarzenau u. Udo Tworuschka. Balve 1998 (Religionen im Gespräch 5). S. 67–79.
35 Vgl. Ruperto-Carola, Band 42, S. 18 ff.
36 Niedergelegt in den Generalakten der Universität Heidelberg Nr. 6981, 3. Akte.
37 Heidelberger Tagblatt vom 17.10.1979.
38 Vgl. Pressemeldung der Hochschule für Jüdische Studien mit dem Titel Praktische Jüdische Studien vom 17.8.2011; Hochschule. Studium praktisch, in: Jüdische Allgemeine 32 (11.08.2011). S. 19.
39 Klapsing-Reich, Anke: Perusch kämpft um Anerkennung. Lev Schwarzmann über die Liberale Jüdische Gemeinde Ruhrgebiet. In: Kescher, 6 (9/2008), S. 24.
40 Der Journalist Heinz Peter Katlewski hat die Umbrüche in den 1990er Jahren genau beobachtet und in seinem Buch: Judentum im Aufbruch. Von der neuen Vielfalt jüdischen Lebens in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Berlin 2002, anschaulich beschrieben.



Der Autor

WALTER HOMOLKA

Jhg. 1964, Rabbiner und Hochschullehrer. Rektor des Abraham Geiger Kollegs und Professor an der Universität Potsdam und seit 2014 ordentlicher Universitätsprofessor für Jüdische Religionsphilosophie der Neuzeit mit Schwerpunkt Jüdische Denominationen und interreligiöser Dialog. Geschäftsführender Direktor der School of Jewish Theology der Universität Potsdam. Seit 2017 Vorsitzender der Union progressiver Juden in Deutschland, Mitgliedschaft im Executive Board der World Union for progressive Judaism Jerusalem, Vizepräsident der European Union for Progressive Judaism, Chairman der Leo Baeck Foundation sowie Vorsitzender des Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerks. 1997 erfolgte die Ordination zum Rabbiner. Herausgeber und Verfasser zahlreicher Publikationen zur deutsch-jüdischen Geschichte, Theologie wie zum jüdisch-christlichen Dialogs. Zuletzt: Der Jude Jesus – Eine Heimholung, Freiburg 2020)

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