Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331

Interview mit Dr. Christoph Münz,
Herausgeber von COMPASS-Infodienst
Von Ayala Goldmann



Schabat Schalom
22. September 2006


Goldmann:
Herr Münz, wer gute Vorsätze für das neue Jahr fasst, kann dabei manchmal einen Kompass gebrauchen - was zeigt Ihr Compass an und welche Richtung gibt er vor?

Münz:
Ja, wie Sie schon zu Recht feststellen, ein Kompass ist ja ein ganz gutes Orientierungsgerät und mein Compass orientiert eigentlich täglich über das Neueste, Aktuellste, was so die Themen Israel und Nahost, christlich-jüdischer Dialog, interreligiöse Welt, aber auch, was Vergangenheitsbewältigung, also die Auseinandersetzung mit Holocaust und Nationalsozialismus betrifft, Rechtsradikalismus, Antisemitismus. Wenn Sie sich für diese Themen interessieren, dann ist mein Compass sozusagen die Orientierungshilfe, die Ihnen einen Überblick gibt, was täglich neu im Internet zu diesen Themen erschienen ist.

Goldmann:
Wie ist Compass denn entstanden, wie kamen Sie denn auf diese Idee, einen Internetdienst zu jüdisch-christlichen und israelischen Nahostthemen anzubieten?

Münz:
Ja, wenn man sich im Internet bewegt und sich für diese Themen interessiert, stellt man sehr schnell fest, dass dort täglich ein Wahnsinnsangebot zu diesen Themenbereichen ist. Die großen Zeitungen sind alle mit Internetangeboten vertreten, aber, und das ist das Spannende, das Internet hat ja auch eigene Informationsquellen hervorgebracht, die Sie nur dort finden und die gewissermaßen eine Gegenöffentlichkeit darstellen. Und ich dachte, wer sich für diese Themen interessiert, wer im christlich-jüdischen, deutsch-israelischen Themenbereich zuhause ist, für den könnte das doch interessant sein, von diesen Dingen zu erfahren. Und so habe ich angefangen, einfach täglich Links zu erstellen, die auf diese aktuellen Informationsquellen verweisen.

Goldmann:
Welche Zeitungen, oder auch andere Medien, durchforsten Sie denn für Compass?

Münz:
Ja, da gehören also die einschlägigen großen bekannten Printmedien dazu wie die "Frankfurter Rundschau", "FAZ", "Die Welt", Wochenzeitungen wie "Die Zeit", "Der Spiegel", die also alle auch sehr stark im Printbereich zuhause sind, und dann, wie ich schon sagte, die rein Internetbasierten Quellen und Portale; da gibt es ein sehr interessantes österreichische Portal, heißt "Die Jüdische", oder aber auch sehr bekannt in Deutschland "Hagalil", oder eine Seite wie "Nahost-Fokus", die Zeitungsartikel aus den israelischen Tageszeitungen in deutscher Übersetzung liefern. Und dort finden Sie Informationen und Hintergrundberichte, die man in den Printmedien oder auch in den Fernsehsendungen so nicht findet, und insofern ergänzen diese rein internetbasierten Medien doch auf hervorragende Weise das Bild zu diesen ganzen Themenbereichen, mit denen Compass sich beschäftigt.

Goldmann:
Was ist denn mit den Hörfunk- und TV-Medien?

Münz:
Die berücksichtige ich auch, denn dort haben auch mittlerweile sehr zügig die TV- und die Radiosender ihr Internetangebot ausgeweitet, und auch hier findet man hochinteressante Hintergrundberichte, die eine sehr gute Ergänzung darstellen. Hinzu kommt, dass Kompass noch eine weitere tägliche Rubrik anbietet, nämlich die so genannten Fernsehtipps. Und hier finden Sie dann Hinweise auf aktuelle Fernsehsendungen, die sich mit den Themen beschäftigen, mit denen Compass zu tun hat.

Goldmann:
Erzählen Sie doch mal ein bisschen was über sich. Wieso kommt ein Mensch, der in einem kleinen hessischen Dorf sitzt, dazu, einen täglichen Internetdienst zu jüdischen Themen anzubieten?

Münz:
Ja, das hat natürlich, sozusagen, berufliche und private Gründe. Ich bin von Hause aus Historiker und habe mich schwerpunktmäßig schon immer mit jüdischer Geschichte, jüdischer Religion und vor allem auch mit der Zeit des Nationalsozialismus und dem Antisemitismus beschäftigt. Persönlich bin ich sehr stark engagiert in den Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, von denen es ja mittlerweile über achtzig in Deutschland gibt,  und gehöre dort auch dem Bundesvorstand an, dem deutschen Koordinierungsrat. Insofern liegen diese Themenbereiche, persönlich wie auch beruflich schon immer in meinem Fokus und die Tatsache, dass durch das Internet ein Medium entstanden ist, das viele dieser Dinge auf hervorragende Weise bündelt, hat mich von Anfang an fasziniert und traf gewissermaßen meine persönlichen und auch beruflichen Interessen.

Goldmann:
Compass ist jetzt in diesem Herbst fünf Jahre alt geworden, wie hat sich das denn seit Anfang bis jetzt entwickelt?

Münz:
Also am Anfang war es sehr erstaunlich. Nachdem es zunächst nur sporadisch zwei, drei Mal die Woche an ein paar Empfänger in den christlich-jüdischen Gesellschaften ging, hat sich das durch Mundpropaganda sehr schnell ausgeweitet, es kamen andere Interessenten dazu und es wuchs so ein Abonnentenstamm von gut über tausend zusammen. Nachdem ich merkte, dass einerseits die Nachfrage so groß ist, und andererseits aber der Arbeitsaufwand für mich doch nun täglich bei fast fünf, sechs Stunden lag, musste ich dann doch die Entscheidung treffen, dass ich das nicht mehr kostenfrei anbieten kann, sondern nur noch gegen eine kleine Abonnementgebühr. Logischerweise sind dann zunächst mal viele abgesprungen, so dass Compass zur Zeit etwa so um die zweihundert Abonnenten hat. Ich hoffe allerdings, dass da noch ein bisschen Wachstum möglich sein wird. Was ich vielleicht noch erwähnen sollte, ist, dass es auf der Website von Compass nicht nur diesen kostenpflichtigen Abonnementteil gibt, sondern auch einen frei zugänglichen Bereich, der sich Online-Extra nennt und wo mehr oder weniger namhafte Autoren Originalbeiträge exklusiv für Compass zur Verfügung gestellt haben,die so im Kontext christlich-jüdisch, deutsch-israelisch, Antisemitismus etc. sich bewegen. Also auch wer nicht gleich abonnieren will, für den ist es lohnenswert, mal auf Compass-Infodienst.de einen Blick drauf zu werfen.

Goldmann:
Zum Schluss die Frage: Was kostet Ihr Abonnement?

Münz:
Das Abonnement gibts in drei Varianten, Sie können quasi 20 Tagesausgaben buchen, 50 Tagesausgaben oder 100 Tagesausgaben, und die Preise dafür sind von neun Euro für 20 Ausgaben, 21 Euro für 50 Ausgaben, 40 Euro für 100 Ausgaben. Also eine Ausgabe pro Tag kostet Sie 40 Cent.

Goldmann:
Was wünschen Sie sich zum neuen Jahr, wenn Sie an die christlich-jüdische Zusammenarbeit denken?

Münz:
Also mein größter Wunsch ist eigentlich, dass die Belastungen und Erosionen, die in den letzten Wochen und Monaten bedingt durch die teilweise sehr verzerrte Wahrnehmung des Israel-Libanon-Krieges hier in Deutschland, dass die wieder einen festen Grund finden und dass die guten Ansätze der letzten vierzig, fünfzig Jahre im christlich-jüdischen Bereich die Freundschaften, die Kenntnisse, die Visionen, die sich entwickelt haben, in nächster Zeit wieder tragbar und fruchtbar werden.